Das Ergebnis westlichen Konsums: Wie die Palmölproduktion Fluchtgründe schafft
Was verbindet Magnum-Eis, Colgate-Zahnpasta, Dove Kosmetikprodukte, Ariel Waschmittel und einen KitKat Schokoriegel? All diese Produkte enthalten das derzeit meist produzierte Pflanzenöl: Palmöl. 1) Facing Finance: Dirty Profits 5; Stand vom 15.03.17 Es zeichnet sich vor allem durch seinen niedrigen Weltmarktpreis aus. 2) Rettet den Regenwald e.V.: Palmöl: Ein umstrittenes Alltagsprodukt; Stand vom 15.03.17 Doch um diesen zu erhalten und dennoch die enorme Menge von 66 Millionen Tonnen pro Jahr produzieren zu können, lassen Großkonzerne Mensch und Natur leiden.
Einen solchen Großbetrieb stellt auch Wilmar International dar. Dabei handelt es sich um ein, in Singapur ansässiges Agrarunternehmen, welches riesige Nutzflächen insbesondere in Malaysia und Indonesien besitzt. Das Unternehmen ist derzeit führender Produzent von Palmöl und Biodiesel weltweit. Zu den wichtigsten Kunden des Konzerns gehören beispielsweise Nestlé, Kellogg’s, Colgate und Unilever. 3) Facing Finance: Wilmar International Limited; Artikel nicht mehr verfügbar
Seit mehreren Jahren wird das Unternehmen jedoch immer wieder, sowohl mit nachlässigem Umweltschutz als auch mit der massiven Missachtung von Menschenrechten in Verbindung gebracht. So bedroht der Konzern durch die großflächige Rodung von Primärwaldflächen zur steten Ausweitung seiner Produktion das einmalige Ökosystem der Länder und damit auch, die in ihm lebenden indigenen Gemeinschaften. 4) Facing Finance: Beschwerde gegen Wilmar: RSPO gibt indigener Gemeinschaft Recht; Artikel vom 21.02.17 2015 wurde dabei in Indonesien durch kontrollierte Waldbrände täglich mehr CO2 ausgestoßen als in allen EU-Ländern zusammen. In Folge verursachte die hohe Luftverschmutzung bei hunderttausenden, in Indonesien lebenden Menschen, schwere Atemwegserkrankungen. 5) Facing Finance: Dirty Profits 5; Stand vom 15.03.17
Doch nicht nur diese akute Gesundheitsgefährdung bedroht die Menschen. Das Abbrennen der Waldgebiete in derart großem Umfang hat sogar eine Veränderung des Wetters vor Ort zur Folge. Wissenschaftlern prognostizieren daher bereits in naher Zukunft tausende so genannter „Klimaflüchtlinge“, welche aufgrund der widrigen Umweltbedingungen innerhalb ihres Landes oder sogar über die Grenzen hinweg, fliehen werden. 6) Frankfurter Allgemeine: Kommen bald die Klima-Flüchtlinge?; Artikel vom 20.11.15
Hinzu kommt, dass der Konzern auch mit Kinderarbeit in Verbindung gebracht wird. Dabei berichtet Amnesty International in einem letztjährigen Bericht, dass Zulieferer und Tochtergesellschaften von Wilmar Kinder – oft nicht älter als acht Jahre – auf Plantagen beschäftigen. Dabei müssen die Kleinen körperlich schwere Arbeiten ohne Sicherheitsausrüstung verrichten und sind oft giftigen Pestiziden ausgesetzt. 7) Amnesty International: Indonesia: The Great Palm Oil Scandal: Labour abuses behind big brand names: Executive summary; Artikel vom 30.11.16 Doch auch viele volljährige Arbeiter leiden unter diesen Bedingungen, werden weit unter dem, ohnehin schon geringen, gesetzlichen Mindestlohn bezahlt und müssen täglich oft unerreichbare Erträge leisten. Frauen sind zudem häufig starker Diskriminierung ausgesetzt. 8) Amnesty International: Palm Oil: Global brands profiting from child and forced labour; Artikel vom 30.11.16
Ungeachtet dessen, ist Wilmar seit 2005 Mitglied des „Runden Tischs für nachhaltiges Palmöl“ (RSPO) und seine Kunden vermarkten ihre Produkte unter dem Siegel der versprochenen Nachhaltigkeit. 9) Amnesty International: Palm Oil: Global brands profiting from child and forced labour; Artikel vom 30.11.16 Zertifizierungen scheinen also keine Garantie für die Einhaltung von Menschenrechten und nachhaltiger Produktion zu bieten. Wichtiger wäre es daher, dass eine gesetzliche Bindung der Unternehmen durch den Staat, an deren Sorgfaltspflichten nach den UN-Leitprinzipien für Wirtschaft und Menschenrechte, stattfindet. 10) Amnesty International: Globale Konzerne profitieren von Kinderarbeit auf Palmöl-Plantagen; Artikel vom 30.11.16 Stattdessen verkaufen die betroffenen Staaten jedoch weiterhin das, von den indigenen Gemeinschaften bewohnte Land zur Kultivierung von Ölpalmen. Dieser vermeintlich „legale“ Landraub entzieht tausenden Bewohnern kleiner Dörfer ihre Lebensgrundlage und überlässt sie der Willkür der Großkonzerne. 11) Netzfrauen: Indonesiens Regenwald-Bewohner sind Opfer von „legalem Landraub“; Artikel vom 30.12.13
Und auch der Druck humanitärer Organisationen auf die Unternehmen scheint ohne gesetzliche Verpflichtungen oft im Sande zu verlaufen. Solange Regierungen und Palmöl-Konzerne ohne rechtliche Vorschrift, ungehindert ihre Profitgier auf Kosten der einheimischen Bevölkerung ausleben können, wird der Vertreibung und dem Landraub mit „legalen Mitteln“ nichts entgegenzusetzen sein. Und auch der von gewinngierigen Unternehmen vorangetriebene Klimawandel wird Experten zu Folge eine immer größere Rolle als Fluchtgrund spielen. So gehen Wissenschaftler von einem Anstieg der Zahl der „Klimaflüchtlinge“ auf 200 Millionen Menschen bis zum Jahr 2050 aus. 12) Reset: Klimaflüchtlinge; Stand vom 15.03.17 Letztlich bleibt es trotz geschönter Gütesiegel aber auch immer eine Frage für den Verbraucher selbst: ist der Konsum eines Gutes tatsächlich notwendig oder kann nicht auch allzu oft darauf verzichtet werden?
Fußnoten und Quellen:
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