„Hauptmann Motorsäge“: Der brasilianische Präsident Bolsonaro ist eine Katastrophe für den Amazonas
Während Covid-19 die ganze Welt in Atem hält, werden im Amazonas in Rekordtempo Bäume abgeholzt. Die Folgen bedrohen Mensch, Natur und Umwelt. Von Anteilnahme, ähnlich der Besorgnis wegen der Brände im vergangenen Sommer, fehlt dabei jede Spur. Das Corona-Virus ist zu groß und zu präsent. Die Zerstörung in den Hintergrund geraten zu lassen, wäre jedoch fatal, denn sie treibt nicht nur den Klimawandel an und zwingt so jährlich mehr als 26 Millionen Menschen in die Flucht. Auch Pandemien könnten künftig häufiger auftreten. 1) epo.de: Klimaflüchtlinge: Mehr als 26 Millionen Menschen jährlich vertrieben; Artikel vom 09.11.2017
Maßgeblich verantwortlich für die steigende Deforestation ist der brasilianische Präsident Jair Bolsonaro. Für ihn ist Umweltschutz etwas für „Leute, die Grünzeug essen“. Umweltschutzbeamte sind „eine Strafzettelindustrie“. Und Indigene leben „wie Tiere im Zoo“. Bereits im Wahlkampf kündigte der Politiker an, Amazonien für die wirtschaftliche Nutzung freizugeben und die Strafen für Verstöße zu reduzieren. Besonders widerrechtliche Holzfäller, Viehzüchter, Spekulanten und Großgrundbesitzer fühlten sich ermutigt, sich am Regenwald zu bedienen. Klimapolitisch ist das eine Katastrophe. Selbst wenn wir jetzt sofort aufhören würden, fossile Energieträger zu verbrennen und so CO2 aus zustoßen, würde es noch eine Weile dauern bis sich das Klima stabilisiert. Umso wichtiger ist es, schnell und effektiv zu reagieren. Laut Schätzungen binden Regenwälder weltweit etwa 250 Milliarden Tonnen Kohlendioxid. Das entspricht dem 90-fachen der aktuellen jährlichen globalen menschengemachten Treibhausgas-Emissionen. Sinkt die Anzahl intakter Regenwälder, sinkt auch dieser Wert. Warum der Amazonas wichtig für die menschliche Existenz ist, sollte deshalb eigentlich jeder verstehen. Bolsonaro versteht’s nicht. Seit seinem Wahlantritt 2019 ist die Zerstörung des Amazonas rapide fortgeschritten. Zwischen Januar und März dieses Jahres wurden im Amazonasbecken 796 Quadratkilometer Regenwald abgeholzt – das ist eine Fläche ungefähr so groß wie New York City – 51 Prozent mehr als im Vorjahr. Im April lag der Wert sogar bei 64 Prozent. 2) Spiegel: Klimawandel: Regenwälder speichern bis zu 30 Prozent weniger CO2; Artikel vom 05.03.2020 3) Greenpeace: Ist der Klimawandel noch aufzuhalten?; Zuletzt aufgerufen am 18.05.2020
Für die vielen Eingeborenen des Landes stellt die Ignoranz des Präsidenten bereits jetzt eine existenzielle Bedrohung dar. Vale do Javari ist eines der größten Indigenen-Reservate Brasiliens. Ein Areal so groß wie Österreich beheimatet rund 5000 Ureinwohner verschiedener Ethnien. Sie pflegen kaum Kontakt zur Außenwelt und leben noch wie vor Hunderten von Jahren. Die Eindringlinge vertreiben die Ureinwohner oft mit Gewalt, greifen Umweltschützer und Aktivisten an, bringen Krankheiten und haben sich inzwischen sogar zu einer Art Mafia verbunden, die weitaus besser vernetzt ist, als es von außen scheint. Auch vor dem Morden schrecken sie nicht zurück. Seit 2009 wurden bereits mehr als 300 Menschen bei Landkonflikten im Amazonasgebiet getötet. Nur in 14 Fällen kam es zu einem Prozess. Die Mafiosos waren es auch, die im August hinter den Zehntausenden Bränden im Amazonasbecken steckten. Bolsonaro leugnete die Feuer damals so lange vor der Weltöffentlichkeit, bis es wirklich nichts mehr zu leugnen gab und beschuldigte dann Umweltschutz- und Menschenrechtsbehörden, die Katastrophe sei lediglich ein billiger Trick, um ihm eins auszuwischen. 4) Tagesspiegel: Wie Brasiliens Präsident die „Regenwald Mafia“ wüten lässt; Artikel vom 05.10.2019 5) Zeit: Brasilien: Der Urwald soll brennen!; Artikel vom 23.08.2019 Diese Institutionen sind eigentlich die einzigen verbleibenden Instanzen, die der illegalen Abholzung noch entgegenwirken. Aktuell werden jedoch weniger Kontrolleure und Kontrolleurinnen in die gefährdeten Gebiete geschickt, um die Mitarbeiter vor der Pandemie zu schützen. Die Corona bedingte wirtschaftliche Unsicherheit und Armut könnte zudem dazu motivieren, den Regenwald für neue Geldquellen zu missbrauchen.
Wie sehr der Mensch von dem Zustand seines Lebensraumes abhängt, verdeutlicht nicht nur der Klimawandel. Die Vernichtung großer Flächen Regenwald bedroht auch direkt die menschliche Gesundheit. Laut der WHO stehen 23 Prozent der weltweiten Todesfälle in Zusammenhang mit Luft- und Wasserverschmutzung oder der Belastung durch klimatische Extreme. Noch deutlicher wird der Zusammenhang, wenn Erreger von Tieren auf den Menschen übertragen werden, wie bei Ebola, Malaria oder dem Corona-Virus. Im Fachchargon bezeichnet man diese Art von Infektionskrankheiten als „Zoonosen“. Die Zerstörung von Ökosystemen führt zu einem Austausch zwischen Tierarten, die sich in einer intakten Natur nicht begegnen würden. So können Krankheiten von einer Spezies auf die andere übertragen werden und auch auf den Menschen überspringen. Experten und Expertinnen gehen davon aus, dass Pandemien an Häufigkeit gewinnen, wenn weiter große Flächen Regenwald abgeholzt werden. Studien aus Brasilien zeigen, dass schon ein geringer Prozentteil an zerstörtem Regenwald ausreicht, um die Fälle von Malaria um bis zur Hälfte ansteigen zu lassen. Malaria wird von einer bestimmten Mückenart übertragen. Diese Erkenntnis verdeutlicht einmal mehr, dass rücksichtsloses menschliches Wüten letztendlich wohl niemandem so sehr schadet wie dem Menschen selbst. 6) Utopia: Im Schatten von Corona: Im Amazonas passiert gerade eine große Katastrophe; Artikel vom 11.05.2020 7) Deutschlandfunk: „Eine intakte Natur ist ein Bollwerk gegen Pandemien“; Artikel vom 07.04.2020
Fußnoten und Quellen:
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