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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Ein erbärmlicher Deal für Europa
Am Freitag, den 18. März 2016, einigten sich die EU-Mitglieder und die Türkei auf einen sehr zweifelhaften, laut den Aussagen von Oxfam und Pro Asyl sogar illegalen, Deal. Dieser Deal sieht die Rückführung jeglicher ab dem 20. März 2016 in Griechenland angekommener, also „illegal“, Geflüchteter in die Türkei vor. Dafür nimmt die EU 72 000 in der Türkei ausharrende „legale“ Syrer auf. Die restlichen 2 628 000 syrischen Geflüchteten werden wohl in der Türkei bleiben müssen – sowie auch die durch Rückführung neu dazu gekommenen. 1) faz.net: Das will die Türkei – und das bietet die EU. – Stand: 21.03.2016
Die Aufnahme der Geflüchteten erfolgt auf freiwilliger Basis der EU-Länder. 2) faz.net: EU-Länder einigen sich auf gemeinsame Linien für Türkei-Pakt. – Stand: 21.03.2016 Kein europäischer Staat musste sich verpflichten, auch nur eine einzige geflüchtete Person tatsächlich aufzunehmen. Nur zur Erinnerung: Insgesamt zählen die 28 Mitgliedstaaten der EU 500 Millionen Menschen. 3) spiegel.de: Gipfeltreffen: EU willder Türkei zunächst 72.000 Flüchtlinge abnehmen. – Stand: 21.03.2016 Deren Regierungen sind jetzt zum Handeln für die Rettung tausender Hilfsbedürftiger gefragt, und nun hat man sich auf einen solch kümmerlichen Deal geeinigt. Wenn man an die bisherige Umsiedlung von Geflüchteten in Griechenland und Italien denkt, kann man eine Vorahnung bekommen, wie schnell und engagiert sich die europäischen Staaten zur Aufnahme weiterer Geflüchteter bereit erklären werden.
Bevor eine Rückführung aus Griechenland in die Türkei stattfindet, soll jedem Ankömmling eine Prüfung seines Asylverfahrens ermöglicht werden, damit die Abschiebung noch als legal eingestuft werden kann. Dies ist jedoch mit dem Mangel an Zeit und vor allem an Personal in Griechenland kaum möglich. Eine Anfechtung im Falle einer Ablehnung des Asylverfahrens ist durch die vorige Abschiebung der Person in die Türkei ausgeschlossen. 4) spiegel.de: Gipfeltreffen: EU will der Türkei zunächst 72.000 Flüchtlinge abnehmen. – Stand: 21.03.2016
Oxfam und Pro Asyl, die UN und auch der Menschenrechtskommissar des Europarates sind sich einig: Die Türkei ist kein sicherer Drittstaat. 5) proasyl.de: EU-Türkei-Deal: Schande für Europa. – Stand 21.03.2016 , 6) alaraby.co.uk: UN: Migration expulsions under EU-Turkey deal illegal. – Stand: 21.03.2016 , 7) faz.net: UN-Hochkommissar hält Massenabschiebungen in die Türkei für „illegal“. – Stand: 21.03.2016 Für diesen Status fehlen die vollständige Ratifizierung der Genfer Flüchtlingskonvention sowie die europäischen Menschenrechtskonventionen. Letztere werden in der immer vehementeren Unterdrückung der freien Presse sowie an dem grausamen Vorgehen der türkischen Regierungen gegen die dort heimischen Kurden sehr deutlich. Zusätzlich werden immer wieder Gerüchte laut, die Türkei schiebe Syrer und Iraker vorsätzlich zurück in ihre Heimatländer ab. 8) proasyl.de: EU-Türkei-Deal: Schande für Europa. – Stand 21.03.2016 Präsident Erdogan selbst fasste seine Meinung bezüglich dieser Aspekte letzte Woche in sehr deutliche Worte: „Demokratie, Freiheit und Rechtsstaat haben für uns keinen Wert mehr“. 9) taz.de: Terrorgefahr in der Türkei. Sicher ist nur die Repression. – Stand: 21.03.2016 Einen besseren Beweis bezüglich der Fragwürdigkeit und Unzulässigkeit der Rückführungen in dieses Land hätte er nicht liefern können.
Das sind jedoch längst nicht die einzigen, sehr beunruhigenden Schwachpunkte dieses Deals. Denn berücksichtigt werden nur Bürger syrischer Herkunft. Sie sind die einzigen, die Hoffnung auf die Aufnahme in einen der europäischen Staaten schöpfen können. Und selbst von ihnen auch nur ein sehr kleiner Bruchteil. Menschen, die beispielsweise aus dem Irak oder Afghanistan, und vielen weiteren Staaten vor Krieg, Bomben, Verfolgung, Terror und Tod fliehen, werden kategorisch abgelehnt. Für sie gibt es keinen Weg, in der EU Asyl zu beantragen. Und das obwohl die meisten vor den gleichen Bomben oder auch Kämpfern des IS wie die syrische Bevölkerung fliehen. Laut der UN- Menschenrechtskonvention ist jeder Mensch gleich. Doch manche sind wohl gleicher als andere. Das sieht die EU anscheinend auch so. Sie verspricht der türkischen Regierung Visa-Liberalisierungen für ihre Bürger. Somit würden die Grenzen für 79 Millionen Staatsbürger geöffnet. 10) faz.net: Ohne Reis‘ kein Preis. – Stand: 21.03.2016 Das wirft die Frage auf: Warum dürfen die Bürger der Türkei in die EU, aber Kriegsgeflüchtete nicht?
Die angedachte Aufnahme von 72 000 Geflüchteten in das von Wohlstand gekennzeichnete Europa ist ein Witz. Allein die Stadt Berlin hat im Jahr 2015 knappe 70 000 Geflüchtete aufgenommen, doch Europa mit 28 Mitgliedstaaten vermag das nicht zu bewältigen. Wir müssen uns dafür einsetzen, den Menschen, die verzweifelt Hilfe suchen und einen Ausweg aus einer fast aussichtlosen Situation, dem Krieg, finden wollen, diese Chance zu bieten. Sie aufnehmen und ihnen Schutz bieten, unabhängig von ihrer Staatsangehörigkeit, sondern mit Fokus auf ihre Fluchtgründe. Anstatt Menschenleben für politische Zugeständnisse einzutauschen, dabei über eine sehr große Anzahl an Menschenrechtsverletzungen hinwegzusehen, um die Mauern um uns höher zu ziehen und die letzten Lücken zu schließen, sollten wie die Geflüchteten als das sehen, was sie sind: Menschen in Not!
Fußnoten und Quellen:
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