Geld aus Flüchtlingshilfe soll in afrikanisches Militär fließen
Konfliktprävention ist ein wichtiger Teil der EU-Außenpolitik. Jetzt sollen die Bemühungen zur Stabilisierung um eine militärische Komponente ergänzt werden. Die Zuschüsse für nordafrikanische Militärs sollen aus den Mitteln für Flüchtlingshilfe bezahlt werden. Damit schießt Europa sich ein Eigentor. 1)Spiegel Online: Krisenstaaten: EU-Kommission will Entwicklungshilfe für Militär ausgeben; 04. Juli 2016
Um Konflikten auf der ganzen Welt vorzubeugen, gründete die EU das „Instrument für Stabilität und Frieden“. Im Idealfall sollen prekäre Situationen durch das ISP entschärft werden, bevor es zur Auseinandersetzung kommt. Auch wenn bereits eine Bedrohung des Friedens vorliegt, kann die EU durch das ISP innerhalb kürzester Zeit eingreifen. Somit ist es eines der wichtigsten EU-Mittel zur Krisenprävention und –reaktion. Das ISP ergänzt beispielsweise in Notfallsituationen kurzfristig die humanitäre Hilfe. Langfristig sollen auch Organisationen unterstützt und aufgebaut werden, die sich für friedensbildende Maßnahmen einsetzen. Konkret kommt das ISP zum Beispiel auch im Kampf gegen Cyberkriminalität und Terrorismus und für Aussöhnungsprogramme zum Zug. Damit verbindet das Instrument die Entwicklungspolitik der EU mit der „Gemeinsamen Sicherheits- und Verteidigungspolitik“. 2)Europäische Kommission: Instrument für Stabilität und Frieden* zur Prävention von Konflikten weltweit; nicht mehr verfügbar
Nun aber will die EU-Kommission ISP-Gelder zur Unterstützung des Militärs in Krisenstaaten wie Niger, Mali und Libyen verwenden. Die Ergänzung des ISP um eine militärische Komponente forderten einige EU-Staaten im vergangenen Jahr, darunter Deutschland, Finnland, Frankreich und Italien. Der Grund für diese Forderung ist der ungebremste Flüchtlingsstrom von Nordafrika nach Europa. Eigentlich zielt die Entwicklungshilfe aus Europa in afrikanischen Ländern darauf ab, die wirtschaftliche Entwicklung der Länder zu stärken. So soll die Lage in den betroffenen Regionen stabilisiert werden. Durch die Subventionierung von Militär und Sicherheitskräften rückt das Endziel „Frieden“ aber in noch weitere Ferne. 3)Spiegel Online: Krisenstaaten: EU-Kommission will Entwicklungshilfe für Militär ausgeben; 04. Juli 2016
Zudem soll das Geld für die Militärs aus dem Topf für Armutsbekämpfung genommen werden. Das schlug der EU-Generaldirektor für Internationale Zusammenarbeit und Entwicklung vor. Dabei ist Armut ein zentraler Grund für Destabilisierung und Flucht. Wer hungert, dem nützt kein gut ausgerüstetes Militär. Tatsächlich scheint die EU hier sehr eigennützige Ziele zu verfolgen. Anstatt Hunger zu bekämpfen, sollen Flüchtlinge, die aus Armut ihre Heimat verlassen, durch die Armee aufgehalten werden. Auch der Europäische Gerichtshof sieht dieses Vorhaben sehr kritisch. Bereits 2007 verhinderte er den Plan der EU-Kommission, ein Grenzschutzprojekt auf den Philippinen mit Mitteln aus der Entwicklungshilfe zu finanzieren. Zudem fehlen der EU laut dem Rechtsdienst der Kommission die „notwendigen Befugnisse, Streitkräfte von Drittstaaten zu finanzieren.“ 4)Spiegel Online: Krisenstaaten: EU-Kommission will Entwicklungshilfe für Militär ausgeben; 04. Juli 2016
Auch Sabine Lösing, Europaabgeordnete der Linken, kritisierte den Plan scharf. Die Ausbildung und Unterstützung paramilitärischer Gendarmerieverbände sei eine „Zweckentfremdung von Entwicklungshilfe“. Zivile Programme zu verwenden um Grenzen zu sichern, führe Lösing zufolge lediglich zu einer „Stärkung repressiver Regime“. 5)Spiegel Online: Krisenstaaten: EU-Kommission will Entwicklungshilfe für Militär ausgeben; 04. Juli 2016
Sollten ISP-Gelder tatsächlich für die Stärkung nordafrikanischer Militärs benutzt werden, wäre das allerdings nur ein weiterer Versuch der EU, Flüchtlinge aus der Festung Europa fernzuhalten. Denn schon jetzt zahlt die EU zum Beispiel afrikanischen Regierungen Geld für das Aufhalten und die Rücknahme von Flüchtlingen. Wenn Geld richtig eingesetzt wird, lassen sich so durchaus Fluchtursachen bekämpfen. Wird es aber genutzt, um Vertriebene in Entwicklungsländern festzusetzen, erkauft die EU sich höchstens einen Zeitaufschub. Denn selbst die afrikanischen Regierungen wissen, dass sie besonders jüngere Flüchtlinge auf Dauer nicht an der Flucht hindern können. Dabei könnte das alternde Europa stark von jungen afrikanischen Einwanderern profitieren! Durch den Ausbau legaler Zugangswege könnte die Mittelschicht in Afrika gestärkt werden. Hätten Migranten die Möglichkeit, in Europa Geld zu verdienen, mit dem sie ihre Familien in der Heimat ernähren und das sie dort auch investieren, dann würde die EU gemeinsam mit den Flüchtlingen Fluchtursachen bekämpfen. Leider denkt die EU lieber auf kurze als auf lange Sicht. 6)Tagesspiegel: Geld gegen keine Flüchtlinge? Das geht nicht auf; 28. Juni 2016
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare