Der Nachlass der Kolonialisierung lässt Mali bis heute leiden
Mali kommt nicht zur Ruhe. Die Kämpfe zwischen der französischen Armee, Tuareg-Rebellen und islamistischen Kämpfern dauern weiter an. Zu Beginn des Jahres machte ein Anschlag den Status des Landes deutlich. In der Nähe des Militärlagers bei der Stadt Gao explodierte ein Fahrzeug. Es starben 80 Kämpfer, weitere 100 wurden verletzt. Seit 2013 engagiert sich die Bundeswehr in Mali und versucht, die malische Regierung dabei zu unterstützen, den Norden zu befrieden. Sie unterstützt die französische Armee bei der Befriedung der ehemaligen Kolonie. Trotzdem flammt die Gewalt immer wieder neu auf. Durch die Kämpfe, die sich nicht ausschließlich auf den Norden beschränken, sind knapp 150.000 Menschen in die Nachbarländer Niger, Burkina Faso und Mauretanien geflohen und müssen dort in Camps ausharren. Mali bietet seiner Bevölkerung kaum Perspektiven und so sind die Anreize für eine Rückkehr nicht hoch. Der politischen Elite wird mangelnder Reformwille vorgeworfen. Der UN-Einsatz gilt als einer der gefährlichsten der Welt und dauert mittlerweile fünf Jahre an. Dabei scheint das große Engagement der UN, Frankreichs und Deutschlands kaum positive Auswirkungen zu zeigen. 1) UNHCR: Mali Situation; Stand vom 10.05.17 2) SZ: Bundeswehr in Mali – eine riskante Mission; Artikel vom 27.01.17
Im Jahr 2012 rebellierten die Tuareg gegen die Zentralregierung um Staatspräsident Amadou Toumani Touré. Der Stamm der Tuareg wurde von den Franzosen seit Beginn der Kolonialisierung des malischen Staatsgebiets marginalisiert. Das führte dazu, dass die Tuareg besonders unter den Hunger bringenden, immer wiederkehrenden Dürreperioden der Region zu leiden hatten. Nach der Unabhängigkeit Malis übergab Frankreich alle Verwaltungsaufgaben an afrikanische Beamte. Die Tuareg wurden wieder von Frankreich enttäuscht, weil sie bei diesem Vorgang nicht berücksichtigt wurden. Ebenso wurden sie bei der Vergabe von Bodenrechten nicht weiter beachtet, was für die Viehzüchter eine weitere Enttäuschung darstellte. Bei der Entkolonialisierung Malis versäumte es die ehemalige Kolonialmacht, das Volk der Tuareg an dem Emanzipationsprozess des afrikanischen Landes teilhaben zu lassen. Immer wieder sehen sich die Tuareg an den Rand gedrängt. Durch Dürrekatastrophen in den 1970er und 80er Jahren wurden sie zum Teil nach Libyen vertrieben. Dort kämpften sie für den libyschen Despoten Gaddafi. Mit der drohenden Niederlage Gaddafis 2011 wurden sie aus Libyen verdrängt und sahen sich mit den dort erlangten Waffen im Stande, ihr unabhängiges Staatsgebiet im Norden Malis zu erobern. Frankreich trägt durch die seit der Kolonialisierung Malis andauernde Marginalisierung eine große Mitschuld an der aktuellen Situation der Tuareg. 3) Konrad Adenauer Stiftung: Wer sind die Tuareg?; Stand vom 11.05.17
Die Tuareg bewaffnen sich in Libyen und erzielen schnell militärische Erfolge
Anschließend schafften sie es schnell, den Norden des Landes in weiten Teilen unter ihre Kontrolle zu bringen. Die Regionen, die sie erobern, nennen sie „Azawad“. Während dieses Feldzugs arbeiten die Tuareg-Milizen immer wieder mit islamistischen Extremisten zusammen. Gemeinsam feiern sie einen militärischen Erfolg nach dem anderen, dabei muss das Militär Malis beinahe unbeteiligt zuschauen. Die Waffen, welche die Milizen nutzen, kommen aus den Waffendepots des verstorbenen Despoten Muammar al-Gaddafi aus Libyen. Die Rebellengruppen sind sehr gut ausgerüstet und können mit ihrer Kampferfahrung die staatliche Armee innerhalb kürzester Zeit aus dem Norden des Landes verdrängen. 4) Spiegel Online: Was Frankreich in Mali wirklich will; Artikel vom 16.01.13
Im März 2012 putscht das Militär gegen den Präsidenten. Es wirft ihm vor, dass er sie sehenden Auges ins Verderben geschickt haben soll. Als die Tuareg-Rebellen sich der Hauptstadt des Landes zuwenden, trifft das auf Widerstand der ehemaligen Kolonialmacht Frankreich. Die damalige Übergangsregierung bittet Frankreich um Hilfe im Kampf gegen die Milizen aus dem Norden. Die Rebellen können aus den Städten vertrieben werden. Im Norden des Landes ist der malische Staat und seine Rechtsprechung allerdings nach wie vor nicht existent. Die Rebellengruppen nutzen uralte Handels- und Schmuggelrouten für Waffenhandel und Drogenschmuggel, meistens außerhalb der Reichweite des schwachen malischen Staats. Mit den immer stärker werdenden Islamisten, die langsam die Tuareg als mächtigsten Akteur der Rebellen ablösen, erlangt der Konflikt größere Aufmerksamkeit. Mali könnte eine Brutstätte für global agierende Terrorgruppen werden, so war die Befürchtung der Weltgemeinschaft. Selbst das 2015 von einem Dachverband der Tuareg unterzeichnete Friedensabkommen bringt aber keinen Fortschritt. 5) SZ: Bundeswehr in Mali – eine riskante Mission; Artikel vom 27.01.17
Die Atommacht Frankreich muss ihren Zugang zu Uran und Öl sichern
Für Erstaunen sorgt bei manchen der schnelle Entschluss Hollandes in den Konflikt einzugreifen. Begründet wurde der Einsatz von François Hollande mit steigender Terrorgefahr auch im eigenen Land. Dadurch, dass viele der Islamisten französischsprachig sind, sei die Gefahr hoch, dass sich auch Franzosen von dem Gedankengut anstecken lassen, und so befürchtet man mehr Radikale im eigenen Land und eine erhöhte Gefahr für Terroranschläge. Das Interesse Hollandes geht aber wohl über das der inländischen Terrorgefahr hinaus. Der ehemalige Präsident des Landes sah sich 2013 genötigt militärisch in Mali einzugreifen, um nicht als weich zu gelten. Nicht wenige unterstellen dem Land aber auch, auf die Rohstoffe in der Region aus zu sein. Die Nachbarländer im Norden Malis verfügen über für die Atommacht wichtige Uran- und Ölvorkommen. Frankreich ist auf die Ressourcen seiner ehemaligen Kolonien angewiesen. Es scheint also plausibel zu sein, dass für die Republik die Sicherung des eigenen Uranbedarfs im Vordergrund der Mission stand. 6) Handelsblatt: Darum führt Frankreich in Afrika Krieg; Artikel nicht mehr verfügbar
Nach beinahe fünf Jahren Engagement in dem Land muss man resümieren, dass Mali noch weit weg von einem Frieden ist. Die islamistischen Rebellen kontrollieren weite Teile im Norden Malis. Der schreckliche Anschlag zu Beginn des Jahres macht dies deutlich. Eine unbedingte Durchsetzung des Algier-Abkommens scheint allerdings alternativlos. Zu diesem Zweck war es sinnvoll, dass das Mandat der Bundeswehr von 650 auf bis zu 1.000 Soldaten aufgestockt wurde. Ebenso wurde beschlossen, dass die deutschen Soldaten ihre Waffen einsetzen dürfen. „Es ist sinnvoll“, sagt Afrika-Analyst Denis Tull vom Pariser Institut für strategische Forschung. Die Durchsetzung des Algier-Abkommens hat oberste Priorität. Erst dann kann sich eine Ordnung bilden, die dafür sorgt, dass die Gegner des Friedens in Mali bekämpft werden können. Von dem Militäreinsatz erhoffen sich Politiker in Deutschland, dass keine weiteren Effekte auf die Region übertreten, wenn man sie stabilisiert. Eine Destabilisierung des Landes könnte zur Folge haben, dass die Probleme Malis in Form von Terror und Flüchtlingen nach Europa kommen. 7) Tagesschau: Macrons Pläne für Europa; Artikel vom 08.05.17 8) Tagesschau: Bundeswehreinsatz in Mali wird ausgeweitet; Artikel nicht mehr verfügbar 9) SZ: Bundeswehr in Mali – eine riskante Mission; Artikel vom 27.01.17
Fußnoten und Quellen:
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