Brand im Flüchtlingscamp Moria – Das Versagen der europäischen Asylpolitik
In der Nacht vom 9. September brachen im Flüchtlingslager Moria auf der griechischen Insel Lesbos mehrere Feuer aus. Das mit mehr als 12.000 Menschen ohnehin schon völlig überfüllte Lager war wegen der Corona-Pandemie seit Monaten von der Außenwelt abgeschnitten. 1) tagesschau: Flüchtlinge auf Lesbos – „Moria ist ein vergessener Ort“; Artikel nicht mehr verfügbar
Dass es zur einer solchen Eskalation im Lager kommen würde, war absehbar: Die Geflüchteten lebten in Moria in Zelten ohne fließendes Wasser und mit offenen Feuerstellen – vergleichbar mit einem Slum – und ihre Lage wurde durch den Ausbruch des Coronavirus noch weiter verschärft. 2) Stern: „Die wahren Brandstifter sitzen in Berlin, Brüssel oder Rom“; Artikel vom 9.9.2020 Nach dem Brand bleibt den Menschen nun nichts mehr außer der Kleidung, die sie am Leibe tragen. Hilfe in Form von Zelten, Nahrungsmitteln und Wasser wird dringend benötigt, erreicht aber bei Weitem nicht alle Betroffenen. Doch wie soll es nun weitergehen? Aus den EU-Staaten kommt zwar die Bereitschaft, Geflüchtete aufzunehmen, und auch aus deutschen Städten und Gemeinden wird signalisiert, dass man helfen möchte. Allerdings steht vor allem Bundesinnenminister Horst Seehofer einem deutschen Alleingang in dieser Frage ablehnend gegenüber und pocht auf eine europäische Lösung. 3) Augsburger Allgemeine: Reaktion auf den Brand im Flüchtlingslager – Augsburg bietet Hilfe an; Artikel vom 9.9.2020 Doch angesichts des Ausmaßes der Katastrophe bleibt wohl kaum Zeit für lange Verhandlungen – die Zustände in Lagern wie Moria wurden schon viel zu lange geduldet.
Denn letztlich ist der Brand von Moria nur die Spitze des Eisbergs und das Ergebnis einer gescheiterten europäischen Grenz- und Asylpolitik. Diese Politik der räumlichen Konzentration und der Eingrenzung von Problemen muss ein Ende haben. Allerdings scheint eher das Gegenteil der Fall zu sein: Erst kürzlich verkündete Bundeskanzlerin Angela Merkel, sie würde die Einrichtung eines neuen Flüchtlingslagers auf Lesbos begrüßen. 4) medico international: Moria – Keine griechische Tragödie; Artikel vom 9.9.2020 5) tagesschau: Merkel für EU-Lager auf Lesbos; Artikel nicht mehr verfügbar
Die Perspektivlosigkeit der Betroffenen in solchen Lagern ist erschütternd, eine weitere Eskalation der Situation absehbar. Geflohen sind diese Menschen vor Bürgerkrieg, Hunger und Gewalt in ihren Heimatländern, hauptsächlich Syrien, Afghanistan und Südsudan. Viele von ihnen befinden sich schon seit Jahren in Europas größtem Flüchtlingscamp, obwohl in Moria seit der Vereinbarung mit der Türkei 2016 eine schnelle Prüfung von Asylanträgen vorgesehen war und die Verweildauer der Menschen im Camp nur kurz sein sollte. Aber anstatt wie vorgesehen Asylanträge schnell zu bearbeiten und die Menschen entweder zurück in die Türkei oder weiter nach Nordeuropa zu schicken, wurden sie in dem Lager festgehalten – und das unter unmenschlichen Bedingungen. 6) Spiegel: Feuer im Flüchtlingslager Moria – Das Fanal für Europa; Artikel vom 9.9.2020
Eine gesamteuropäische Lösung in der Frage der Verteilung von Geflüchteten ist weiterhin fern. Dabei braucht es gerade jetzt schnelle Hilfe für die Betroffenen. Die Europäische Union ist durch das jahrelange Verdrängen der Problematik mit Schuld an der Eskalation im Camp Moria und lässt nun auch noch die Menschen, denen durch das Feuer ihr letztes Hab und Gut genommen wurde, weiterhin im Stich.
Fußnoten und Quellen:
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