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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Äthiopien: Ausverkauf des fruchtbaren Lands auf Kosten der Indigenen
„Es geht immer nur um Wachstum. Die neuen Farmen und Straßen, die Ausländern gehören, sind alles, was die Welt draußen mitbekommt, aber daran bereichert sich nur die Regierung. Für uns bedeutet das, dass wir unser Land verlieren und dass wir unseren Lebensunterhalt nicht mehr bestreiten können.“, so ein Student vom Volk der Oromo. 1) Human Rights Watch: Ethiopia’s Invisible Crisis – Artikel vom 22.01.2016 In Äthiopien ereignet sich fernab von den Augen der Weltgemeinschaft eine blutige Repression. Seit November 2015 haben Sicherheitskräfte hunderte Protestierende getötet und tausende inhaftiert. Der Protest startete aufgrund eines Plans der Regierung, Gebiete der indigenen Volksgruppe der Oromo an ausländische Investoren zu verpachten. Durch die gewaltsame Niederschlagung der ersten, friedlichen Demonstrationen kommt der Konflikt zu keinem Ende: Die Protestierenden misstrauen der Aussage der Regierung, die Enteignung der Kleinbauern auf Eis zu legen. Außerdem fordern sie Pressefreiheit, freie Meinungsäußerung und die Möglichkeit zur freien Informationsbeschaffung. 2) International Business Times: Ethiopia: Oromo protests will continue unless government ceases ‚killings and torture“ – Artikel vom 22.02.2016 Die Oromo sind die zahlenmäßig größte Bevölkerungsgruppe Äthiopiens, haben aber kaum eine politische Präsenz. 3) DW: Die Oromo in Äthiopien – Artikel vom 17.12.2015
Die Berichterstattung über die Proteste bleibt sowohl in Äthiopien als auch in westlichen Medien weitgehend aus. Das liegt vor allem an der enormen Repression der äthiopischen Regierung: Nachrichtenseiten und soziale Medien werden zensiert – Pressefreiheit existiert praktisch nicht. Viele Journalisten sehen sich gezwungen, zu flüchten. Deshalb wird hauptsächlich von ausländischen Journalisten oder Exil-Äthiopiern über die anhaltenden Menschenrechtsverletzungen berichtet. Auch für Journalisten aus dem Ausland ist die Arbeit schwierig: Selbst Menschen, die Interviews geben, sind von Verhaftung bedroht. 4) Human Rights Watch: Deafening Silence from Ehtiopia – Artikel vom 12.04.2016
Äthiopien erlebt einen wirtschaftlichen Aufschwung. Trotzdem verlieren große Teile der Bevölkerung ihre Lebensgrundlage. 2015 waren rund 7,5 Millionen Menschen im Land von extremem Hunger bedroht und auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Das ist auch eine Folge der zunehmenden Erderwärmung, daraus resultierenden Dürren und des Klimaphänomens El Niño. 5) Zeit Online: 7,5 Millionen Menschen in Äthiopien von Hunger bedroht – nicht mehr verfügbar Diese Ernährungsunsicherheit könnte zu einem großen Teil von fruchtbaren Ackerflächen in Äthiopien aufgefangen werden – wenn auf diesen nicht für den Export produziert werden würde. 6) Der Tagesspiegel: Äthiopien überlässt das Land den Investoren – Stand 19.04.2016
Die Landnahme in Äthiopien hat enorme Ausmaße. Die Regierung will das Land von einem Agrarstaat in einen Industriestaat verwandeln: Allerdings leben noch immer 85 Prozent der Bevölkerung von der Landwirtschaft. 7) Arte: Äthiopien: Rosen gegen den Hunger – nicht mehr verfügbar Ihr wird zunehmend Land entrissen, das sie seit Generationen bewirtschaftet, um dieses an ausländische Unternehmen zu verkaufen.
Beispielsweise baut die Münchner Firma Acazis AG in Äthiopien auf 56.000 Hektar äthiopischem Land Rizinus und Erdnüsse an. Das daraus gewonnene Non-Food-Oil wird unter anderem zur Herstellung von Biodiesel verwendet. Zuvor bewirtschafteten das Land Kleinbauern vom Volk der Oromo. Menschenrechtler kritisieren die zwangsweise Umsiedlung von zehntausenden Kleinbauern und Indigenen unter dem Deckmantel der wirtschaftlichen Entwicklung. 8) epo: Protest gegen Landraub durch ausländische Investoren – Artikel vom 06.06.2012 Damit werden aus autarken kleinbäuerlichen Gemeinden hilfsbedürftige Vertriebene.
Die Diskrepanz zwischen dem Profit für die Investoren sowie für die Regierung und der Ernährungssicherheit der Bevölkerung ist riesig. Während die Bevölkerung immer wieder unter Ernährungskrisen leidet, prophezeien Befürworter der Investitionen, dass Äthiopien ‚goldenen Zeiten‘ entgegen gehe. Daraus ergibt sich eine paradoxe Entwicklung: Äthiopien exportiert inklusive der ausländischen Investoren jährlich für etwa 1,5 Milliarden Dollar Agrarprodukte, muss aber gleichzeitig für 2 Milliarden Dollar Nahrungsmittelhilfe einführen. 9) Arte: Äthiopien: Rosen gegen den Hunger – nicht mehr verfügbar
Deutschland ist einer der wichtigsten Entwicklungspartner Äthiopiens. In den Jahren 2011 bis 2014 wurden allein in der staatlichen Entwicklungszusammenarbeit rund 100 Millionen Euro Entwicklungshilfe bereitgestellt. Damit könnte die Bundesregierung Druck ausüben, um den Menschenrechtsverletzungen Einhalt zu gebieten. Auch andere indigene Bevölkerungsgruppen, die weitgehend isoliert und autark leben, sind betroffen. Für die vertriebenen Kleinbauern bedeutet die Enteignung von Land, das sie seit Jahrhunderten bewirtschaften und damit unabhängig sind, auch einen enormen Identitätsverlust.
Stephen Corry, Direktor von Survival International, sagt: „Es muss sich etwas ändern, um sicherzustellen, dass Steuergelder nicht dafür ausgegeben werden, Regierungen zu stützen, die für die Vertreibung indigener Völker von ihrem Land verantwortlich sind. Deutschland erklärt immer wieder, dass es die Rechte indigener Völker anerkennt und einhält – doch die vielen Berichte über Menschenrechtsverletzungen im Unteren Omo-Tal stoßen auf taube Ohren, und die äthiopische Regierung, die fest entschlossen scheint, autarke indigene Völker in hilfsbedürftige Vertriebene zu verwandeln, wird weiter unterstützt.“ 10) epo: Äthiopien: Indigene hungern wegen Landraub und Mega-Staudamm – Artikel vom 10.03.2015
Fußnoten und Quellen:
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