Simbabwe im Abwärtstrend: Wirtschafts- und Menschenrechtslage verschlechtern sich zunehmend
Als „Afrikas Paradies“ wurde Simbabwe, die frühere britische Kolonie Rhodesien, lange von seinen Kolonialherren betitelt. Doch seit dem Jahr 2000 steckt der afrikanische Staat tief in der Krise. Aus der einstigen Kornkammer Afrikas wurde ein Land, das von politischen, ökonomischen und gesellschaftlichen Problemen gezeichnet ist. Nach Angaben der Weltbank schrumpfte die Wirtschaft des Landes zwischen den Jahren 2000 und 2008 um mindestens 45 Prozent und auch nach einer kurzeitigen Verbesserung setzte sich der wirtschaftliche Niedergang nach 2013 mit aller Wucht fort. Die Auswirkungen der Coronakrise verschärfen die schwere Krise noch mehr und verdeutlichen die Notlage der Menschen in einem Staat, der von einem repressiven Regime gelenkt wird. Die Existenzsicherung der Menschen gestaltet sich immer schwieriger. Nach Protesten gab es nun eine Verhaftungswelle. 1) LIPortal: Simbabwe; nicht mehr verfügbar 2) LIPortal: Simbabwe; Geschichte und Staat; nicht mehr verfügbar 3) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020
Unzufriedenheit in der Bevölkerung wächst
In der Bevölkerung Simbabwes wächst die Unzufriedenheit und der Unmut über die Situation ihres Landes. Viele geben der Regierung die Schuld an der Misere und werfen ihr Korruption und Misswirtschaft vor. Denn während ein Großteil der Bevölkerung täglich ums Überleben kämpft, können diese Menschen keine Unterstützung durch ihre Regierung erwarten. Im Gegenteil: Unsummen fließen in Projekte, die angesichts der katastrophalen Situation des Gesundheitssystems, der Wirtschaft und der Menschen verschwenderisch wirken. Erst kürzlich wurde aus Ministerkreisen bestätigt, dass die Regierung neue, teure Dienstwägen für hochrangige Beamte erworben hat. Dutzende der Luxusmodelle sollen auch an hochrangige Armeeoffiziere verteilt worden sein. Und das, obwohl das Land momentan von der schwersten Wirtschaftskrise seit einem Jahrzehnt gebeutelt wird. Die Inflationsrate beträgt bereits 785 Prozent. Die Gesamtkosten für diese fragwürdigen Anschaffungen wurden nicht offengelegt. Experten vermuten, dass dies einen Versuch darstellt, die Unterstützung der Regierung von Präsident Emmerson Mnangagwa in höheren Kreisen und im Militär zu stärken. Dass solche Maßnahmen der Regierung auf Unglauben, Unverständnis und Wut in der Bevölkerung stoßen, verwundert nicht. Es herrscht eine hohe Arbeitslosigkeit sowie eine Knappheit an Lebensmitteln und Alltagsgütern. Während die einheimische Währung immer weiter an Wert verliert, steigen Preise für Lebensmittel und Alltagsgüter, Mieten und sogar die Steuern immer weiter an. Die Menschen haben Schwierigkeiten, das Nötigste zu erwerben und ihre Grundversorgung zu sichern. Mangelnde Strom- und Wasserversorgung erschweren zusätzlich die Einhaltung der Hygienemaßnahmen, welche im Hinblick auf Covid-19 so wichtig wären. Schon allein das regelmäßige Händewaschen zur Prävention einer Corona-Infektion ist vielerorts unmöglich, denn viele Menschen haben nicht einmal Zugang zu ausreichend Trinkwasser. Das Welternährungsprogramm schätzt, dass mittlerweile fast 9 Millionen Menschen, rund 60 Prozent der Bevölkerung Simbabwes, humanitäre Hilfe benötigen. Auch das Gesundheitssystem ist bereits im Zusammenbruch. Die medizinische Versorgung der Bevölkerung ist bei weitem nicht gewährleistet. HIV und Tuberkulose sind weit verbreitet und stellen ein großes Problem dar. Mit Covid-19 wird das Gesundheitssystem des Landes, welches bereits vor der Pandemie überstrapaziert war, noch weiter belastet. Engpässe in den Krankenhäusern sind so drastisch, dass es oft nicht einmal mehr Bandagen, Spritzen oder Operationshandschuhe gibt. Auch an Medikamenten mangelt es, von Schutzkleidung, Schutzmasken, Beatmungsgeräten und Covid-19-Tests ganz zu schweigen. Das medizinische Personal ist stark unterbezahlt und überbelastet. Als sich Ärzte, Krankenschwestern und Pfleger jedoch für eine angemessene Bezahlung, bessere Arbeitsbedingungen und eine bessere Versorgung mit medizinischer Ausrüstung einsetzten, wurden rund 435 von ihnen aus den Kliniken entlassen. Seitdem gibt es immer mehr Tote in den Krankenhäusern, weil es zu wenig Personal gibt. Die Menschen sterben immer öfter an Krankheiten, die eigentlich heilbar wären. Mediziner sprechen sogar von einem „stillen Genozid“. Vor diesem Hintergrund erscheint es nicht überraschend, dass Menschen zunehmend auf die Straßen gehen und sich Protesten anschließen. 4) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020 5) Deutschlandfunk: Kampagne gegen Repression in Simbabwe – Präsident Mnangagwa geht gegen Kritiker vor; nicht mehr verfügbar 6) Spiegel: Versorgungskrise in Simbabwe „Der Präsident bringt uns um“; Artikel vom 08.12.2019 7) The Guardian: Zimbabwe spends millions on officials‘ luxury cars as country goes hungry; Artikel vom 07.07.2020 8) Washington Post: Zimbabwe continues arrests of critics, says opposition party; Artikel vom 03.08.2020 9) Washington Post: Scores of Zimbabwe protesters arrested, military in streets; Artikel vom 31.07.2020 10) New York Times: Zimbabwe Locks Down Capital, Thwarting Planned Protests; Artikel vom 31.07.2020Kritik ist unerwünscht
Kritik am der Regierungsvorgehen wird von der Staatsführung aber nicht gerne gesehen. Auch das verstärkt den Unmut der Menschen. Nicht länger wollen sie die staatlichen Eingriffe in ihre politischen Rechte wie die Meinungs-, Versammlungs- und Pressefreiheit erdulden. Denn politisch motivierte Verhaftungen, Einschüchterungen, Bedrohungen und systematische Gewaltanwendungen gegenüber Regierungskritikern, Demonstranten und Menschenrechtsaktivisten sind weit verbreitet. Inhaftierte werden oft schwer misshandelt. Schon in den Jahren 2018 und 2019 war es infolge von Antiregierungsprotesten zu Auseinandersetzungen mit dem Militär gekommen, bei denen einige Menschen ums Leben kamen. 11) Washington Post: Zimbabwe continues arrests of critics, says opposition party; Artikel vom 03.08.2020 12) Washington Post: Scores of Zimbabwe protesters arrested, military in streets; Artikel vom 31.07.2020 13) Deutschlandfunk: Kampagne gegen Repression in Simbabwe – Präsident Mnangagwa geht gegen Kritiker vor; nicht mehr verfügbar 14) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020 15) Spiegel: Versorgungskrise in Simbabwe „Der Präsident bringt uns um“; Artikel vom 08.12.2019 16) Amnesty International: Virus-hit prisons still full of human rights defenders, as attacks continue; Artikel vom 06.08.2020 17) Human Rights Watch: Zimbabwe: SADC, AU Should Denounce Crackdown; Artikel vom 06.08.2020 18) Amnesty International: Zimbabwe: Authorities thwart anti-corruption protests, launch a witch-hunt against activists; Artikel vom 31.07.2020 19) Human Rights Watch: Zimbabwe Detains Anti-Corruption Activists; Artikel vom 20.07.2020
Aktuell werfen Menschenrechtsorganisationen der Regierung unter Emmerson Mnangagwa vor, unter dem Deckmantel der Durchsetzung von Corona-Regelungen und Ausgangssperren gezielt gegen Kritiker, Oppositionelle und Journalisten vorzugehen. Auch sonst greifen die Polizei und Sicherheitskräfte unverhältnismäßig hart durch und verstoßen dabei oft gegen die Menschenrechte. Wer sich nicht an die Regelungen hält, dem drohen nicht nur Prügel, Auspeitschungen oder Inhaftierung. Es gab auch Tote, als Sicherheitskräfte Schüsse auf Passante abgaben. Viele Menschen wurden verletzt, viele festgenommen. 20) Deutschlandfunk: Afrika kämpft gegen das Coronavirus; Artikel vom 09.04.2020 21) Washington Post: Zimbabwe continues arrests of critics, says opposition party; Artikel vom 03.08.2020 22) Washington Post: Scores of Zimbabwe protesters arrested, military in streets; Artikel vom 31.07.2020 23) New York Times: Zimbabwe Locks Down Capital, Thwarting Planned Protests; Artikel vom 31.07.2020 24) Amnesty International: Virus-hit prisons still full of human rights defenders, as attacks continue; Artikel vom 06.08.2020 25) Human Rights Watch: Zimbabwe: SADC, AU Should Denounce Crackdown; Artikel vom 06.08.2020 26) Amnesty International: Zimbabwe: Authorities thwart anti-corruption protests, launch a witch-hunt against activists; Artikel vom 31.07.2020 27) Human Rights Watch: Zimbabwe Detains Anti-Corruption Activists; Artikel vom 20.07.2020 28) The Guardian: Booker prize-longlisted author Tsitsi Dangarembga arrested in Zimbabwe; Artikel vom 31.07.2020
Massenverhaftung nach Protesten
Erst kürzlich wurde ein bekannter Journalist und Regierungskritiker, Hopewell Chin’ono, verhaftet, nachdem er Dokumente veröffentlicht hatte, die Korruption bei der Beschaffung von medizinischem Material im Zusammenhang mit Covid-19 aufdecken. In den Dokumenten wird die Besorgnis laut, dass mächtige Personen in Simbabwe von Geschäften im mehrstelligen Millionenbereich für lebenswichtige Lieferungen zu Bekämpfung der Corona-Pandemie profitieren. In der vergangenen Woche hatte die Opposition zu Protesten gegen Korruption aufgerufen und Demonstrationen angekündigt. In Folge kam es zu einer Verhaftungswelle, die weiterhin anhält. Nur vereinzelt fanden friedliche Proteste statt, da die Polizei und das Militär schon vorsorglich ganze Städte abriegelten. Die Regierung versuchte die Proteste gewaltsam unterdrücken zu lassen. Um die Menschen von den Straßen und den Protesten fernzuhalten, gingen die Sicherheitskräfte nicht gerade sachte vor. Gewaltsam zwangen sie die Menschen von den Straßen. Es kam zu Auspeitschungen und willkürlichen Verhaftungen. Die Polizei ließ verlauten, dass jeder, der an den Protesten teilnehme, selbst schuld sei, wenn er oder sie dabei zu Schaden käme. Berichten zufolge sind mindestens 60 Menschen festgenommen worden, darunter auch die prominente Autorin Tsitsi Dangarembga, die inzwischen auf Kaution freigelassen wurde. Kritische Berichterstattung zum aktuellen Regierungsvorgehen durch Journalisten wird ebenfalls von der Regierung verhindert. Mittels Einschüchterung und Festnahmen werden Gegner, Kritiker und auch Anwälte der Opfer mundtot gemacht. Nicht nur gibt es zahlreiche Foltervorwürfe gegen staatliche Behörden, sondern auch von Verschleppungen wird berichtet. Aus Angst vor politischer Verfolgung gehen nun weniger Menschen zum Protestieren auf die Straße. Dutzende regimekritische Aktivisten und Oppositionelle sind bereits untergetaucht, nachdem die Polizei ihre Namen auf eine Fahndungsliste gesetzt hatte. Wenn staatliche Vertreter die Person, welche sie festnehmen wollen, nicht zu Hause antreffen oder finden können, zerstören sie oft ihre Häuser oder gehen stattdessen gegen Verwandte vor. Tawanda Muchehiwa, ein Journalismus-Student, wurde festgenommen, als die Sicherheitskräfte seinen Onkel, den Investigativ-Journalisten Mdudzuzi Mathuthu, nicht finden konnten. Mit der Festnahme seines Neffen sollte der Journalist gezwungen werden, aus der Deckung zu kommen. Nach Angaben von Muchehiwas Anwalt erlitt dieser in Gewahrsam schwere Verletzungen, die ihm durch Sicherheitskräfte zugefügt worden waren. Die Misshandlungen führten unteranderem zu akutem Nierenversagen. 29) The Guardian: #ZimbabweanLivesMatter: celebrities join campaign against human rights abuses; Artikel vom 05.08.2020 30) The Guardian: Booker prize-longlisted author Tsitsi Dangarembga arrested in Zimbabwe; Artikel vom 31.07.2020 31) The Guardian: Booker-longlisted author Tsitsi Dangarembga freed on bail in Zimbabwe; Artikel vom 03.08.2020 32) Washington Post: Zimbabwe continues arrests of critics, says opposition party; Artikel vom 03.08.2020 33) Washington Post: Scores of Zimbabwe protesters arrested, military in streets; Artikel vom 31.07.2020 34) New York Times: Zimbabwe Locks Down Capital, Thwarting Planned Protests; Artikel vom 31.07.2020 35) Amnesty International: Virus-hit prisons still full of human rights defenders, as attacks continue; Artikel vom 06.08.2020 36) Human Rights Watch: Zimbabwe: SADC, AU Should Denounce Crackdown; Artikel vom 06.08.2020 37) Amnesty International: Zimbabwe: Authorities thwart anti-corruption protests, launch a witch-hunt against activists; Artikel vom 31.07.2020 38) Human Rights Watch: Zimbabwe Detains Anti-Corruption Activists; Artikel vom 20.07.2020 39) Deutschlandfunk: Kampagne gegen Repression in Simbabwe – Präsident Mnangagwa geht gegen Kritiker vor; nicht mehr verfügbar 40) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020In den sozialen Netzwerken ist derweil eine neue Bewegung entstanden. Angelehnt an die BlackLivesMatter Proteste, wird mit dem Slogan #ZimbabwianLivesMatter auf die besorgniserregende Lage aufmerksam gemacht und die Einhaltung der Menschenrechte eingefordert. 41) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020 42) The Guardian: #ZimbabweanLivesMatter: celebrities join campaign against human rights abuses; Artikel vom 05.08.2020 43) Deutschlandfunk: Kampagne gegen Repression in Simbabwe – Präsident Mnangagwa geht gegen Kritiker vor; nicht mehr verfügbar 44) Human Rights Watch: Zimbabwe: SADC, AU Should Denounce Crackdown; Artikel vom 06.08.2020
Präsident Mnangagwa hält Versprechen nicht ein
Präsident Mnangagwa verteidigt unterdessen das Vorgehen der Sicherheitskräfte sowie die Festnahme von Kritikern, Oppositionellen und Journalisten. Er sprach von terroristischen Gruppierungen, die einen Aufstand zum Umsturz der demokratisch gewählten Regierung anzetteln wollten. Als er 2017 die Macht im Staat übernahm, erhofften sich viele Menschen eine Verbesserung, sowie ein Ende der Repressionen, Misswirtschaft und Korruption, die das Land seit 37 Jahren unter Diktator Mugabe geprägt hatten. Doch nun befindet sich das Land im freien Fall: der Lebensstandard verschlechtert sich immer weiter, die Wirtschaft geht zu Grunde und die Merkmale einer autoritären Herrschaft sind nach wie vor sichtbar. Die Zahl derjenigen, die während Mnangagwas dreijähriger Amtszeit wegen einer Form von Hochverrat angeklagt wurden, ist bereits höher als während der gesamten Amtszeit Mugabes. Das geht aus der Untersuchung eines Zusammenschlusses aus 22 simbabwischen Menschenrechtsgruppen hervor. Die Versprechen politischer Erneuerung wurden bisher nicht eingehalten. Kritiker werfen dem Präsidenten sogar vor, noch repressiver zu sein als sein Vorgänger. 45) Tagesschau: Verhaftungswelle in Simbabwe; Ein brutales Regime; Artikel vom 05.08.2020 46) Deutschlandfunk: Kampagne gegen Repression in Simbabwe – Präsident Mnangagwa geht gegen Kritiker vor; nicht mehr verfügbar 47) Washington Post: Scores of Zimbabwe protesters arrested, military in streets; Artikel vom 31.07.2020 48) New York Times: Zimbabwe Locks Down Capital, Thwarting Planned Protests; Artikel vom 31.07.2020
Nach Schätzungen der Vereinten Nationen und verschiedenen Menschenrechtsorganisationen ist in den vergangenen Jahren rund ein Viertel der Gesamtbevölkerung Simbabwes in das Nachbarland Südafrika geflohen, um politischer Verfolgung und dem Elend zu entgehen. In Hinblick auf die momentane Situation könnte die Zahl der Flüchtenden weiter ansteigen. 49) Spiegel: Versorgungskrise in Simbabwe „Der Präsident bringt uns um“; Artikel vom 08.12.2019
Fußnoten und Quellen:
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