USA blockieren UN-Aufruf zum globalen Waffenstillstand
Eine Welt ohne Krieg – diese utopische Vorstellung wurde mehrere Wochen im Sicherheitsrat der Vereinten Nationen diskutiert. Ziel war es, eine Resolution für einen globalen Waffenstillstand zu verabschieden und den Aufruf von Antonio Guterres, dem Generalsekretär der UN, zu unterstützen. Dieser rief zu einem globalen Waffenstillstand während der Covid-19 Pandemie auf, um die katastrophalen humanitären Zustände in kriegsbetroffenen Ländern nicht noch weiter zu verschlimmern. 1)UN: Secretary-General Reiterates Appeal for Global Ceasefire: Pressemitteilung vom 3.4.2020 2)The Guardian: US blocks vote on UN’s bid for global ceasefire over reference to WHO: Artikel vom 8. Mai 2020
Die USA blockierten die Abstimmung über die Resolution im UN-Sicherheitsrat allerdings. Grund dafür ist, dass dort die Weltgesundheitsorganisation (WHO) aufgeführt ist. Donald Trump ist damit nicht einverstanden: In seinen Augen ist die Organisation für die Covid-19 Pandemie verantwortlich, da sie den Staaten Informationen vorenthalten habe und zu wenig Informationen über den Beginn der Pandemie im Reich der Mitte gesammelt habe. Für diese Behauptungen liefert der amerikanische Präsident jedoch keine Beweise. Außerdem zweifelt Trump die Unabhängigkeit der Sonderorganisation der UN von China an. So wären vertrauenswürdige Quellen, die den chinesischen Berichten über die Corona-Pandemie widersprechen, nicht näher verfolgt worden. China hingegen forderte eine explizite Nennung der WHO in der Resolution. Als ständiges Mitglied des Sicherheitsrats forderte Russland die Aufhebung von Sanktionen, die die Lieferung von medizinischen Gütern betreffen. Darunter würden die amerikanischen Sanktionen im Iran und in Venezuela fallen. Diplomatisch wird aber davon ausgegangen, dass Russland diesen Einwand zurückziehen würde, um die Verabschiedung des globalen Waffenstillstands nicht zu gefährden. Als Kompromissvorschlag sollte in der Resolution von der WHO als „spezialisierten Gesundheitsagenturen“ gesprochen werden. Trotz dieses Kompromisses blockieren die USA die Abstimmung weiterhin. Sie fordern eine kritische Erörterung der Vorgehensweisen während der Pandemie, sowohl von China als auch der WHO. Auf ihrer Jahrestagung am 18. Mai widersprachen sie einem Beschluss, der eine weitreichende, transparente Untersuchung der Pandemie ermöglichen soll. Dieser Plan wird von 120 Ländern unterstützt. Allerdings fehlt der Weltgesundheitsorganisation das Recht, unabhängige Recherchen in einzelnen Ländern durchzuführen. Zusammen mit anderen Ländern war die US-Regierung nicht bereit, dieses Recht einzugestehen – vermutlich um von eigenen Versäumnissen in der Corona-Krise abzulenken. Antonio Guterres‘ Appell für einen globalen Waffenstillstand wäre ein großer, symbolischer Akt für den Frieden gewesen – die Blockade dieser Resolution hat nun ebenso großen symbolischen Wert. 3)ZEIT: USA drohen der WHO mit endgültigem Zahlungsstopp und Austritt: Artikel vom 19.05.2020 4)ZEIT: Donald Trump ebnet China den Weg zur Weltmacht: Artikel vom 19.5.2020 5)UN: Secretary-General Reiterates Appeal for Global Ceasefire: Pressemitteilung vom 3.4.2020 6)The Guardian: US blocks vote on UN’s bid for global ceasefire over reference to WHO: Artikel vom 8. Mai 2020
Wenn sich die fünf mächtigsten Länder der Welt im Angesicht einer globalen Pandemie nicht darauf einigen können, die ohnehin schon krisengebeutelten Regionen mit einem Aufruf zum Waffenstillstand zu schützen, verkommen die UN immer mehr zu einer globalen Arena der Macht. Für Trump wäre die amerikanische Beteiligung an der Resolution nun endlich die Chance gewesen, einen kleinen Schritt in Richtung seines so sehr gewünschten Friedensnobelpreises zu gehen. Die Menschen, die in den Konfliktherden dieser Welt leben, interessieren diese machttaktischen Überlegungen natürlich herzlich wenig. Wenn in Deutschland die ersten Biergärten geöffnet werden und Entsetzen über den Wirtschaftseinbruch herrscht, wird sich in den Krisenherden der Welt ein perfekter Sturm entfachen. Politisch, ökonomisch und sozial sind Länder wie Syrien, Jemen oder Somalia ohnehin schon am Boden. Die Pandemie, die Europa, China, Russland und die USA mit voller Härte traf, wird vor diesen Ländern keinen Halt machen und noch mehr Menschen aus ihrer Heimat vertreiben. In dieser Zeit wäre es umso wichtig, ein ernstzunehmendes Zeichen für den Frieden und die globale Solidarität zu setzen. Die wochenlange Diskussion um eine größtenteils symbolische Resolution ist ein unwürdiges Schauspiel für die Vereinten Nationen, die immer mehr von nationalen Einzelinteressen verschluckt werden.
Fußnoten und Quellen:
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