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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Westsahara und Marokko – wenn Flüchtlinge zum Druckmittel werden
In der zwischen Marokko und Mauretanien liegenden Westsahara herrscht seit über 40 Jahren ein Konflikt. Die Unterdrückung des Landes reicht weit zurück: Nachdem die einstige Überseeprovinz Spaniens entkolonialisiert wurde, stellten Marokko und Mauretanien Anspruch auf das Gebiet und trugen dies gewaltsam aus. 1) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-KonfliktHandel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 29.9.2016 Am meisten leiden die Sahrauis – manche von ihnen sind in Flüchtlingslagern geboren und gestorben. 2) fluter.: Ein Volk wie eine Fata Morgana; Artikel vom 16.9.2016 Trotz der Menschenrechtsverletzungen Marokkos, ist die EU deren wichtigster Handelspartner. 3) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-KonfliktHandel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 29.9.2016 Die Flüchtlingsströme aus Marokko könnten sogar zum Druckmittel gegen die EU werden. 4) tagesschau: Spanische Exklave Ceuta; Nutzt Marokko Migranten als Druckmittel?; Artikel nicht mehr verfügbar
Bis 1976 war die afrikanische Region an der Atlantikküste Nordwestafrikas eine Kolonie Spaniens. Die Unterdrückung durch ein anderes Land wurde es allerdings nie los – Marokko erhebt bis heute den Anspruch. Die früheren Kolonialherren hätten, wie die UN veranlasste, ein Volksentscheid organisieren sollen, bei dem die Sahrauis über die Zukunft ihres Landes abstimmen sollten – taten dies jedoch nie. Spanien „übertrug also eine Sache, die ihm nicht gehörte, seine Kolonie, an einen Dritten“, womit man Marokko als „Nachfolgeschaft der Kolonialmacht Spaniens“ und die Westsahara als „letzte Kolonie Afrikas“ bezeichnen könnte, wie der Politikwissenschaftler und langjährige Beobachter des Konflikts Werner Ruf erläutert. Im Land kam es zu Aufständen und die Polisario-Front, die gegen die militärischen Besetzungen ankämpfte, bildete sich heraus. 5) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-KonfliktHandel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 29.9.2016 Die UN erkennen Polisario als „Sprachrohr“ der Sahrauis an, doch das angekündigte Referendum, in dem die UN entscheiden wird, wem die Gebiete zustehen, lässt seit 25 Jahren auf sich warten. 6) fluter.: Ein Volk wie eine Fata Morgana; Artikel vom 16.9.2016 (mehr zu den geschichtlichen Hintergründen: Westsahara: Ein „sicheres Herkunftsland“ – trotz menschenverachtender Vorkommnisse)
Seitdem wird diskutiert, ob auch die etwa 150.000 Sahrauis, die seit 40 Jahren in Flüchtlingslagern in Algerien leben, mitbestimmen dürfen. Währenddessen siedeln sich in der Westsahara immer mehr Marokkaner an. Das sei die Strategie von deren König, „dass man die Frage über kurz oder lang nicht mehr rückabwickeln kann“, da das Gebiet der Westsahara bereits neu besiedelt ist, erklärt Volker Beck. 7) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-KonfliktHandel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 29.9.2016 Die Sahrauis im Flüchtlingslager in Algerien hingegen werden vergessen. Viele von ihnen kennen ihre Heimat nicht mehr und haben ihr gesamtes Leben unter schlechten Umständen in einem Lager verbracht. 8) fluter.: Ein Volk wie eine Fata Morgana; Artikel vom 16.9.2016
Derweil nutzt Marokko die Ressourcen der sahrauischen Gebiete – das umstrittene Land weist durchaus wirtschaftliches Potential durch reiche Fischgründe und durch seine Küsten Attraktivität für Touristen auf. Deshalb schloss die EU ein Fischereiabkommen mit Marokko, welches allerdings 2015 vom Internationalen Gerichtshof gekippt wurde. Die Begründung lautete, die Einbeziehung der Westsahara-Region unter marokkanischer Kontrolle sei völkerrechtswidrig. Tomaten für den europäischen Markt werden dort dennoch angebaut – auch wenn die sahrauischen Ärzte immer wieder auf die Nahrungsknappheit in den Flüchtlingslagern hinweisen. 9) fluter.: Ein Volk wie eine Fata Morgana; Artikel vom 16.9.2016
Eine Unabhängigkeit der Westsahara würde also wirtschaftliche Einbußen für Marokko mit sich bringen. Marokko warnt zusätzlich immer wieder davor, dass das Gebiet nahe von Terrorismusgebieten wie Nordmali läge und es zu einem „Failed State“ werden könnte, was besonders in der EU auf „offene Ohren“ trifft. Die enge Zusammenarbeit der EU mit Marokko bereitet den Sahrauis und vielen Menschenrechtsorganisationen immer mehr Sorgen. Sie befürchten dass sie für ihre Vereinbarungen über Migrationsfragen mit ihren Rechten bezahlen müssen. 10) fluter.: Ein Volk wie eine Fata Morgana; Artikel vom 16.9.2016 Für die EU ist Marokko eine „stabilisierende Macht“, ein „Bestandteil eines schmutzigen Deals“ – den Vorwurf, dafür Menschenrechtsverletzungen in Kauf zu nehmen, die Marokko gegenüber den Sahrauis verüben, wies das Auswärtige Amt zurück und das Freihandelsabkommen bleibt wirksam. Gerechtigkeit sei doch aber ein Grundpfeiler der Europäischen Union, wie Polarisario-Vertreter Mahamad al Mamun richtig feststellt. 11) Deutschlandfunk: EU, Marokko und der Westsahara-KonfliktHandel mit Afrikas letzter Kolonie; Artikel vom 29.9.2016
Zusätzlich hat nun Marokko die EU kritisiert, ihre Anstrengungen nicht genug wertzuschätzen und „warnte“ vor einem neuen Flüchtlingsstrom aus Marokko, falls die Schwierigkeiten zwischen Marokko und der EU andauern. Marokko strengt sich an, wenn es darum geht, Flüchtlinge aufzunehmen und seine Grenzen zu sichern. Das könnte in Migrationsfragen mit der EU jedoch schnell zum Druckmittel werden. 12) tagesschau: Spanische Exklave Ceuta; Nutzt Marokko Migranten als Druckmittel?; Artikel nicht mehr verfügbar Auch das kann als ein weiterer Grund gesehen werden, weshalb die EU immer noch und trotz der menschenverachtenden Lage eines ganzen Volkes mit Marokko kooperiert und erklärt, weshalb keine weiteren Bemühungen, sich für deren Recht einzusetzen, erkennbar sind. Eine Unabhängigkeit der Westsahara würde zu neuen langen Verhandlungen führen. Die Sahrauis würden den Umgang mit den Ressourcen ihrer Gebiete neu bestimmen wollen. Marokko als „stabilisierende“ Macht dahingegen erleichtert die wirtschaftliche Zusammenarbeit und hält Flüchtlingsströme ab. Dass dafür ein ganzes Volk in Lagern leben muss, wird in Kauf genommen.
Fußnoten und Quellen:
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