UN-Friedensmissionen durch schlechte Zahlungsmoral gefährdet
Am vergangenen Dienstag richtete sich UN-Generalsekretär António Guterres an die Mitgliedsstaaten der Organisation und teilte ihnen mit, dass die Vereinten Nationen unter einer Finanzkrise leiden. Bereits Ende des Monats könne es passieren, dass die UNO ihre Reserven aufgebraucht habe und vermutlich im November nicht mehr in der Lage sei, ihre Mitarbeiter und Lieferanten zu bezahlen. 1) Süddeutsche Zeitung: Den UN geht das Geld aus; Artikel vom 10.10.2019 Guterres forderte die Mitgliedsländer unmissverständlich auf, ihre Beitragszahlungen für dieses Jahr zu tätigen, falls sie dies noch nicht getan hätten. Von insgesamt 64 Ländern fehlen die Zahlungen bisher noch, darunter die USA, die mit etwa 22 Prozent den größten Beitrag zum Haushaltsbudget der UNO leisten. 2) Deutschlandfunk Nova: Der UNO geht das Geld aus; nicht mehr verfügbar Der amerikanische Präsident Donald Trump kritisiert indes, dass dieser Beitrag ungerecht und viel zu hoch sei und forderte zum wiederholten Male eine Reform des Systems. 3) Zeit Online: UN können womöglich Beschäftigte nicht mehr bezahlen; Artikel vom 09.10.2019 Neben den USA schulden unter anderem Saudi Arabien, Iran, Brasilien, Israel, Mexiko, Südkorea und Uruguay den Vereinten Nationen noch Geld. Guterres sagte weiterhin, dass der UN-Klimagipfel im vergangenen Monat nicht möglich gewesen wäre, wenn die Organisation nicht schon seit Beginn des Jahres streng gespart hätte. Wenn nicht bald das fehlende Geld von den Mitgliedsstaaten komme, werde in vielen Bereichen eingespart werden müssen – so zum Beispiel bei den Reisen von Mitarbeitern. Viel wichtiger ist jedoch, dass die Vereinten Nationen ohne finanzielle Mittel ihrer Aufgabe, nämlich der Sicherung des Friedens in der Welt, nicht nachkommen können. Hierbei ist es zunächst wichtig, sich vor Augen zu führen, wie sich die UNO überhaupt finanziert. Die Pflichtbeiträge zum „ordentlichen Haushalt“ der Organisation werden alle zwei Jahre neu berechnet und mit einem speziellen Schlüssel festgelegt, der sich am jeweiligen Bruttonationaleinkommen sowie der Zahlungsfähigkeit der Länder orientiert. Damit die UNO nicht finanziell zu sehr von einem Land abhängig ist, liegt der maximale Beitrag eines Landes zum Haushaltsbudget bei 22 Prozent – also genau der Anteil, den die USA aktuell leisten. 4) Deutsche Gesellschaft für die Vereinten Nationen e.V.: Finanzierung des UN-Systems; nicht mehr verfügbar Der Finanzbeitrag zu UN-Friedensmissionen hingegen fließt in einen separaten Haushalt und wird nach einem Sonderschlüssel berechnet, bei dem die fünf Vetomächte des UN-Sicherheitsrats aufgrund ihrer größeren sicherheitspolitischen Verantwortung stärker belastet werden. Im Gegensatz zum ordentlichen Haushalt wird dieser jedes Jahr neu verhandelt und dient allein der Finanzierung der anstehenden UN-Friedensmissionen. Hier wird aktuell für die USA ein Anteil von ca. 28,5 Prozent vorgesehen. 5) Ständige Vertretung der Bundesrepublik Deutschland bei den Vereinten Nationen: Finanzierung der VN – Deutschland im fünften Ausschuss; zuletzt aufgerufen am 14.10.2019
Die Haltung des US-Präsidenten gegenüber den Vereinten Nationen ist allerdings klar: Erst auf seiner letzten Rede vor der UN-Vollversammlung am 24. September sprach er sich erneut für Nationalismus und Patriotismus aus und bekräftigte seine „America first“-Politik. 6) Ntv: Trump plädiert für Patriotismus; Artikel vom 24.09.2019 Bereits im Wahlkampf und zu seinem Amtsantritt hatte Trump sich dafür ausgesprochen, dass die Beiträge seines Landes zum UNO-Haushalt und den Friedensmissionen gesenkt werden müssen. 7) Deutsche Welle: Vereinte Nationen: Sparen mit Donald Trump?; Artikel vom 18.09.2017 So war im Jahr 2017 auch auf Drängen der USA, die die Organisation wiederholt als „ineffizient“ bezeichnet hatten, das UNO-Budget um insgesamt 285 Millionen US-Dollar gekürzt worden. 8) Zeit Online: UN-Vollversammlung kürzt Budget um 285 Millionen Dollar; Artikel vom 27.12.2017 Diese Kürzung betraf zwar das Betriebsbudget der Vereinten Nationen, nicht aber das Budget für Friedensmissionen. Unter Donald Trump zieht sich die Amerika indes mehr und mehr aus der Organisation zurück. So traten sie beispielsweise 2018 aus dem UN-Klimaschutzabkommen aus und sorgten damit weltweit für Empörung und Entsetzen. Im selben Jahr kündigten die USA zudem an, auch ihren Beitrag zu den Friedensmissionen der UNO von 28,5 auf 25 Prozent zu kürzen. 9) Wirtschaftswoche: USA kürzen Beitrag für UN-Friedensmissionen; Artikel vom 29.03.2018 Doch noch nicht einmal dieser Beitrag wurde für das laufende Jahr an die Vereinten Nationen gezahlt. Während also die fehlenden Pflichtzahlungen zum Betriebsbudget möglicherweise dazu führen, dass Mitarbeiter der Organisation nicht mehr bezahlt werden können, bedeuten die Defizite im Budget für Friedensmissionen unter anderem den Abzug von Blauhelmen aus Krisengebieten. So wurden auf Druck der USA hin bereits 2018 die Einsätze in der Demokratischen Republik Kongo und in Haiti verkleinert. 10) Frankfurter Rundschau: Was wird aus den UN-Missionen?; Artikel vom 11.02.2018 Je weniger Geld den Vereinten Nationen zur Verfügung steht, desto weniger sind sie handlungsfähig und können ihre Aufgabe – die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit – erfüllen. Und auch wenn Blauhelmeinsätze oftmals Kritik ausgesetzt sind und ihre Erfolgschancen in Frage gestellt werden, so leisten sie dennoch einen wichtigen Beitrag zur Stabilisierung in vielen Regionen und senken dort das Risiko eines Bürgerkriegs. 11) Frankfurter Rundschau: Was wird aus den UN-Missionen?; Artikel vom 11.02.2018 Wenn sich also wichtige Geldgeber wie die USA weiterhin weigern, die UNO finanziell zu unterstützen, kann das schlimme Folgen für Menschen in Krisenregionen haben. Bürgerkrieg und Staatszerfall könnten dann wahrscheinlicher werden und für die betroffene Bevölkerung eine ernsthafte Gefahr ihrer Lebensgrundlage darstellen. Unsicherheit, Gewalt und Angst sind Faktoren, die Menschen zur Flucht aus ihrer Heimat bewegen und die bei einer Verringerung von UNO-Friedensmissionen verstärkt auftreten könnten. Es ist daher unerlässlich, dass weiterhin alle Staaten, besonders diejenigen, die wirtschaftlich stark sind und eine große sicherheitspolitische Verantwortung tragen, ihren Beitrag leisten, dass die Vereinten Nationen handlungsfähig bleiben. Nationalismus und Egoismus stellen an dieser Stelle keine Alternativen zu globalem und solidarischem Handeln dar, um Menschen in Krisenregionen zu unterstützen und als Weltgemeinschaft zusammenzuhalten.Fußnoten und Quellen:
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