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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Neokoloniale Entwicklungshilfe: Die EU erpresst afrikanische Staaten
Vergangenen Freitag wurde das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen (WPA) zwischen der EU und der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrika (SADC) unterzeichnet. Dabei waren der Europäischen Kommission augenscheinlich alle Mittel recht, um die afrikanischen Länder unter Druck zu setzen. Die EU drohte damit, den privilegierten Zugang zum europäischen Markt bis Oktober 2016 zu entziehen. Die Abschaffung der Begünstigungen hätte dramatische Auswirkungen auf die Staatsfinanzen der einzelnen Länder gehabt, sodass sie schließlich die Forderungen der EU akzeptieren mussten. „Das Freihandelsabkommen ist nicht das Ergebnis von partnerschaftlich geführten Verhandlungen, sondern das Ergebnis einer von der EU absichtlich erzeugten Verhandlungsdramatik, die den Ländern der SADC wenig Spielraum hinterließ“, kommentiert Boniface Mabanza, Berater zu Handelsfragen von Brot für die Welt. 1) euractiv.de: Brüssel droht afrikanischen Ländern mit Entzug eines privilegierten Marktzugangs – Artikel vom 10. Juni 2016
Die Unterzeichnung markierte das Ende von langwierigen Verhandlungen, die offiziell schon 2002 begonnen hatten, durch viele Krisen gegangen waren und zahlreiche Unterbrechungen erlebt hatten. Die Forderungen der EU beinhalteten, afrikanische Märkte bis zu 83 Prozent für europäische Importe zu öffnen und hierbei schrittweise Zölle und Gebühren abzuschaffen. Im Gegenzug sollten afrikanische Unternehmen zollfreien Zugang zum europäischen Markt erhalten. Viele afrikanische Staaten sträubten sich jedoch gegen die Unterzeichnung des Abkommens. Kenia beispielsweise verweigerte die Unterschrift, weil es unter anderem fürchtete, den Handelswettbewerb mit europäischen Unternehmen zu verlieren. Daraufhin verhängte die EU Einfuhrzölle auf mehrere kenianische Produkte. Das führte laut Medienberichten zu zahlreichen Entlassungen in mehreren Betrieben. Unter dem Druck knickte Nairobi schließlich ein. 2) netzfrauen.org: Rücksichtsloses Freihandelsabkommen – Artikel vom 24. November 2015
Ein weiteres Beispiel unter vielen stellt Ghana dar. Das afrikanische Land befindet sich seit 2013 in einer wirtschaftlichen Krise. Vielfach fehlt den Unternehmen nicht nur der Markt, sondern auch das Geld für neue Maschinen, die importiert werden müssen. Investitionen kommen in vielen Bereichen trotz steigender Nachfrage auch nicht zustande, weil das Land mit Billigimporten überschwemmt wird. So kann die lokale Produktion von dem überdurchschnittlich wachsenden Markt nicht profitieren. „Lokale ghanaische Produzenten können da nur schwer mithalten“, meint Kojo Blankson Wilson, Geschäftsführer des Schlachtbetriebs JFamco. „Wir müssen mit den Produktionskosten runter, um eine Chance zu haben“, fügt er hinzu. 2014 dürfte nach Ghana Fleisch im Wert von über 200 Mio. US Dollar importiert worden sein. Davon entfielen etwa 80 Prozent auf Hühnerfleisch, das vor allem aus Brasilien, der EU und den USA kam. Die EU überschwemmt Ghana also nicht nur mit Müll, sondern auch mit Billig-Fleisch oder Getreide und nimmt den Menschen damit jegliche Perspektive. Kaum beachtet wird allerdings, dass genau aus dieser Perspektivlosigkeit heraus immer mehr Menschen versuchen, nach Europa zu gelangen. 3) ag-friedensforschung.de: Neokoloniale Ambitionen – Artikel vom 30. Juni 2007
Auf dem Papier dienen die Freihandelsabkommen der Armutsbekämpfung, fördern angeblich eine nachhaltige Entwicklung und die schrittweise Integration der ehemaligen Kolonien in die Weltwirtschaft. Doch gegen die Preise importierter, hochsubventionierter EU-Nahrungsmittel haben die afrikanischen Bauern keine Chance. Die Forderungen der EU lassen den Partnerländern keine Luft, ihre Industrien zu entwickeln, Arbeitsplätze zu schaffen und damit die Menschen aus der Armut zu holen. „Den Entwicklungsländern wird die Pistole auf die Brust gesetzt – entweder sie unterzeichnen oder ihr Marktzugang zur EU wird eingeschränkt“, so die EU-Abgeordnete Ska Keller. „WPA ist das Gegenteil von Entwicklungszusammenarbeit.“ 4)euractiv.de: Merkels Afrika-Beauftragter: „EU-Freihandelsabkommen EPA macht Entwicklungshilfe zunichte“ – Artikel vom 6. November 2014
Auch Jahrzehnte nach dem Ende der Kolonialherrschaft bleiben die afrikanischen Länder fest im Griff der europäischen Mächte. Ohne Rücksicht auf Verluste werden Interessen durchgesetzt. Verhandlungen auf Augenhöhe finden hingegen nicht statt. Tagtäglich lesen wir von Flüchtlingen, die sich auf den Weg nach Europa machen. Selten wird nach den Ursachen für ihre Flucht gefragt. Nicht nur Krieg ist einer der Gründe, sondern auch Ausbeutung – und zwar durch die EU.
Fußnoten und Quellen:
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