Größte Staatspleite der Geschichte: Argentinien droht verheerende Armut
2001: Tausende Menschen bahnen sich lärmend ihren Weg durch die Innenstadt von Buenos Aires. Sie schlagen auf Töpfe und Pfannen, protestieren und sind wütend. Polizisten feuern in die Menge. Mehr als 20 Menschen sterben. Der Grund: Argentinien ist pleite. Das Chaos auf der Straße ist auch das Chaos in der Politik. Innerhalb von nur zwei Wochen werden fünf Präsidenten verschleißt. Das Land steht am Abgrund, die Hälfte der Bevölkerung ist plötzlich arm. Das Vertrauen ausländischer Anleger: verloren.1) Deutschlandfunk: Argentinien: Tango-Krise 2001 führte in die Staatspleite; Artikel vom 30.06.2015 Davon erholt hat sich Argentinien nie so richtig. Jetzt droht der dritte Staatsbankrott in zwanzig Jahren. Es könnte der größte der Geschichte werden.2020: Vergangene Woche wäre Argentinien eigentlich dazu verpflichtet gewesen, fällige Zinsen auf Staatsanleihen in Höhe von 500 Millionen US-Dollar an seine privaten Gläubiger zu zahlen. Die Leistung wurde nicht erbracht, das nötige Geld fehlt. Überraschend kommt das nicht. Schon lange können finanzielle Forderungen nicht mehr bedient werden. Ein aufgeblähter Staatsapparat, geringe Produktivität der Industrie, große Schattenwirtschaft, hohe Inflationsrate, Verfall der Landeswährung – Argentinien hat all das und noch viel mehr Probleme. Die Folgen sind schwerwiegend. Die Staatsverschuldung ist in den vergangenen zwei Jahren von 57 auf 90 Prozent des Bruttoinlandprodukts gestiegen. Ende 2019 lag die Gesamtverschuldung bereits bei 320 Milliarden US-Dollar. Das südamerikanische Land war zu dieser Zeit eigentlich schon zahlungsunfähig. Die einzige Chance, die jetzt bleibt, ist Umschuldung. Argentinien unterbreitete seinen privaten Gläubigern zu diesem Zweck bereits am 17. April einen Vorschlag: Die Geldgeber sollen auf 62 Prozent ihrer Ansprüche aus Zinsen und Tilgungen verzichten. Die Forderung basiert auf dem von Internationalen Währungsfonds festgestellten Entlastungsbedarf. Drei Zusammenschlüsse privater Gläubiger haben das Angebot bereits abgelehnt. Ihre Gegenvorschläge bewegen sich um eine Erleichterung von 35 bis 48 Prozent. Das ist utopisch. 2) Deutsche Welle: Südamerika: Argentinien schon wieder vor der Staatspleite; Artikel vom 23.04.2020 3) https://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2020/05" target="_blank" rel="noopener noreferrer">Epo: Argentinien: Ohne Entgegenkommen der Gläubiger droht erneute Staatspleite; Artikel vom 20.05.2020 4) Erlassjahr.de: Brief an das Sekretariat und die Mitgliedsstaaten des Pariser Clubs
Es sind aber nicht nur die privaten Gläubiger, denen Argentinien diesen Mai Geld schuldig geblieben ist. Am 5. des Monats wäre eine Zahlung in Höhe von 2,1 Milliarden US-Dollar an die Mitgliedsstaaten des Pariser Clubs fällig gewesen. Auch diese Forderung konnte nicht geleistet werden. Im Vergleich zu den privaten und multilateralen Schulden Argentiniens stellen die bilateralen Schulden gegenüber den staatlichen Geldgebern einen relativ geringen Teil der Gesamtverschuldung dar. Das Gremium steht nun in der Kritik die argentinische Position gegenüber den Privatgläubigern nicht zu stärken, mit einem Strafzins von 9 Prozent mitten in der Corona-Krise, viel eher noch zusätzlich zu schwächen. Auch die Bundesrepublik ist Mitglied des Pariser Clubs. Es liegt nicht nur in der Verantwortung der argentinischen Regierung, Bedingungen zu schaffen, unter denen die argentinische Bevölkerung die kommende Doppelbelastung aus drohender Staatspleite und den Auswirkungen von Covid-19 bewältigen kann. Wenn eine tragfähige Lösung seitens Argentiniens unrealistischen Forderungen der privaten Gläubiger zum Opfer fällt, sollte sich die internationale Gemeinschaft verpflichtet sehen, zu intervenieren. Ein erfolgreiches Ergebnis hängt letztendlich von der Beteiligung und gerechten Lastenteilung aller Gläubiger ab. Das sieht auch der IWF so. Der Fonds hält die Verbindlichkeiten des südamerikanischen Landes für nicht mehr tragbar und empfiehlt daher Zugeständnisse von den Geldgebern. Sollte es zu keiner zufriedenstellenden Einigung kommen, bedeutet diese Staatspleite vor allem schwere humanitäre Auswirkungen für die argentinische Bevölkerung. Vor der Pandemie lebten 38 Prozent des Landes in Armut. Nun ist die Quote bereits auf 45 Prozent gestiegen. 5) https://erlassjahr.de/wordpress/wp-content/uploads/2020/05" target="_blank" rel="noopener noreferrer">Epo: Argentinien: Ohne Entgegenkommen der Gläubiger droht erneute Staatspleite; Artikel vom 20.05.2020 6) Erlassjahr.de: Brief an das Sekretariat und die Mitgliedsstaaten des Pariser Clubs 7) Deutsche Welle: Gläubiger sollen Argentinien bei Staatsschulden helfen; Artikel vom 20.02.2020
Wer schon 2001 dabei war, der weiß noch, wie das ist, wenn plötzlich niemand mehr an sein Geld kommt. Damals fror die Regierung alle Sparkonten ein. Man erinnert sich noch an die Tauschgeschäfte. Gemüse, Kleidung, Zahnbehandlungen, Haareschneiden, alle gaben her, was sie eben gerade herzugeben hatten. Viel war das jedoch nicht. Der IWF hatte damals einfach immer weiter Geld in Argentinien gepumpt und so den Kollaps mit verantwortet. Auch an dieser Krise ist der Internationale Währungsfonds beteiligt. Im Juni räumte er dem damaligen Präsidenten und Trump-Verbündeten Mauricio Macri den höchsten Kredit seiner Geschichte ein. Es heißt, die US-Regierung hätte darauf gedrängt, Macri zu unterstützen. Auf 50 Milliarden Dollar folgten später ohne zu zögern weitere 6,3 Milliarden Dollar. Aus der Vergangenheit scheint der Fonds nichts gelernt zu haben. Argentinien ist im Begriff dafür zu bezahlen. Geld ist keines mehr da, die Bevölkerung wird die Pleite mit ihrer Existenz und Perspektive begleichen müssen.8) taz: Wirtschaftskrise in Argentinien: Als nichts mehr ging, ging alles weiter; Artikel vom 20.10.2011 9) Tagesspiegel: Wieso Argentinien zum dritten Mal seit 2000 pleite ist; Artikel vom 07.09.2019 Das Schicksal einer anderen südamerikanischen Nation zeigt, was das bedeutet. Venezuelas Staatsbankrott 2017 stürzte das Land in eine humanitäre Katastrophe. Vor der Corona-Krise waren mehr als vier Millionen Venezolaner auf der Flucht, täglich kamen über 5.000 dazu. 10) Welt: Venezuela: Der Welt droht der größte Staatsbankrott aller Zeiten; Artikel vom 06.04.2017 11) Epo: Venezuela: Zahl der Flüchtlinge überschreitet vier Millionen; Artikel vom 18.12.2019
Fußnoten und Quellen:
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