Niger: Menschenunwürdige Zustände in Flüchtlingscamps – der Kampf gegen Boko Haram und seine Folgen
Hunger und mangelnde Hygiene betreffen immer mehr Menschen im Nordosten Nigerias. Seit 2009 tobt hier der Kampf der nigerianischen Bundesregierung gegen die Terrormiliz Boko Haram. Über 1,8 Millionen Menschen sind seit 2009 innerhalb des Landes auf der Flucht, fast 200.000 flohen in die Nachbarländer. Nach einem neuerlichen erfolgreichen Vorstoß der Armee wurden erschreckende Zustände in zum Teil von der Versorgung abgeschnittenen Camps aufgedeckt. Der UNHCR schätzt, dass ca. 800.000 Menschen unmittelbar Hilfe benötigen. Vor allem Unterernährung und mangelnde Hygiene sind ein großes Problem. Über 488.000 Menschen alleine in der Region Borno befinden sich in einem besonders kritischen Zustand, der ein direktes Eingreifen benötigt. „Viele der Vertriebenen sind Frauen, Kinder, Alte und andere mit besonderen Bedürfnissen. Wir haben zutiefst erschöpfte Erwachsene beobachtet, die sich kaum rühren konnten und Kinder mit geschwollenen Gesichtern, leerem Blick und anderen Symptomen akuter Unterernährung.“, beschrieb UNHCR-Sprecher Adrian Edwards die Lage vor Ort.1)UNHCR: Nigeria military advances uncover vast humanitarian needs; Artikel vom 19.08.2016
Bereits seit Jahren leidet die Region schon unter dem Konflikt. Doch nun wird die Situation in den Camps in Borno unhaltbar. Schon vergangenen Monat berichtete die Organisation Ärzte ohne Grenzen von hunderten Menschen, die an Mangelernährung, Malaria und Diarrhöe starben. Die Krankheiten sind dabei vor allem Folge der schlechten hygienischen Situation. In einem Lager standen mehreren tausend Menschen lediglich 44 Toiletten zur Verfügung – von denen 14 funktionstüchtig waren. Viele der befragten Binnenflüchtlinge machten die nigerianische Regierung und die verantwortlichen Beamten vor Ort für die untragbaren Zustände verantwortlich. Unter anderem sollen für die Camps bestimmte Lieferungen ihren Bestimmungsort nie erreicht haben. Doch nicht nur Hunger und Hygiene sind ein Problem. Es mangelt an Betten, Medikamenten sowie Moskitonetzen und unfähiges und korruptes Sicherheitspersonal setzen die Menschen Risiken aus. Darüber hinaus befinden sich die Lager in Gegenden, die nur schwer zugänglich sind und deren Versorgung nicht nur durch den anhaltenden Konflikt erschwert wird.2)All Africa: Nigeria: Rotten Under-Bellies of North-East IDPs Camps; Artikel vom 10.07.2016 – kostenpflichtig
Was wird unternommen, um die Lage der Menschen zu verbessern? Schon im Juni beschloss eine Konferenz der Regierung von Nigeria, Kamerun, des Chad und des Niger sowie von Geberstaaten unter Beteiligung von regionalen Organisationen und der Zivilgesellschaft schnelle Hilfe. Doch besonders durch den Konflikt verzögert sich eine effiziente Versorgung der Menschen bis heute. Zwar erhöhte der UNHCR nun seine Mittel, doch auch diese Hilfe ist erschwerten Bedingungen ausgesetzt. So wurde letzte Woche ein UN-Konvoi mit Schusswaffen und Sprengstoffen attackiert. Bei der Attacke wurden mehrere Helfer und begleitende Militärs schwer verletzt.3)AllAfrica: NIgeria: UN Reports ‚Alarming‘ Level of malnutrition and Famine like Conditions in Northeast Nigeria; Artikel vom 12.07.2016 – kostenpflichtig
Es hat den Anschein, als würde sich die unannehmbare Lage der Binnenflüchtlinge Nigerias auf unbestimmte Zeit nicht bessern. Es bräuchte eine internationale Hilfsinitiative, die das überforderte Land bei seinen Anstrengungen unterstützen muss. Doch auf diese müssten sich die westlichen Geberländer erst einmal verständigen.
Fußnoten und Quellen:
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