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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Nullsummenspiel Europas: Waffenexporte erhöhen Kosten für humanitäre Hilfe
Waffenlieferungen nach Israel werden auch heute noch mit der besonderen Verantwortung Deutschlands gegenüber der jüdischen Bevölkerung begründet. „Wir wollen, dass alle dort friedlich miteinander leben.“, begründete Angela Merkel die Lieferungen im Wert von 430 Millionen Euro im letzten Jahr. 1) handelsblatt.com: „Deutschland muss Israel besonders unterstützen“ – Stand 12.05.2012
Diese Aussage ist aus mehreren Gründen sehr fragwürdig.
- Generell bleibt es weiterhin umstritten, ob Waffen wirklich zu Frieden führen. Betrachtet man die vergangenen Jahre, und damit beispielsweise die Entwicklungen im Irak und Syrien, müsste man eher auf das Gegenteil schließen.
- Zu „Alle“ gehören nicht nur jüdische Israelis, sondern auch Palästinenser. In den Leitlinien der israelischen Politik steht jedoch fest verankert, dass eine stetige Mehrheit an Israelis im Staat vorhanden sein muss, um den jüdischen Charakter aufrechtzuerhalten. Im Laufe der Vergangenheit wurden deswegen Waffen eingesetzt, um Palästinenser von der Rückkehr in deren Heimat abzuhalten, die besiedelten Gebiete zu „sichern“ und gegen Aufstände der arabischen Israelis vorzugehen.
Doch wie entstand der Konflikt – Warum die Ablehnung Israels gegenüber den Palästinensern?
Nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs und somit auch dem Holocaust verlangt das jüdische Volk nach der jahrelangen Verfolgung nun endlich einen eigenen Staat. In diesem soll vor allem deren höchstes Gut, die „Sicherheit“, gewahrt bleiben. Die Staatsgründung verläuft mit Aufständen, es kommt zur Flucht vieler damaliger Bewohner, von denen einige in Grenzregionen, dem Gaza-Streifen und der Westbank, wohnen blieben. Die restliche palästinensische Bevölkerung verteilte sich auf 58 Flüchtlingslager in den umliegenden Ländern. Während Israelis ein „Recht auf Rückkehr“ in das Land genießen, gibt es dieses nicht für Palästinenser. Dabei sehen neben den Israelis auch die Palästinenser im heutigen Israel ihr Zuhause. 2) jewishvirtuallibrary.org: The Law of Return – Stand 05.07.2015

Israelisches Militär in Siedlungsgebiet | (c) Friends123 Wikimedia Commons
Aus Wut gegen die radikalen Vertreibungen und die Ausgrenzung entwickelte sich die terroristische palästinensische Bewegung „Hamas“. Das Ziel der Gruppe ist die Errichtung eines eigenen palästinensischen Staates im Gebiet des Gazastreifens und dem Westjordanland. Bis zur ersten Intifada wurde mit friedlichen Mitteln propagiert, dann begann die Gruppe hauptsächlich mit Selbstmordanschlägen vorzugehen. Attentate werden mit harten Gegenschlägen sanktioniert. Davon betroffen sind viele Zivilisten in den besiedelten Gebieten, welche unter Generalverdacht gestellt werden. Friedensgespräche werden strikt abgelehnt, da das heutige Israel laut dem Islam unbestritten den Muslimen gehört. Deshalb wird die „Hamas“ den jüdischen Staat niemals anerkennen. 3) bpb.de: Antisemitismus und Antizionismus in der Charta der Hamas – Stand 04.07.2011
Ein wichtiger erwähnenswerter Punkt in der jungen israelischen Geschichte ist der Sechs-Tages-Krieg im Jahr 1967. In dieser kurzen Zeitspanne nahm Israel die zum Jordan gehörige Westbank ein. Seitdem leben die Palästinenser in dem Gebiet unter der Militärgesetzgebung des jüdischen Staates. Eigene politische Gruppen wurden verboten, womit ein palästinensischer Staat immer unwahrscheinlicher wurde. Verzweiflung und Wut machte sich breit. Nach einem Unfall mit einem israelischen Militärlastfahrer am 08.12.1987, der zu dem Tod von vier Palästinensern führte, kam es zur ersten Intifada. An den Aufständen waren auch viele Kinder beteiligt, die mit Steinen und Molotow-Cocktails nach den Soldaten warfen. Zur Abwehr benutzten Israelis Schlagstöcke, Tränengas und Gewehre. Die israelischen Gefängnisse füllten sich schnell mit den Sympathisanten der Aufstände – auch zwölfjährige Kinder dürfen laut der Militärgesetzgebung in den besetzten Gebieten immer noch hinter Gitter gebracht werden. 4) theguardian.com: Palestinian girl, 12, freed from Israeli jail – Stand 26.04.2016
Die Israelis bleiben um ihre nationale Sicherheit besorgt. Die größte Bedrohung geht von der palästinensischen Terrororganisation Hamas aus. Wegen deren Selbstmordattentaten und Sprengstoffanschlägen wird die palästinensische Bevölkerung unter Generalverdacht gestellt. Das schürt weiter die Aggression in den besetzten Gebieten, sowie auch bei diskriminierten, arabischen Israelis. Viele von ihnen verlieren als unschuldige Opfer ihr Leben.

Patrouille in Hebron | (c) CPT-Hebron Wikimedia Commons
Auffallend sind die unverhältnismäßigen Opferzahlen. Wenn auf der israelischen Seite eine Person ums Leben kommt, sind es auf der palästinensischen zehnmal so viele. Die Hamas verschanzt sich gezielt in palästinensischen Siedlungen, weswegen die Israelische Regierung nicht umhin kommt, Kollateralschäden für die Bekämpfung des Terrors hinzunehmen. Auch die zahlreichen Waffen der Regierung, die zum großen Teil aus Deutschland kommen, tragen einen großen Teil zu der Zahl der Opfer bei. Israel war in den Jahren 2009-2013 Deutschlands drittstärkster Waffenabnehmer. 5) spiegel.de: Die Weltkarte der Waffenexporte – Stand 08.02.2015

(c) Boevaya mashina Wikimedia Commons
Seit 2012 fließen das erste Mal auch Waffenlieferungen für die Landkriegsführung nach Israel. Diese waren davor umstritten. Sogar panzerbrechende Munition wird nun geliefert. Eine Begründung für den Meinungsumschwung wurde nicht bekannt gegeben. 6) handelsblatt.com: Deutschland beliefert Israel massiv mit Waffen – Stand 29.11.2012
Auch Frankreich und Rumänien gehören zu den größten Waffenanbietern des Staates Israel. Frankreich erstellte Exportlizenzen im Wert von 126 Millionen Euro, Deutschland genehmigt 28 Millionen und Rumänien 17 Millionen. In der EU wurden nur 28 Exportlizenzen, also 3 Prozent aller Anträge, auf Grundlage von Bedenken zur Wahrung der Menschenrechte, aus Gründen der Internationalen Sicherheit und der regionalen Stabilität abgelehnt. 7) euobserver.com: Arms exports to Israel from EU worth 200m – Stand 07.01.2009 Waffenexporte der EU nach Israel während des Jahres 2012 waren 613 Millionen Euro wert und zeigen somit eine Steigerung um 290 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Israelischen Militärunternehmen ist es desweiteren gestattet, an EU- Forschungsprogrammen teilzunehmen. Im Zeitraum von 2007 bis 2013 nahmen die israelischen Unternehmen an Forschungsprogrammen teil, welche von der EU mit 244 Millionen Euro subventioniert wurden. 8) bdsmovement.net: The case for a military embargo on Israel – Stand 19.07.2014
Europa macht sich somit zum Komplizen in Menschenrechtsverletzungen und in der Zuspitzung des bewaffneten Konflikts zwischen Israel und Palästina.
Gleichzeitig ist die EU der größte multilaterale Geldgeber der UNRWA, der Organisation für palästinensische Flüchtlinge. So spendet die EU seit dem Jahr 2000 im Durchschnitt 110 Millionen Euro pro Jahr für die UNRWA. Im Juni 2014 unterzeichneten die EU und die UNRWA eine gemeinsame Erklärung für den Zeitraum 2014-2016, der EU-Hilfsgelder von 246 Millionen Euro vorsieht. 9) EU and UNRWA sign new landmark agreement and reaffirm joint commitment to support Palestine refugees – Stand 07.06.2017 Flüchtlinge, die vor dem Waffeneinsatz fliehen, zu unterstützen und gleichzeitig immer mehr Waffen zu liefern, zeigt mal wieder die Doppelmoral der EU. Schon jetzt sind schätzungsweise 7 Millionen Palästinenser aus dem Gebiet geflohen. 10) kas.de: Die rechtliche Situationpalästinensischer Flüchtlinge – nicht mehr verfügbar

Palästinensische Familie in Flüchtlingslager | (c) Cpl. Graham A. Paulsgrove Wikimedia Commons
Riesige Geldsummen fließen nach Israel. Mehr als in die humanitäre Hilfe für Vertriebene wird der Kampf unterstützt, der kein Ende zu nehmen scheint. Die Investitionen der EU gleichen somit einem Nullsummenspiel. Die Zahl geflüchteter Palästinenser nimmt seit 60 Jahren konstant zu, und wird mit weiteren Waffenlieferungen keinesfalls abnehmen. Die Verantwortung für palästinensische Flüchtlinge liegt deshalb nicht nur bei der Hamas und der israelischen Politik, sondern auch in den Entscheidungen der deutschen und europäischen Regierungen. Einen Staat, der Menschenrechte beschneidet und eine ideologisch bedenkliche Politik führt, mit Waffen zu beliefern, bleibt höchst fragwürdig.
Fußnoten und Quellen:
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