Burkina Faso: Humanitäre Krise erschüttert das Land
In der Sahel-Zone, die die Länder Mali, Niger, Tschad, Burkina-Faso und Mauretanien umfasst, benötigen rund 1,2 Millionen Menschen dringende Hilfe. Diese fünf Staaten gehören zu den ärmsten Ländern der Welt und drohen mehr denn je in Chaos und Problemen zu versinken. Seit Anfang Januar 2019 gilt in mehreren Provinzen des westafrikanischen Staates Burkina Faso der Ausnahmezustand. Dies ist das Ergebnis mehrfacher terroristischer Anschläge, die zu Auseinandersetzungen zwischen terroristischen Zellen und Sicherheitskräften, trotz Gründung einer regionalen Streitmacht (G5), führten. Tagtäglich drohen neue Angriffe von islamistischen Militanten, die mit Al-Qaida und dem Islamischen Staat in Verbindung stehen. Am 2. März eskalierte die Lage im Zentrum der Hauptstadt von Burkina Faso, dabei wurden von zwei Gruppen Angriffe auf das Armeehauptquartier und die französische Botschaft durchgeführt. 1) Crisis Group: Burkina Faso’s Alarming Escalation of Jihadist Violence, Artikel vom 5.3.2019
Jedoch setze sich in Burkina Faso eine Entwicklung fort, die schon vor mehr als zehn Jahren im Norden von Mali begonnen hat. Nach Angaben der Tagesschau: „Kamen damals radikale islamistischen Gruppen aus Algerien nach Nord-Mali. Sie etablierten sich dort, schnürten lokale Konflikte und Krisen. So begann die Destabilisierung von Mali. Jetzt geht es in Burkina Faso weiter.“ Mittlerweile geht es nicht nur um die islamistische Ideologie, sondern auch um soziale Unruhe. Menschen, die unter der katastrophalen Wirtschaftslage leiden, schließen sich diesen Terrorgruppen an. Dabei glauben sie keineswegs ans Kalifat oder an die Ideologie, die Al-Kaida entwickelt hat. 2) Tagesschau: Im Teufelskreis des Terrors, Artikel nicht mehr verfügbar
Burkina Faso wurde zu einem leichten Ziel für solche Angriffe durch die Schwäche des Sicherheitsapparates im Land. Seit dem Sturz des ehemaligen Präsidenten Blaise Compaoré im Oktober 2014 ist die Armee deutlich unorganisierter. Bei Compaoré basierten Intelligenzkapazitäten auf starken Einzelpersonen. Da diese Personen nicht mehr Teil der Regierung sind, braucht es Zeit, um leistungsfähige Institutionen wieder aufzubauen. Nichtsdestotrotz hat sich die Beziehung schon in seiner Amtszeit zwischen der Regierung und den verschiedenen bewaffneten Gruppen der Sahelzone geändert. Von Mitte der 2000er Jahre bis 2012 hatte das Regime Vereinbarungen mit bewaffneten Gruppen – dabei gab er ihnen logistische Unterstützung als Gegenleistung für ihre Neutralität. Durch die Krise in Mali von 2012-2013 wurden mehrere Tausende Menschen nach Burkina Faso zur Flucht gezwungen. Dazu sind neue bewaffnete Gruppen entstanden, mit denen das Regime keine etablierte Beziehung hatte. Aus dem Grund überabeitete Compaoré seine Strategie und wechselte von Kooperation zu direkter militärischer Interventionen. Dies brachte Burkina Faso in die Schusslinie einiger Dschihadisten. 3) Crisis Group: Burkina Faso’s Alarming Escalation of Jihadist Violence, Artikel vom 5.3.2019 4) Reuters: Sahel instability spreading to coastal West Africa, Burkina Faso, Artikel vom 16.2.2019
Was macht diesen Angriff besonders? Die Behörden verdächtigen einige der Armeeangehörigen, wichtige Informationen vermittelt und den Angreifern geholfen zu haben. Sie trugen identische Burkinabé-Militäruniformen. Ein pensionierter Oberst der burkinischen Armee wies darauf hin, dass 566 Angehörige der Armee und Luftwaffe entlassen worden sind und ihnen der Wiedereintritt ins Militär für den Rest ihres Lebens verwehrt wurde. Einige hochrangige Mitglieder der derzeitigen Regierung vermuten, dass ehemalige Kollaborateure von Compaoré hinter diesen Terroranschlägen stehen könnten, da diese Personen Verbindungen zu bewaffneten Gruppen aufgebaut haben, sich selber islamistischen Gruppen anschlossen oder zu Banditen wurden. 5) Crisis Group: Burkina Faso’s Alarming Escalation of Jihadist Violence, Artikel vom 5.3.2019
Fakt ist, dass Burkina Fasos Armee geschwächt ist und auch das Vertrauen der Bürger verloren hat. Zahlreiche Menschen fühlen sich von Armee, Polizei und Gendarmerie nicht beschützt. Daher sind mehr und mehr Menschen gezwungen aus den Krisengebieten zu flüchten. Nach Angaben des humanitären Koordinierungsbüros der Vereinten Nationen, OCHA, sind in den letzten zwei Monaten mehr als 70 000 Menschen aus ihren Häusern geflohen. Das Land beherbergt bereits 25 000 Flüchtlinge aus Mali im Norden des Landes, jedoch ist dies nur ein Bruchteil des Spillover-Effekts, verursacht durch Gaddafis Tod. Im Osten und Norden von Burkina Faso sind aktuell mehr als 1100 Schulen geschlossen, dabei wurden auch einige Schulen niedergebrannt. Etwa 120 000 Menschen haben keinen Zugang zu medizinischer Versorgung, da viele Gesundheitszentren geschlossen sind oder nur geringe Leistungen anbieten. Die UN-Organisation betonte, dass eine nachhaltigere Finanzierung erforderlich ist, um sicherzustellen, dass Menschen in den am stärksten betroffenen Regionen mit Hilfe erreicht werden. 6) Tagesschau: Im Teufelskreis des Terrors, Artikel nicht mehr verfügbar 7) UN News: Drastic deterioriation in security across Burkina Faso as 70,000 flee their homes in past two months, Meldung von 5.3.2019
Trotz der zahlreichen internationalen Militäreinsätze und den hundert Millionen Euro verschlechtert sich die Lage vor Ort zunehmend. Frankreich ist mit rund 4 500 Soldaten in der Region präsent und unterstützt die so genannte G5-Truppe, aber durch die mangelnde Koordination zwischen den fünf Ländern scheint eine Verbesserung der Lage und der Austritt aus dem Teufelskreis als unmöglich. Die fragile Regierung investiert ins Militär für den Kampf gegen terroristischen Gruppen, aber gerade Menschen, die sich in einer schweren Wirtschaftlage befinden, kaum Gesundheitsversorgung, Bildungs- und Ausbildungsmöglichkeiten haben, treten solchen Gruppierungen bei. 8) UN News: Drastic deterioriation in security across Burkina Faso as 70,000 flee their homes in past two months, Meldung von 5.3.2019 9) Open Democracy: Trump’s troop withdrawal risks exacerbating weste African conflict, Artikel vom 11.3.2019
Fußnoten und Quellen:
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