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Was bringt Menschen dazu, ihre Heimat zu verlassen und ein besseres Leben zu suchen? | Bild: © earthlink e.V. [alle Rechte vorbehalten] -
Sierra Leone: ausländische Diamantennachfrage befeuerte den Krieg in den 1990er Jahren
Anfang der 1990er Jahre marschierte die Rebellentruppe Revolutionary United Front (RUF) in Sierra Leone ein und überfiel zwei Dörfer im Grenzgebiet zu Liberia. Der vorangegangene Bürgerkrieg im Nachbarland Liberia, bei dem Sierra Leone mitgewirkt hatte, hatte zur Folge, dass mit Unterstützung des liberianischen Rebellenführers und späteren Präsidenten Liberias, Charles Taylor, einer der grausamsten Kriege Afrikas begann. Durch den allgemeinen Unmut der sierra-leonischen Bevölkerung, begründet auf der jahrzehntelangen schlechten Regierungsführung im Land, gewann die RUF schnell an Mitgliedern und wurde durch die Armee unter Zuhilfenahme von Söldnertruppen aus Südafrika bekämpft. In den elf Jahren versuchte sich ebenso die Zivilbevölkerung durch die Organisation eigens gegründeter Bürgerwehren zu schützen. Sowohl die RUF als auch die Armee und Söldnertrupps wurden in dem Zeitraum durch den Handel von Diamanten finanziert. Nachdem internationale Militärs wie die UN in den Krieg eingegriffen hatten, endete er 2002 und 2012 wurde der ehemalige Staatspräsident Liberias, Charles Taylor, von einem Sondertribunal der UN in Den Haag zu 50 Jahren Haft wegen der Unterstützung und Durchführung von Kriegsverbrechen in Sierra Leone verurteilt.1) Institut für Ökonomie und Ökumene Südwind: Der härteste Stoff der Welt. Globaler Diamantenhandel – nicht mehr verfügbar 2)Zeit Online: Kimberley Abkommen: Handel mit den Blutdiamanten geht weiter – Stand 12.01.16 3)Afrika Travel: Charles Taylor zu 50 Jahren Haft verurteilt – Stand 12.01.16
Die allgemein schlechte bzw. angespannte Stimmung im Land, die letzten Endes auch zum Krieg geführt hatte, gründet auf der Tatsache, dass die Regierungsebene jahrzehntelang anhaltend korrupt war, während große Teile der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze leben mussten. Die fehlenden Einnahmen durch die Taschenwirtschaft der Obrigkeit trugen unter anderem auch dazu bei, dass das Land eine schlechte bzw. in manchen Teilen sogar gar keine Gesundheitsversorgung anbieten konnte. Ebenso war es um den Bildungssektor bestellt. Viele konnten das Schulgeld nicht aufbringen und die Regierung hatte kein Geld für den Ausbau und die Subventionierung. Die Perspektivenlosigkeit der allgemein sehr jungen Bevölkerung brachte sie gegen die Führungseliten auf. Obwohl Sierra Leone ein reiches Rohstoffvorkommen hat, das weltweit – nach wie vor – heiß begehrt ist, rangiert das Land auf den untersten Plätzen des Human Development Index (HDI). Zu den gefragten Rohstoffen gehören die Diamanten, die vorwiegend in der Region Kono geschürft werden. Die Edelsteine, die wegen ihrer guten Beschaffenheit einen hohen Preis auf dem Weltmarkt bringen, nutzten dem Land in der Vergangenheit, wenig. Durch die Korruption der Führungseliten bereicherten sich einige wenige und viele blieben auf der Strecke. 4)bpb: Konfliktrohstoff Diamanten – Stand 12.01.16. 5) Institut für Ökonomie und Ökumene Südwind: Der härteste Stoff der Welt. Globaler Diamantenhandel – nicht mehr verfügbar
So kam es auch, dass während des Krieges die ungeminderte Nachfrage aus den Industrieländern nach den Diamanten den Konflikt weiter förderte und über ein Jahrzehnt hinweg finanzierte. Charles Taylor hatte für seine eigenen Ziele, die anderenorts ebenso militärische Auseinandersetzungen bedeuteten, genauso die Kontrolle über die Minen und die illegale Ausfuhr der Steine im Fokus, wie zuvor die opportunistische Regierung. Unter den Augen der Diamantenhändler wurden Kriegsverbrechen verübt und die internationale Abnehmerschaft der Glitzersteine verschloss die Augen bzw. fragte nicht nach der Herkunft. Natürlich sorgten auch die teilweise verschlungenen Wege, flankiert von Verschwiegenheit, über die die Blutdiamanten auf ihrer Reise in die Welt hinaus befördert wurden dafür, dass intensivere Bemühungen unternommen hätten werden müssen, um die wahre Geschichte hinter dem Kauf eines banalen Steinchens herauszufinden. 6)bpb: Konfliktrohstoff Diamanten – 12.01.16
Auf die elf Jahre Krieg, der durch den weltweiten Handel mit Blutdiamanten finanziert worden war, folgte eine langwierige Aufarbeitung der Gräueltaten. Die Gesellschaft ist bis heute durch die permanente Gewalt, die mit einer abscheulichen Brutalität durchgeführt wurde, gezeichnet. Die RUF hatte während des Krieges Gegnern, sofern sie nicht getötet wurden, die Hände, Unterarme oder Genitalien abgehakt. Auf Seiten der Rebellen waren während des Zeitraums circa 75 Prozent der Soldaten Kinder, die diese menschenverachtenden Grausamkeiten verübten. Unter Androhung erschossen zu werden, wurden viele der Kinder rekrutiert. Vom Soldaten, Lastenträger, Spion bis hin zum Sexsklaven waren sie oftmals unter stetigem und schwerem Drogeneinfluss, gezwungen ihren Peinigern zu dienen. Viele der Kinder leiden an posttraumatischen Störungen, sind depressiv und wurden von ihren Familien verstoßen, da sie in den eigenen Gemeinden ihre Gräueltaten verübten. Vertrauensverlust und generelle verwahrloste Wertevorstellungen in Bezug auf ein gemeinschaftliches Miteinander sind unter anderen auch Folgen des Krieges. Sexuell missbrauchte Mädchen gebaren Kinder für die sie Sorge tragen müssen. 7)muz online: Sierra Leone – nicht mehr verfügbar 8)Zeit Online: Sierra Leone: Herrn Jarkas neue Hände – Stand 12.01.16 9)The New Humanitarian: Violent memories still haunt war orphans – Stand 12.01.16
Eine ganze Generation ist traumatisiert und eine umfassende Hilfe gibt es eigentlich nicht, um den Teufelskreis der Gewalt endgültig durchbrechen zu können. Zwar gab es in den Jahren nach dem Krieg diverse Gesetzesbeschlüsse worin z.B. die Rechte von Kindern und Frauen geregelt wurden, um den Folgen entgegenwirken zu können. 10)giz: Sierra Leone: Geschichte und Staat – Stand 31.12.2021 Dennoch bleiben die wesentlichen Gründe, die zum Ausbruch des bewaffneten Konflikts geführt haben, bestehen. Die Korruption ist bis auf Weiteres wesentlich dafür verantwortlich, dass ein Großteil der Bevölkerung in Armut lebt und die Perspektivenlosigkeit der Jungen weiterhin ein großes Konfliktpotenzial in sich birgt.[/vc_column_text][/vc_column][/vc_row]
Fußnoten und Quellen:
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