Äthiopien: Gewalt und Hunger gefährden die Stabilität – Doch Europa und Deutschland bleiben bei bloßen Worten
Die Gewalt gegen Demonstranten nimmt in Äthiopien immer weiter zu. Ende letzter Woche wurden mindestens 104 Menschen getötet, berichten die Gesellschaft für bedrohte Völker und Amnesty International. Bestätigt werden konnten die Zahlen auch von einem ausländischen Diplomaten, der nicht näher genannt werden möchte. Die Sicherheitskräfte setzten offenbar gezielt scharfe Munition gegen die Regierungskritiker ein.1)Entwicklungspolitik Online: 104 Tote bei Protesten – EU sollte Kooperation mit äthiopischer Regierung überprüfen; Artikel vom 10.08.2016 „Die brutale Reaktion der Regierung droht noch mehr Wut auszulösen und es schlimmer zu machen“, kommentierte der anonyme Diplomat die Vorkommnisse weiter.2)Spiegel Online: Dutzende Regierungskritiker bei Protesten getötet; Artikel vom 08.08.2016 Unter den Opfern befinden sich vor allem Mitglieder der Oroma Volksgruppe. Die Bewohner der Region Oromia demonstrieren bereits seit Monaten gegen eine geplante Ausweitung der Stadtgrenzen der Hauptstadt Adis Abeba in ihre Heimat. Sie befürchten weitere Vertreibungen. Nach Angaben der Gesellschaft für bedrohte Völker sollen seit 2015 bereits über 20.000 Angehörige der Gruppe inhaftiert worden sein. Laut Augenzeugenberichten würden die meisten in illegalen Einrichtungen wie abgelegenen Armeelagern oder zum Teil in umfunktionierten Lagerhallen festgehalten.3)Gesellschaft für bedrohte Völker: 104 Tote bei Blutbad in Äthiopien – EU soll Kooperation mit autoritärer äthiopischer Regierung überprüfen; Artikel vom 10.08.2016
Während die Gewalt anhält sieht sich die Europäische Union schweren Vorwürfen ausgesetzt. Erst vier Tage nach dem massiven Gewaltausbruch meldete sich der Europäische Auswärtige Dienst zu Wort. Der Sprecher bezeichnete die Vorgänge als „zutiefst besorgniserregend“, rief alle Parteien dazu auf, den Konflikt mit friedlichen Mitteln beizulegen und sprach sein Mitgefühl für die Opfer aus. Doch Folgen für die äthiopische Regierung scheinen zu diesem Zeitpunkt nicht vorgesehen zu sein.4)Europäischer Auswärtiger Dienst: Statement by the Spokesperson on the recent violent clashes in Ethiopia; nicht mehr verfügbar „Selbst wenn die EU bedeutende strategische, migrations- und entwicklungspolitische Interessen in Äthiopien hat, muss sie nun reagieren und ihre Kooperation überprüfen“, forderte Ulrich Delius, der Afrika-Referent der Gesellschaft für bedrohte Völker. „Das Schweigen Europas kann von Äthiopiens Machthabern nur als Ermutigung verstanden werden, noch brutaler gegen friedliche Demonstranten vorzugehen.“ Auch eine Reaktion oder Verurteilung durch die Bundesregierung blieb bisher aus.5)Entwicklungspolitik Online: 104 Tote bei Protesten – EU sollte Kooperation mit äthiopischer Regierung überprüfen; Artikel vom 10.08.2016
Dabei ist Stabilität in Äthiopien notwendig, um die Herausforderungen, die in der Region herrschen, meistern zu können. Das Land fungiert momentan trotz seiner inneren Unruhen und einer anhaltenden Nahrungsmittelkrise als das größte Aufnahmeland für Geflüchtete. Über 600.000 Menschen haben dort Zuflucht gesucht, die meisten aus dem Südsudan. Aber auch Flüchtlinge aus Somalia und Eritrea sind vertreten.6)UNHCR: Äthiopien nimmt afrikaweit die meisten Flüchtlinge auf; nicht mehr verfügbar Sollte das Land seine Probleme in Form von Hunger, inneren und auch äußeren Konflikten mit Eritrea nicht meistern können, dürften die Menschen weiterziehen. Europa und die Bundesrepublik sollten also ein Interesse daran haben, die Regierung unter Druck zu setzen und die Bevölkerung bei der Bewältigung ihrer mannigfaltigen Probleme zu unterstützen. Ein Zögern könnte Ost-Afrika und auch den Westen teuer zu stehen kommen.
Fußnoten und Quellen:
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