Ghana: Wenn Exporte aus Europa die innerstaatliche Wirtschaft beeinträchtigen
Tonnenweise werden Güter von Europa nach Afrika geschickt – Lebensmittel wie Tomaten oder Tiefkühlhühnchen, aber auch Kleidung aus Sammelstellen. 1)zeit: Ein Mann pflückt gegen Europa; 30.12.2015 2)utopia:Kleiderspende statt Altkleidercontainer: Gebrauchte Klamotten sinnvoll spenden; 14.11.2018
Am Beispiel von Tiefkühlhühnchen zeigt sich besonders gut, wie die Importe die innerstaatliche Wirtschaft verändern.
Ghana importiert im Jahr circa 300.000 Tonne Hühnchenfleisch – auch aus der EU. Die große Menge, die aus der EU importiert wird, lässt sich auch dadurch erklären, dass in Europa eine Vorliebe für Hühnchenbrustfilets besteht. Andere Teile, wie Schenkel, gelten in Europa als quasi unverkäuflich und kommen dann nach Afrika. Dort werden sie für den halben Preis des Preises der lokalen Produkte verkauft. Dass sie so günstig verkauft werden können, liegt unter anderem an Massentierhaltung und Subventionierungen.
Weil das Tiefkühlfleisch aus Europa so viel günstiger ist, lassen sich die Hühnchen aus Ghana nicht mehr so gut verkaufen. Die Geflügelbranche in Ghana ist nahezu nicht mehr existent.
In Ghana begann der Import von Tiefkühlgeflügel nach der großen Dürre 1983, der schließlich in den 90er Jahren boomte. Mittlerweile ist der eigene Marktanteil durch die fehlende Wettbewerbsfähigkeit stark geschrumpft. Kritiker sehen häufig in Handelspartnerschaften und der Marktöffnung das Problem.
Viele der Betroffenen wünschen sich daher mehr politische und finanzielle Unterstützung um teures Futtermittel oder Kühlräume zu kaufen.
Nach Ghanas Landwirtschaftsexperten sollen verschiedene Schritte weitergehend vorgenommen werden, wie die Suche nach Investoren, Stabilisierung der Preise für Futtermittel, Zertifizierungslabels oder Öffentlichkeitsarbeit. Alles Schritte, um die inländische Geflügelbranche zu konsolidieren.
Die Frage nach einem Verbot wird allerdings kritisch gesehen. Ein Geflügelfarmer (Michael Nyarko Ampem) hält ein Verbot für problematisch und begründet dies am Beispiel Kameruns: Dort wurde 2006 ein Verbot für den Import von ausländischen Hühnchen ausgesprochen. Die Folge war, dass die Mäster den Bedarf an Geflügel nicht alleine decken konnten.
Manche der Betroffenen, die sich nicht mehr finanzieren können, entscheiden sich schließlich dafür, das Land zu verlassen. Die Geschichte eines Geflügelhändlers, der so verzweifelt war, dass er nach Libyen ging und von dort aus mit einem Schlepperboot weiter reisen wollte, jedoch im Mittelmeer ertrank, steht symbolisch für die Krise vieler Menschen in Ghana, die ihre Lebensgrundlage durch Importe verloren. 3)deutschlandfunk:Ghana und das globale Huhn; 17.11.2018 4)deutschlandfunk: Ghanas Bauern leiden unter Geflügel-Importen; 14.11.2018 5)dw: Ghana: Die letzten Geflügelzüchter vor dem Aus; 18.3.2019 6)Frankfurter Rundschau: Deutsche essen 60 Kilogramm Fleisch im Jahr; 29.3.2019
Nicht nur Tiefkühlgeflügel kommt von Europa nach Afrika. So kommt es zu den absurdesten Situationen: Ghana gilt als eines der wichtigsten Ananas-Anbaugebieten und trotzdem steht in einem der großen Supermärkte in Accra Ananas Saft der Marke Rauch, abgefüllt in Ungarn. 7)sz: EU-Importe torpedieren Afrikas Wirtschaft; 29.12.2016
Tonnenweise kommen Ananas Saft, Huhn oder Tomaten aus Europa. Agrarkonzerne aus Italien verschicken ihre Ware nach Afrika. Ghanaische Farmer haben dadurch Probleme, ihre Tomaten an den Mann zu bringen.
Und das führt zu einer weiteren paradoxen Situation: Es kann sein, dass die Tomaten, die wieder in Afrika ankommen, von ghanaischen Flüchtlingen in Italien geerntet wurden, die aufgrund ihrer prekären Lage in Ghana flüchten mussten – und nun das gleiche tun, was sie in ihrem Heimatland auch taten. 8)zeit: Ein Mann pflückt gegen Europa; 30.12.2015
In anderen afrikanischen Ländern herrscht ein ähnlicher Zustand. Nicht nur Lebensmittel, sondern auch Textilien sind wichtige Importgüter.
In Ostafrika war die Textilbranche in den 70er Jahren eine der wichtigsten Branchen. Heute ist sie kaum mehr relevant. Der Grund: Vor allem Alt-Kleideranbieter. Allein in Tansania sollen circa 80.000 Beschäftigte der Textilindustrie durch Kleiderspenden ihre Arbeit verloren haben. Ein Verbot solcher Einfuhren wird jedoch auch hier kritisch gesehen – aus Angst vor einem entstehenden Schwarzmarkt. 9)Augsburger Allgemeine: Warum Afrika unsere Altkleider nicht will; 27.06.2018 10)utopia:Kleiderspende statt Altkleidercontainer: Gebrauchte Klamotten sinnvoll spenden; 14.11.2018
Importe aus Europa sind gegenüber den einheimischen Produkten nahezu konkurrenzlos und sorgen auch dafür, dass Menschen sich nicht mehr durch ihre Produkte finanzieren können. Viele von ihnen sehen sich dazu gezwungen, aufgrund ihrer ökonomischen Aussichtslosigkeit zu fliehen. Verbote werden von Vielen nicht als Lösung erachtet. Auch wenn die Importe zunächst die Lage vorangetrieben haben, ist es nun vor allem wichtig, dass die lokale Wirtschaft unterstützt wird und Importe nicht mehr einen so hohen Anteil darstellen.
Fußnoten und Quellen:
Hermann Werner
Veröffentlicht um 00:25h, 01 MaiMassenwanderung zu unterstützen ist die falsche Herangehensweise um der Problematik entgegenwirken zu wollen! Menschen sollten in ihren Ländern für bessere Umstände kämpfen! Sie sollten die Politik und die Wirtschaftslobby verändern bzw. vereint die Vorhandene bekämpfen! Dazu sollte man sie ermutigen. Nur so wird das was. Eine One-World-Politik klappt nunmal nicht. Im- und Export sollte stärker überwacht werden!