Energiewende: Grüner Strom auf Kosten Kolumbiens
Bis 2018 soll die Steinkohleproduktion in Deutschland eingestellt werden. Allerdings werden die Kohlekraftwerke weiterlaufen und das mit importierter Kohle aus Kolumbien. Was nach außen nachhaltig und verantwortungsbewusst scheint, riskiert und fordert tatsächlich die Gesundheit und das Leben vieler Menschen. Vom Kohlestaub werden sie krank, verlieren ihr Land an Mienenbesitzer, die Arbeiter werden ausgebeutet, Kinder verhungern. 1) Spiegel Online: Kohle aus Kolumnien; Die dunkle Seite der Energiewende; Artikel vom 3.1.17
Der Strom in Deutschland soll klimafreundlicher werden. Es wird auf erneuerbare Energien gesetzt. Um baldmöglichst ohne Atomstrom auszukommen, müssen die Kohlekraftwerke noch eine Zeit laufen. Um nicht mehr selbst Steinkohle abbauen zu müssen, wird die deutlich kostengünstigere Kohle aus Kolumbien verwendet. 9,9 Millionen Tonnen wurden im letzten Jahr importiert, Tendenz steigend. Käufer sind unter anderen EnBW, RWE, E.on, Steag und Vattenfall.
Der kolumbianische Konzern El Cerrejón auf der Halbinsel La Guajira ist der größte in Lateinamerika und steht besonders im Fokus der Menschenrechtsorganisationen. Das riesige Bergwerk verursacht Dürren und Hunger. Der akute Wassermangel und die dadurch verursachte Lebensmittelknappheit ist zurückzuführen auf das Staudammprojekt, dass El Cerrejón mit Wasser versorgen soll. Viele Gemeinden haben keinen Zugang mehr zu Wasser mehr und wenn, ist es oft verschmutzt. 34.000 Kinder sind unterernährt, immer mehr sterben an den Folgen. 2015 starben in der Region um das Bergwerk 38 Kinder, 2016 waren es schon 87. 2) Junge Welt: Kinder sterben in La Guajira; Artikel vom 23.12.16
Neben dem Wassernotstand haben die Menschen auch mit starkem Husten zu kämpfen, Schuld daran ist der Kohlestaub, der sich in den Lungen ablagert. In der Gemeinde Barrancas nahe dem Werk waren im Jahr 2014 Atemwegserkrankungen Grund für 48 Prozent der registrierten Arztbesuche. Nicht nur Arbeiter, sondern ebenfalls viele Kinder sterben deshalb. Die Familien haben meist kein Geld für die notwendigen Medikamente. Genaue Zahlen, wie viele Opfer der Kohleabbau fordert, sind nicht einzusehen – die privat betriebenen Gesundheitseinrichtungen sind selbst abhängig von El Cerrejón.
In den Medien stellt sich El Cerrejón als verantwortungsbewusst dar und gibt vor, sich an die kolumbianischen Grenzwerte für Feinstaub und andere Emissionen zu halten. Außerdem bekennt man sich zu Menschenrechtsstandards und einem nachhaltigen Umgang mit der Natur – beidem widersprechen internationale Menschenrechtsorganisationen eindeutig. 3) Spiegel Online: Kohle aus Kolumnien; Die dunkle Seite der Energiewende; Artikel vom 3.1.17
Auch Präsident und Friedensnobelpreisträger Juan Manuel Santos verharmlost die Zustände. Er gestand, erst nach mehrmaliger Kritik internationaler Menschenrechtsorganisationen, wenige hundert Todesfälle seit dem Jahr 2008 . 2015 forderte ihn die interamerikanische Organisation CIDA zu sofortigem Handeln auf. Santos reiste in die Region und versicherte Hilfe. Jegliche Versprechen wurden jedoch bisher nicht in die Tat umgesetzt. 4) Junge Welt: Kinder sterben in La Guajira; Artikel vom 23.12.16
Die Energiewende liegt in Deutschlands Hand – genauso wie die Verantwortung über Kooperationen mit solch menschenrechtsverachtenden Konzernen. Jeder Verbraucher sollte sich deshalb mit seinem Stromanbieter und dessen Unternehmenspolitik auseinandersetzen und für sich entscheiden, ob man den untenangeführten Aussagen Glauben schenkt und vertreten kann. Hier eine Liste derer Energiekonzerne, die Steinkohle aus Kolumbien importieren:
- EnBW ist sich darüber bewusst, „dass es bei der Gewinnung von Rohstoffen in der gesamten Lieferkette zu Auswirkungen auf Menschen und Umwelt kommt.“ Deshalb arbeiten sie mit Lieferanten und Produzenten zusammen, um für soziale und ökologische Folgen ihres Handelns Verantwortung zu zeigen und um die Lebensbedingungen zu verbessern. Eine Delegation soll Kolumbien kürzlich besucht haben.
- RWE überprüft nach eigenen Angaben „alle potenziellen Handelspartner für Energierohstoffe, bevor [es] mit ihnen Geschäftsbeziehungen [aufnimmt]“. Es sei ihnen „besonders wichtig, in den Lieferländern einen breit angelegten Verbesserungsprozess auf den Weg zu bringen“.
- E.on hat Anfang 2016 die inzwischen auch rechtlich eigenständige Uniper SE abgespalten. Diese verweist auf die Mitgliedschaft in der sogenannten Bettercoal-Initiative. „[Sie] sehen positive Signale, dass der Betreiber von Cerrejon auf eine verantwortungsvolle Zusammenarbeit mit Bettercoal setzt.“
- Steag verweist auf eine Pressemittelung, in der die „hohen Arbeits- und Sozialstandards bei Cerrejón“ gelobt werden.
- Vattenfall setzte sich „für die Verbesserung von Arbeits- und Umweltbedingungen vor Ort ein und nehme diesbezügliche Vorwürfe sehr ernst“. Kohlelieferanten würden überprüft. 2017 werde eine Delegation nach Kolumbien reisen. 5) Spiegel Online: Kohle aus Kolumnien; Die dunkle Seite der Energiewende; Artikel vom 3.1.17
Fußnoten und Quellen:
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