Gefährliche Vergangenheit: Ausländische Waffenlieferungen gießen Öl ins Feuer des südsudanesischen Bürgerkriegs
Am achten Mai veröffentlichte die UNO-Flüchtlingshilfe die Meldung, dass im Konflikt um den Südsudan rund eine Millionen Kinder außer Landes nach Uganda geflüchtet sind. Weitere 1,4 Millionen minderjährige Binnenflüchtlinge befinden sich noch in dem von einem Bürgerkrieg verwüsteten Land und sehen sich großen Gefahren ausgesetzt. Das bedeutet, dass jedes fünfte Kind im Südsudan auf der Flucht ist und drei Viertel der Kinder nicht zur Schule gehen. Der UNHCR-Direktor für Afrika, Valentin Tapsoba, sagt: „Keine Flüchtlingskrise macht mir heute so viele Sorgen, wie die im Südsudan“. Diese Zahlen sind das jüngste Resultat eines seit 2013 anhaltenden Bürgerkriegs, bei dem die Internationale Gemeinschaft mit erschreckender Passivität zusieht. Die Krisen in Afghanistan und Syrien stehlen dieser humanitären Katastrophe das Scheinwerferlicht. 1) UNO-Flüchtlingshilfe: Südsudan: Mehr als 1 Million Kinder auf der Flucht; nicht mehr verfügbar
Zu den jüngsten Vorfällen gehören Angriffe in den Städten Wau und Kodok, welche wiederrum zur humanitären Katastrophe des Landes beitragen. Nach Angaben von „Ärzte ohne Grenzen“ haben sich in der Nähe der Stadt Kodok die Kämpfe zwischen der südsudanesischen Armee und der bewaffneten Gruppe Agwelek intensiviert. Dabei ist Kodok wohl unter Beschuss geraten. Bei diesen Vorfällen sollen knapp 25.000 Menschen geflohen sein. Die Zahl der insgesamt Geflüchteten in der Region im Norden des Landes könnte bei bis zu 70.000 Menschen liegen. Zum Teil versuchen sie in den nördlich gelegenen Sudan zu gelangen. Die Lage vor Ort ist so schlecht geworden, dass sich Hilfsorganisationen zurückziehen mussten, weil keine Sicherheit mehr gewährleistet werden konnte. Die Umgebung der Stadt Wau ist genauso vom andauernden Konflikt gezeichnet. Die Bauern haben schon seit letztem Jahr keine Ernte mehr, da sie befürchten müssen von marodierenden Milizen ausgeraubt und angegriffen zu werden. 70.000 Menschen mussten hier ihre Heimat verlassen und ziehen in eine ungewisse Zukunft. 2) Zeit: Zehntausende fliehen vor Kämpfen in Kodok; Artikel vom 27.04.17 3) Ärzte ohne Grenzen: Schwere Kämpfe rund um Kodok zwingen 25.000 Menschen zur Flucht; Artikel vom 27.04.17 4) FR: Südsudan vor dem Kollaps; Artikel vom 03.05.17 5) Sächsische Zeitung: Wenn ein Land stirbt; nicht mehr verfügbar
Der Südsudan erlangte 2011 nach einem Referendum mit 98 Prozent der Stimmen seine Unabhängigkeit, welche auch in breiten Teilen der Welt begrüßt wurde. Der Südsudan ist damit das jüngste Land der Erde. Seit der Sezession vom Norden kämpft das Land damit Strukturen aufzubauen, die das Regieren und die Versorgung seiner Bevölkerung ermöglichen sollen, aber die Gesellschaft ist seit langer Zeit von Gewalt und Konflikten geprägt. Seit Dezember 2013 wütet in dem jungen Land ein verheerender Bürgerkrieg. Der Ausgangspunkt sind dieses Mal Spannungen, ausgehend von ethnischen Konflikten zwischen den beiden größten Volksgruppen des Landes, den Dinka und den Nuer. Diese Konfliktlinie geht ursprünglich auf einen Machtkampf innerhalb der Regierung zurück. Der Staatspräsident Salva Kiir gehört dem Volk der Dinka an und sein Stellvertreter Riek Machar dem der Nuer. 6) FAZ: Zwei Millionen Kinder auf der Flucht; Artikel vom 08.05.17 7) CIA: South Sudan; Stand von 09.05.17 8) Al Jazeera: South Sudan: Civilians killed in Wau fighting; Artikel vom 10.03.17
Der Südsudan besitzt erhebliche Ölreichtümer. Schätzungen zufolge beläuft sich der erwartete Profit der Ölförderung auf sechs bis sieben Milliarden Dollar pro Jahr. Die USA haben schon lange vor seiner Unabhängigkeit vom Norden den Süden unterstützt. Sie gehörten auch zu den lautesten Fürsprechern des Unabhängigkeitsreferendums. Unter der Regierung George W. Bushs wurde die SPLA mit Waffen beliefert und man unterstützte die Armee auch bei der Ausbildung. Die kleineren Rebellengruppen werden ebenfalls mit Waffen aus dem Ausland unterstützt. Diese Waffen und militärische Ausbildung befeuern den Bürgerkrieg und liefern gute Argumente für ein umfassendes Waffenembargo. Durch die zurückliegende gewalttätige Vergangenheit des Sudans und den Konflikt um den Süden sind vor allem viele Kleinwaffen in Umlauf. Es sind genug, um alle Rebellengruppen des Landes unter Waffen zu stellen. Nach offizieller Lesart wollen die Amerikaner Solidarität mit den im Süden lebenden Christen des Landes zeigen, aber man darf auch annehmen, dass die Ölreserven des Südsudans ausschlaggebend für die Interessen der USA sind. China befindet sich in einem Wettstreit um Öl und die Ressourcen des Kontinents. Bis 2015 sollte der afrikanische Kontinent 25 Prozent des Energiebedarfs der USA versorgen. Einige US-Firmen sollen Interesse an den Ressourcen haben. Darüber hinaus befindet sich Washington in ständigem Bemühen, den Einfluss Chinas einzugrenzen. 9) Small Arms Survey: Reaching for the gun: Arms flows and holdings in South Sudan; nicht mehr verfügbar 10) Welt: Wer kämpft im Südsudan eigentlich gegen wen?; Artikel vom 19.01.14 11) AG Friedensforschung: Sudan/Südsudan: Die tödlichen Folgen des Kolonialismus; Stand von 09.05.17
Zahlreiche Experten von „Ärzte ohne Grenzen“ und der UNO stellen aber in Aussicht, dass die Situation sich noch weiter zuspitzen könnte. Die im Land umherziehenden, zersplitterten Rebellengruppen bekämpfen sich gegenseitig und die SPLA, welche in weiten Teilen zum Staatspräsidenten Salva Kiir hält. Die Zivilbevölkerung wird durch diese Kämpfe aus ihrer Heimat vertrieben. Die Menschen fliehen vor Unsicherheit, Hunger, Durst und Tod. Die Rebellen plündern, brandschatzen, vergewaltigen und töten scheinbar wahllos in den Dörfern. Bedrohung und Folter werden eingesetzt, um Informationen über Rebellen zu erpressen. Bei solchen Befragungen schrecken die Soldaten nicht vor Mord zurück. Darüber hinaus werden Personen ohne einen ordentlichen Strafprozess verhaftet und festgehalten. Mehrere Gruppen haben damit begonnen Kinder zwangszurekrutieren. Es wurden 13.000 Minderjährige als Soldaten rekrutiert und ungefähr 4,6 Millionen Menschen sind akut vom Hungertod bedroht. 12) Amnesty International: Amnesty Report 2016; Stand von 09.05.17 13) Zeit: Ein Waffenembargo wäre das Mindeste; Artikel vom 12.07.15 14) Euronews: Am schnellsten wachsende Flüchtlingskrise: Wieder verlassen Tausende den Südsudan; Artikel vom 11.04.17
Angesichts der immer schlimmer werdenden Situation im Land scheint die Internationale Gemeinschaft unzureichend auf die sich anbahnende humanitäre Katastrophe zu reagieren. Die UNO-Flüchtlingshilfe schreibt, dass bisher nur elf Prozent der benötigten Hilfe finanziert sei. Besonders Flüchtlingskinder brauchen in der kommenden Regenzeit eine sichere Unterkunft, denn nach den Strapazen der Flucht sind sie meist gesundheitlich angeschlagen und anfällig für Krankheiten, die während der Regenzeit vermehrt grassieren. 15) UNO-Flüchtlingshilfe: Südsudan: Mehr als 1 Million Kinder auf der Flucht; nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
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