Agrarstoffhandel: Wie Investitionen von Superreichen die Abholzung von Wäldern fördern
Der Klimawandel ist menschengemacht und vor allem die Abholzung von Wäldern als direkte Folge landwirtschaftlicher Produktion stellt eine der größten Bedrohungen für die Umwelt dar, das ist wissenschaftlich schon lange bewiesen. Auch wenn diese Tatsache immer noch teilweise von Politikern nicht ernstgenommen oder verleugnet wird, ist die Klimakrise und ihre Folgen in der Öffentlichkeit derzeit so präsent wie nie zuvor und auch die Wissenschaft liefert immer wieder neue Erkenntnisse über die katastrophalen Ausmaße. Expert*innen sagen voraus, dass in den nächsten 50 Jahren zwischen 250 Millionen und einer Milliarde Menschen gezwungen sein werden ihre Heimat zu verlassen aufgrund von Klimakatastrophen. Was hingegen bisher wenig wissenschaftlich erforscht ist, ist die Frage, wie private Investitionen im landwirtschaftlichen Sektor zur Zerstörung der Umwelt beitragen. 1)UNO Flüchtlingshilfe: Klimawandel als Fluchtgrund – letzter Stand 04.03.2020
Eine Studie des Centre of Development and Environment der Universität Bern hat sich nun erstmals der Frage gewidmet, ob es einen Zusammenhang zwischen der Entwaldung im Globalen Süden und Investitionen durch Privatpersonen im Agrarsektor gibt. Über einen Zeitraum von 13 Jahren, von 1991 bis 2014, untersuchten die Wissenschaftler in 21 Ländern Lateinamerikas und Südostasiens, wie sich der Kapitalfluss durch Superreiche im Agrarsektor veränderte. Dabei stellten sie fest, dass Privatpersonen vermehrt in den Anbau sogenannter „Flex-Crops“ investieren. Flex-Crops bezeichnen landwirtschaftliche Produkte wie Soja, Palmöl oder Zuckerrohr die sowohl der Nahrungs- und Futtermittelproduktion, als auch als Rohstoff für Treibstoff oder industrielle Produkte dienen. Der Boom dieser Produkte geht auf verschiedene sozio-ökonomische Entwicklungen zurück. So lag beispielsweise die weltweite Soja Ernte zuletzt bei 360 Millionen Tonnen, was einem Zuwachs von 70 Prozent im Vergleich zu vor 10 Jahren entspricht In der EU werden 87 Prozent als Futtermittel für die Viehzucht weiterverarbeitet, sechs Prozent wird zu Biodiesel und sieben Prozent kommen als Nahrungsmittel auf den Teller. 2)Universität Bern: Investitionen von Superreichen fördern die Abholzung – Artikel vom 27.02.2020 3)Deutsche Welle: Soja – Segen oder Fluch fürs Klima – Artikel vom 12.09.2019
Um Platz für Anbauflächen zu schaffen müssen ganze Wälder im globalen Süden weichen, was verheerende Folgen für das Ökosystem und die Artenvielfalt der jeweiligen Region mit sich bringt. In Brasilien hat sich die Anbaufläche für Soja in den letzten 20 Jahren auf 340.000 Quadratkilometer vervierfacht. Um die Ausmaße deutlich zu machen: Das entspricht etwa der Größe Deutschlands. Die Abholzung der Wälder hat nicht nur für das Ökosystem und deren Artenvielfalt zerstörerische Folgen, dabei werden auch noch immense Summen an Kohlenstoff freigesetzt. Als Folge dessen ist der Anbau der Flex-Crops weltweit für ein Viertel der Emissionen verantwortlich, die bei der Entwaldung freigesetzt werden. 4)Deutsche Welle: Soja – Segen oder Fluch fürs Klima – Artikel vom 12.09.2019 5)Entwicklungspolitikonline: Investitionen von Superreichen fördern die Abholzung – Artikel vom 27.02.2020
Die Studie kommt zu zwei Erkenntnissen: Einerseits steht eine Vermögenszunahme von Privatpersonen in direktem Zusammenhang mit dem Zufluss ausländischer Direktinvestitionen in die Landwirtschaft der beiden Regionen. Bei einer Vermehrung des Vermögens der Superreichen um 1 Prozent steigt die Ausweitung der Flex-Crop-Anbauflächen um 2,4 bis 10 Prozent. Andererseits investieren immer mehr Privatpersonen ihr Vermögen in den Agrarsektor des globalen Südens, weil Erträge traditioneller Investitionen zurückgehen und sie von der Erwartung hoher Renditen solcher Kapitalanlagen angezogen werden. 6)Universität Bern: Investitionen von Superreichen fördern die Abholzung – Artikel vom 27.02.2020
Graziano Ceddia, der die Studie durchführte, schlussfolgert: „Die Studienresultate verdeutlichen, dass es wichtig ist, die Auswirkungen von Ungleichheit auf die Umwelt zu untersuchen und sich dabei nicht nur auf die Verteilung der Einkommen zu konzentrieren, sondern auch auf die Verteilung der Vermögen“. 7)Universität Bern: Investitionen von Superreichen fördern die Abholzung – Artikel vom 27.02.2020
Um Umweltrisiken also nachhaltig und auf lange Sicht reduzieren zu können, müssen soziale Ungleichheiten verringert werden, vor allem hinsichtlich der Vermögensverteilung.
Fußnoten und Quellen:
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