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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Entwicklungshilfe machtlos – Steuerabkommen leeren afrikanische Staatskassen
175 Milliarden Euro – So viel kosten Steuerabkommen afrikanische Staaten laut Internationalem Währungsfond (IWF) im Jahr. Das ist nicht nur eine unvorstellbare Summe sondern auch das Dreifache, das Afrika pro Jahr als Entwicklungshilfe erhält: volkswirtschaftlicher Wahnsinn. „Würden diese Einnahmen tatsächlich in die Staatskassen fließen, müsste keiner mehr über Entwicklungsgelder für Afrika nachdenken“, sagt Stella Agara, eine kenianische ActionAid-Activistin.1)Deutsche Welle: Leere Staatskassen in Afrika durch Konzerne; Artikel vom 06.05.2016 Internationalen Unternehmen gelingt es durch diese Art von Deals hingegen, geringe oder gar keine Steuern für erwirtschaftete Gewinne in afrikanischen Staaten zu zahlen. Laut Weltbank existieren mindestens 500 solcher Abkommen zwischen einkommensschwachen und einkommensstarken Staaten. Die genannte Organisation ActionAid untersuchte diese Abkommen und deckte desaströse Auswirkungen auf Entwicklungsländer auf.2)ActionAid: Mistreated; Stand: 12.07.2016
Afrikanische Staaten verlieren doppelt

(c) 401(K) 2012 (CC BY-SA 2.0) – Flickr Schonungslos profitieren internationale Unternehmen von Steuerabkommen. Die beteiligten Entwicklungsländer bleiben oft mittellos zurück.
Vordergründig geschlossen, um sogenannte Doppelbesteuerung von Unternehmensgewinnen zu verhindern und Investitionssicherheit zu schaffen, sorgen viele der Verträge dafür, dass nationales Steuerrecht für internationale Konzerne außer Kraft gesetzt wird. Dadurch zahlen die heimischen Unternehmen der afrikanischen Staaten höhere Steuersätze als ihre ausländischen Konkurrenten. Negative Effekte ergeben sich damit also nicht nur direkt für die Steuereinnahmen der Länder, sondern auch indirekt durch eine geringere Wettbewerbsfähigkeit ihrer Unternehmen, die weiterhin regulär Steuern zu entrichten haben. Internationale Konzerne hingegen profitieren sogar zweifach, da ausländische Erträge von ihren westlichen Heimatländern, wie zum Beispiel den Niederlanden, zumeist ebenfalls nicht besteuert werden. Statt der Gefahr doppelter Besteuerung steht am Ende eine doppelte Vermeidung von Steuern.3)ActionAid: Mistreated; Stand: 12.07.2016 Laut ActionAid sind nur 15 Prozent der afrikanischen Finanzdefizite auf Korruption zurückzuführen, Steuervermeidung hingegen ist für ganze 60 Prozent der Einkommensausfälle verantwortlich. Mittel, die für Entwicklungsprogramme, soziale Sicherung und generelle staatliche Investitionen fehlen. Grassierende Armut in afrikanischen Staaten, die vielen als Fluchtgrund dient, kann letzthin auch auf derartige Steuerabkommen zurückgeführt werden.4)Deutsche Welle: Leere Staatskassen in Afrika durch Konzerne; Artikel vom 06.05.2016 Was bewegt Entwicklungsländer also dazu, solche Verträge zu unterzeichnen?
Fadenscheinige Vorteile von Steuerabkommen

(c) Oxfam International (CC BY-NC-ND 2.0) – Flickr Ein tropfen auf dem heißen Stein – Entwicklungshilfe versickert ohne Wirkung, angesichts der legalisierten Steuerflucht der Großkonzerne.
Viele der einkommensschwachen Länder möchten hierdurch ihre Attraktivität für internationale Kapitalgeber erhöhen und Investoren ins Land locken. Dies gelingt ihnen auch zunächst. Trotz gestiegener internationaler Investitionen streichen sie aber durch die ausbleibende Besteuerung der Erträge meist wenige Gewinne ein. So steht am Ende oftmals eine stark negative Bilanz für die Staaten und das unversteuerte Kapital verlässt Afrika, ohne ökonomische Vorteile für den Kontinent zurückzulassen. Natürlich wird der Gefahr einer unfairen Doppelbesteuerung mit diesen Abkommen auch begegnet, aber dabei bleibt es, wie beschrieben, meistens nicht. Zudem ist diesem Problem schon durch die meisten nationalen Gesetze der afrikanischen Staaten ein Riegel vorgeschoben. Die Rechtfertigung für viele dieser Abkommen ist also eine fadenscheinige. Doch nicht nur die ökonomischen Nachteile überwiegen, sondern auch die demokratische Kontrolle ist stark eingeschränkt. Wie es ebenso bei TTIP und CETA oft kritisiert wird, ist die Transparenz solcher Abkommen in den wenigsten Fällen gewährleistet. Und auch die Parlamentarische Kontrolle ist kaum vorhanden.5)ActionAid: Mistreated; Stand: 12.07.2016
Wo bleibt die internationale Reaktion?
Doch wenn Entwicklungshilfezahlungen nur die Haushaltslöcher stopfen, die internationale Konzerne mit Hilfe von Steuerabkommen reißen, dann verkommt sie zu einer schlichten de facto Subvention solcher Unternehmenspolitik. Vor allem Europa und die USA müssen dem entgegentreten. Hierauf wiesen zwischen 2015 und 2016 tatsächlich nicht nur die OECD sondern auch das Europäische Parlament und die Europäische Kommission hin. Sogar der IWF warnte letzthin Entwicklungsländer vor den Folgen solcher Steuerabkommen. Doch passiert ist nichts. Viele der Abkommen sind bilateraler Natur und können kaum reguliert werden. Die einzige Lösung heißt Aufklärung, nicht nur der afrikanischen Staaten, die solche Abkommen nicht unterzeichnen oder kündigen sollten, sondern auch der westlichen Staaten, deren milliardenschwere Entwicklungshilfe durch diese Praxis jegliche Wirkung verliert.6)ActionAid: Mistreated; Stand: 12.07.2016
Fußnoten und Quellen:
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