Burundi: Austritt aus dem Internationalen Strafgerichtshof
Burundi steckt seit Mitte 2015 in einer tiefen politischen Krise: Der Auslöser war das Bestreben von Präsident Pierre Nkurunziza, „sich trotz einer gesetzlichen Begrenzung ein drittes Mandat zu sichern“. Nach seinem umstrittenen Sieg kam es wegen der totalitären Kontrolle der Regierung vermehrt zu gewaltsamen Ausschreitungen innerhalb der Bevölkerung und zur politischen Verfolgung der Opposition, dabei wurden mehr als 1.000 Menschen getötet. 1) Tiroler Tageszeitung: MSF fordert mehr Hilfe für burundesische Flüchtlinge in Tansania; nicht mehr verfügbar
Aufgrund der Krise hat sich die Zahl der Flüchtlinge aufgrund der Menschenrechtsverletzungen in den letzten vier Monaten fast verfünffacht: Mehr als eine Viertelmillion burundische und kongolesische Flüchtlinge befinden sich derzeit in drei Lagern in Tansania. Laut David Nash, dem Landeskoordinator von Ärzte ohne Grenzen, werden es bis Ende 2016 über 280.000 Menschen – das könnte eine der größten Flüchtlingskrisen Afrikas werden. Monatlich kommen bis zu 10.000 burundische Flüchtlinge nach Tansania. Die humanitären Umstände in Sachen Unterkunft, Wasser und Hygiene sind dramatisch – es fehlt an Geldern für die Nahrungsmittelversorgung und Medikamenten für Malaria. 2) Ärzte ohne Grenzen: Volle Flüchtlingslager erfordern dringend mehr Hilfe – Artikel nicht mehr verfügbar
Problematisch ist, dass der globale Einfluss auf Burundi sinkt: Am 18.10.2016 unterzeichnete Präsident Nkurunziza Burundis den Austritt aus dem Internationalen Strafgerichtshof (ICC) 3) Human Rights Watch: Burundi: ICC Withdrawal Major Loss to Victims – veröffentlicht am 27.10.2016 und folgte damit dem Beispiel von Südafrika und Gambia. Diese Länder protestieren gegen die postkoloniale Voreingenommenheit gegenüber afrikanischen Politikern. Die Verurteilungen, die der ICC seit 2002 gefällt hat, betrafen in neun von zehn Fällen Vertreter afrikanischer Länder. Gambias Informationsminister Sheriff Bojang spricht von mindestens 30 Fällen, in denen westliche Länder abscheuliche Verbrechen gegen unabhängige Staaten und deren Bürger begangen und trotzdem keine Anklage durch den ICC bekommen haben. 4) Zeit Online: Gambia will Strafgerichtshof verlassen – veröffentlicht am 26.10.2016
Der Internationale Strafgerichtshof wurde 1998 durch das Römische Statut geschaffen und trat 2002 in Kraft. Er sollte ein Zeichen für eine globale Menschenrechtspolitik unter der starken Führung der Vereinten Nationen nach Ende des Kalten Krieges setzen. Allerdings stand der ICC seit seiner Gründung auf wackligen Beinen: Ihm wird vorgeworfen, von einigen wenigen Ländern kontrolliert zu werden – wobei die mächtigsten Länder, wie Russland, die USA oder China, dem ICC nie selbst beigetreten sind und deswegen nicht strafrechtlich vom ICC verfolgt werden können. 5) Heise: Der Internationale Strafgerichtshof zerfällt und düpiert die Arroganz des Westens – veröffentlicht am 27.10.2016 Russland, China und die USA sind allerdings ständige Mitglieder des UN-Sicherheitsrates, weshalb sie die Verfahren des ICC mitbestimmen und ein Veto bei Anklagen einlegen können. Im Falle Syriens ordnete der UN-Sicherheitsrat eine Anklage gegen den syrischen Präsidenten Assad wegen Kriegsverbrechen und Menschenrechtsverletzungen an. Allerdings setzten Russland und China wegen persönlichen Staatsinteressen ein Veto und verhinderten somit eine Eingreifen durch den ICC. 6) Human Rights Watch: Burundi: ICC Withdrawal Major Loss to Victims – veröffentlicht am 27.10.2016
Durch den Austritt Burundis wird dem ICC eine strafrechtliche Verfolgung der dortigen Menschenrechtsverletzungen verweigert. Daniel Bekele, der Afrika Direktor der Human Rights Watch, sagte, Burundis Regierung hat beim Schutz seiner Bürger versagt. Die Entscheidung des Austritts kam, nachdem der UN-Menschenrechtsrat am 30. September 2016 eine Untersuchung der Menschenrechtsverletzungen in Burundi seit April 2015 angeordnet hat: Seitdem wurden hunderte burundische Bürger gefoltert, ermordet, vergewaltigt, entführt und in die Flucht getrieben. Für die Betroffenen in Ländern wie Burundi ist der ICC ein letzter Weg zur Gerechtigkeit. 7) Human Rights Watch: Burundi: ICC Withdrawal Major Loss to Victims – veröffentlicht am 27.10.2016
Fußnoten und Quellen:
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