Deutsche Panzer-Produktion in der Türkei – ethisch vertretbar?
Der deutsche Rüstungskonzern Rheinmetall hat große Pläne, die aktuell für Diskussionen sorgen. Der Konzern plant den Bau einer neuen Panzer-Fabrik, jedoch nicht hierzulande – sondern in der Türkei. In dem Betrieb sollen Fahrzeugsysteme und Munition produziert werden. Die Planungen hierfür laufen, nach Aussage des Vorstandsvorsitzenden Papperger bereits seit zwei Jahren. 1) Der Tagesspiegel: „Die türkische Regierung möchte, dass wir in der Türkei produzieren„; Artikel vom 19.03.17 Dies ist, vor allem auch angesichts der aktuellen politischen Situation in der Türkei, kritisch zu betrachten. Die Bundesregierung selbst hat in den letzten Monaten Rüstungsexporte in die Türkei abgelehnt, unter anderem aufgrund der Befürchtung, dass diese zur Unterdrückung von Kritik und Widerstand im eigenen Land genutzt werden könnten. 2) Süddeutsche Zeitung: Bundesregierung lehnt Rüstungsexporte in die Türkei ab; Artikel vom 21.03.17
Wohin die Kriegsfahrzeuge nach der Produktion in der Türkei anschließend geliefert werden, lässt sich nur vermuten. Correctiv nimmt eine Lieferung von Panzerfahrzeugen nach Katar an und befürchtet zugleich, dass diese von dort weiterverteilt werden und so mitten in Krisen- und Kriegsgebieten im Nahen Osten landen könnten. Weiter erinnert Correctiv daran, dass die türkische Regierung auch im eigenen Land, im Südosten, Panzerfahrzeuge einsetzte. Im Konflikt mit der kurdischen Minderheit wurden 2015 Ortschaften massiv durch Panzer-Einsätze zerstört. 3) Correctiv: Deutsche Panzer für Erdogan; Artikel vom 09.03.17 4) campact: Keine Panzer für Erdogan; abgerufen am 25.04.17
Kann dieses Projekt gestoppt werden?
Die Bundesregierung hat keinen direkten Einfluss auf die Unternehmensgründung im Ausland – sobald jedoch Wissen aus Deutschland in ein ausländisches Unternehmen fließt, unterliegt dieses den Rüstungs- und Exportkontrollen. Es muss von der Bundesregierung genehmigt werden. 5) Die Bundesregierung: Regierungspressekonferenz; nicht mehr verfügbar Pappenberger von Rheinmetall macht deutlich, dass er darüber informiert ist, dass der Export deutscher Technologie von der Bundesregierung kontrolliert werde. Er räumt jedoch ein, dass die deutsche Regierung keinen Einfluss habe, wenn gemeinsam mit den Partnern vor Ort ein türkischer Panzer entwickelt und gebaut werde. 6) Der Tagesspiegel: „Die türkische Regierung möchte, dass wir in der Türkei produzieren„; Artikel vom 19.03.17
Die Bundesregierung kann jedoch auch auf anderem Weg Druck auf den Konzern ausüben. Der Rüstungskonzern Rheinmetall liefert ebenso für die Rüstungsexporte der deutschen Bundesregierung Militärgüter. So wurde beispielsweise im Jahr 2016 der Export von Granatwaffen der Firma Rheinmetall an die Vereinigten Arabischen Emirate genehmigt. 7) Süddeutsche Zeitung: Waffen für den Nahen Osten; Artikel vom 14.03.16 Für die Firma wäre es demzufolge ein Verlust, wenn die Bundesregierung ihr keine weiteren Aufträge für Rüstungsexporte zugestehe. Dies ist jedoch rechtlich gesehen nicht ganz einfach. So reichen wohl politische Gründe nicht aus, um das Unternehmen auf diese Weise abzustrafen. Dem Stern gegenüber äußert der Bundestagsabgeordnete Dr. Tobias Lindner, dass das Unternehmen sich jedoch gut überlegen solle, ob es seine Türkei-Pläne weiter verfolge. Ob es weiter ein bevorzugter Lieferant bliebe und von Bundesmitteln für Forschung und Entwicklung profitieren würde, sei in diesem Fall nicht garantiert. 8) Stern: Panzerbauer Rheinmetall wegen Türkei-Projekt unter Druck; Artikel vom 04.04.17
Bereits aktuell produziert das Unternehmen Rheinmetall in einer Tochterfirma in Italien Waffen, die aufgrund der Herstellung in der ausländischen Tochterfirma häufig nicht unter die deutsche Ausfuhrkontrolle fallen. So wird durch eine Standortverlagerung des Unternehmens die Rüstungsexportkontrolle umgangen. Die in Italien produzierten Bomben wurden beispielsweise an Saudi-Arabien exportiert und kamen im aktuellen Luftkrieg im Jemen zum Einsatz. 9) Die Zeit: Boom mit Bomben; Artikel vom 28.10.16 Bei den Luftangriffen, die sich gegen die Huthi-Rebellen richten, kommen auch Zivilisten zu Schaden. Mehr als ein Drittel der saudi-arabischen Luftangriffe treffen auf zivile Plätze und Gebäude wie Schulen, Märkte, Krankenhäuser und Moscheen. 10) the guardian: Once in three Saudi air raids on Yemen hit civilian sites, data shows; Artikel vom 16.09.16
Noch habe die Bundesregierung keine Gespräche mit dem Rüstungskonzern geführt. Campact fordert ein klares Auftreten der Regierung gegenüber dem Konzern. Diese dürfe den geplanten Deal nicht zustande kommen lassen. Eine Produktion von Panzern in der Türkei erhöhe die Bedrohung für die Bevölkerung im Land und in den Nachbarstaaten. 11) campact: Keine Panzer für Erdogan; abgerufen am 25.04.17
Fußnoten und Quellen:
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