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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Westafrika: Das CFA-Franc-Regime – Wie Frankreich noch immer seine ehemaligen Kolonien ausbeutet
Im Jahre 1958 begann die Entkolonialisierung der französischen Besatzungen in Afrika. Nationale Bewegungen forderten damals Unabhängigkeit, Selbstständigkeit und die Souveränität über die Reichtümer ihrer Länder. Doch fast 60 Jahre später lässt der erwartete Wohlstand noch immer auf sich warten. Von den ehemaligen 14 französischen Kolonien in West- und Zentralafrika befinden sich zehn unter den ärmsten Ländern der Welt. Oft werden hierfür die autoritären Regimes und gierigen Eliten verantwortlich gemacht, die ihre Landsleute zur persönlichen Bereicherung leiden lassen. Doch das ist nur die halbe Wahrheit. Denn auch das koloniale Erbe lastet noch immer auf den afrikanischen Staaten. Bis heute hält Frankreich großen politischen und wirtschaftlichen Einfluss. Hierfür wurde bereits 1945 mit der Gründung der CFA (Communautés Françaises d’Afrique) die Grundlage gelegt. Mit Hilfe dieses Abkommens sollten die ehemaligen Kolonien wirtschaftlich an das „Mutterland“ gebunden werden. Und das sind sie noch heute, denn der Vertrag besteht nach wie vor in fast unveränderter Form.
Abhängigkeit und Einschränkung durch das CFA-Franc-Abkommen

(c) Pictures of Money (CC BY 2.0) – Flickr Ehemalige französische Kolonien können nur über 15 Prozent ihrer Devisen eigenständig verfügen. Obwohl ihnen das Geld gehört, müssen sie sich weitere benötigte Mittel zu hohen Zinsen vom französischen Finanzministerium leihen: eine Verschuldungsspirale.
Die Folgen sind eine Vielzahl von Verpflichtungen und Einschränkungen, die mit dem Abkommen einhergehen. Noch immer ist die gemeinsame Währung der CFA-Franc, dessen Wechselkurse erst an den Franc und schließlich an den Euro gekoppelt wurden. Das französische Finanzministerium garantiert den Tausch zu einem festgelegten Wert. Hierdurch entsteht zwar eine große Stabilität der gemeinsamen Währung, die in den benachbarten Staaten wie zum Beispiel Nigeria nicht zu beobachten ist, doch wird eine externe Abwertung unmöglich.“ Man kann selber entscheiden, ob man lieber billig am Weltmarkt verkauft, indem man seine Währung niedrig hält, oder ob man die Währung höher bewertet, um damit viel auf dem Weltmarkt zu bekommen“, so Michael Monnerjahn, Sprecher des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft.1)Deutsche Welle: Debatte um die Wähung CFA-Franc; Artikel vom 29.04.2013 Der für die afrikanischen Volkswirtschaften zu starke CFA-Franc begünstigte allerdings allein Importe und somit eine negative Außenhandelsbilanz. Des Weiteren sind die ehemaligen Kolonien gezwungen, 65 Prozent ihrer staatlichen Devisen, über die sie keine Verfügungsgewalt besitzen, beim französischen Finanzministerium zu deponieren. Weitere 20 Prozent müssen als Sicherheit für ihre Verbindlichkeiten eingelagert werden. Die Staaten besitzen also nur eine de facto-Gewalt über 15 Prozent ihrer Devisen. Möchten sie auf ihre übrigen Einlagen zurückgreifen, müssen sie sich diese zu geläufigen Zinssätzen leihen: eine Verschuldung durch Erhalt des eigenen Geldes.2)The Herald: How France loots its former colonies; Artikel vom 14.07.2017 Das französische Finanzministerium tätigt laut Gerry Bush, einem politischen Analysten mit Schwerpunkt auf dieser Thematik, mit den afrikanischen Geldern derweil Investitionen an der Pariser Börse, deren Erlöse in Frankreich verbleiben.3)Deutsche Welle: Debatte um die Wähung CFA-Franc; Artikel vom 29.04.2013 Doch damit nicht genug: Die ehemaligen Kolonien sind verpflichtet, bei Ausschreibung öffentlicher Bauvorhaben oder Ähnlichem französische Unternehmen bevorzugt zu behandeln. Frankreich besitzt außerdem beim Verkauf von Rohstoffen das Recht, diese vor allen anderen potentiellen Käufern zu erwerben. Beides führt zu wesentlich geringeren Preisen als auf dem Weltmarkt üblich. Eine weitere Folge hieraus ist, dass französische Unternehmen weite Teile der Wirtschaft und des öffentlichen Sektors beherrschen. Ob Wasser, Elektrizität, Telekommunikation, Transport oder Bankensektor, überall offenbart sich die französische Dominanz noch heute.4)The Herald: How France loots its former colonies; Artikel vom 14.07.2017 „Die CFA-Franc-Abkommen halten die westafrikanischen Staaten in denselben ökonomischen Bedingungen, die auch in der Kolonialzeit herrschten.“, beschreibt Mamadou Koulibaly, ein Volkswirtschaftsprofessor an der Aix-Marseille Universität und vormaliger Sprecher der Nationalversammlung der Elfenbeinküste. “Sie versorgen Frankreich mit Rohstoffen und importieren die daraus gefertigten Endprodukte. Die Tauschgarantie für den CFA-Franc sowie hohe Zinsen und Wechselkurse halten die Staaten der Währungszone in einem strukturellen Defizit, das jede erfolgreiche Entwicklungspolitik unmöglich macht.“5)All Africa: West Africa: The gilded Cage; nicht mehr verfügbar
Es zeichnet sich das Bild eines noch immer auf „legalem“, vertraglichem Weg ausgebeuteten West-und Zentralafrikas. Frankreich profitiert durch einfachen Marktzugang, billige Rohstoffe und politischen und militärischen Einfluss. Für die afrikanischen Staaten bleiben jedoch kaum mehr als hohe Staatsverschuldung und Zinssätze sowie Handels- und Investitionshemmnisse, die zu einem schwachen Wirtschaftswachstum führen.6)Tagesschau: Zwischen Abhänigkeit und Sicherheit; Artikel vom 24.09.2011 Armut und Perspektivlosigkeit entstehen, die mitunter zu den großen Wanderungsbewegungen aus diesen Ländern führen, die wir heute unter anderem in der „Flüchtlingskrise“ zu spüren bekommen. Doch wieso verändern die afrikanischen Staaten die Konditionen nicht einfach oder verlassen einen solch unfairen Vertrag?
Warum der Austritt nicht gelingt

(c) Parti socialiste (CC BY-NC-ND 2.0) – Flickr Der Einfluss Frankreichs in den jeweiligen Zentralbanken und Regierungen macht eine Kündigung der einseitigen CFA-Franc-Abkommen nahezu unmöglich.
Es sind eine Vielzahl von Faktoren, die die ehemaligen französischen Kolonien entweder indirekt oder direkt daran hindern, sich aus ihrer ökonomischen Vormundschaft zu lösen. Vor allem die Abänderung der monetären Regeln ist so gut wie unmöglich. Denn Frankreich besitzt in den Gremien der zuständigen Zentralbanken noch immer ein Vetorecht.7)Deutsche Welle: Debatte um die Wähung CFA-Franc; Artikel vom 29.04.2013 Cord Jakobeit, vom Institut für Politikwissenschaft der Universität Hamburg, sieht zudem das Problem, dass eine allzu plötzliche Abwertung des CFA-Franc Schwierigkeiten für die Bevölkerung und Wirtschaft der Länder bedeuten könnte.8)Tagesschau: Zwischen Abhänigkeit und Sicherheit; Artikel vom 24.09.2011 Darüber hinaus stellen französische Gelder das drittgrößte Entwicklungshilfekontingent der Welt dar. „Als Geberland hat Frankreich sicherlich die Druckmittel zu sagen, wenn ihr euch nicht so entscheidet wie wir wollen, dann unterstützen wir euch in Zukunft nicht mehr“, beschreibt Michael Monnerjahn, Sprecher des Afrika-Vereins der deutschen Wirtschaft die ausweglose Situation.9)Deutsche Welle: Debatte um die Wähung CFA-Franc; Artikel vom 29.04.2013 Auch interne politische Veränderungen scheinen kaum denkbar zu sein. „Ich denke die CFA-Länder sind gefangen in diesem Abkommen, da die Eliten kein wirkliches Interesse an einer Entwicklung des Landes haben, sondern nur an der Sicherung ihrer eigenen Macht und ihrem Vermögen, die sie durch korrupte Praktiken erhalten haben“, so Herr Canac, Leiter einer Studie zur Erfassung der Folgen des CFA-Regimes.10)All Africa: West Africa: The gilded Cage; nicht mehr verfügbar Schlussendlich werden damit auch französische Interventionen zur Erhaltung der Regimes und somit des Status Quo wahrscheinlicher, wie in der Vergangenheit zahlreich und auch kürzlich durch das Eingreifen in Mali erneut bewiesen wurde.
Die Kolonialzeit der Franzosen in Afrika endete offiziell im Jahre 1958. Doch das Regime bestand in anderer Form weiter. Leiten heute auch offiziell keine französischen Beamten mehr die afrikanischen Staaten, so hat sich an der Dominanz Frankreichs und der Abhängigkeit der ehemaligen Kolonien wenig verändert. Welche Aussicht auf Erfolg hat die Entwicklung der afrikanischen Staaten im Angesicht solcher Knebelverträge? Welchen Sinn machen westliche Hilfsgelder? Vor dem französischen CFA-Regime in West- und Zentralafrika erscheinen sie wie moralische Ablasszahlungen. Europa schottet sich weiter gegen „Wirtschaftsflüchtlinge“ ab, doch der Ursprung ihrer Flucht liegt zumeist noch immer in den Folgen europäischer Wirtschafts- und Machtpolitik auf dem afrikanischen Kontinent.
Fußnoten und Quellen:
Roy
Veröffentlicht um 21:27h, 02 MärzDanke für den Beitrag.habe heute mit einem Student aus Benin reden können….stimmt alles Haar genau. Soviel zum einigen Europa.
Patrice Lumumba
Veröffentlicht um 08:46h, 20 Septemberdanke für den Beitrag. Sehr aufschlussreich
Alex
Veröffentlicht um 11:53h, 19 AprilHallo,
Es ist eine komplizierte Situation die mit von Ort gebundene Realitäten und Verschwörungstheorien gebunden ist. Auf eine Seite hat man die afrikanische Länder die leiden (wirtschaftlich) und auf der andere Seite haben wir Frankreich als Unruhstifter (Frankreich arbeitet bekannter Weise mit dem Motto “ je mehr Chaos und Instabilität herrscht, desto besser lassen Bodenschätze (il)legal abbauen“ )
Das die Wirtschaft von Frankreich von den Zollgebühren von 14 afrikanischen Ländern ABHÄNGIG ist, ist kein Geheimnis mehr, aber das schlimmste daran ist, die Stabilität der ganze EU ist auch damit einbezogen, denn falls diese 14 afrikanische kein Zoll (über 440 Milliarden € pro Jahr) mehr bezahlen, dann ist Frankreich in weniger als einem Jahr pleite… und was wäre die EU ohne Frankreich ?
Meine Meinung nach… wenn Frankreich bzw. die EU , afrikanische Ländern ausbeutet, dann sollen die mindestens zusehen, dass diese Länder bessere Lebenssituationen haben… aber dies wird nie passieren.
Erst ausbeuten und danach die Regierungen als unfähig zu bezeichnen.