Peru – Korruption und Palmölanbau bedrohen die indigene Bevölkerung
Mitte Dezember 2018 führte die peruanische Polizei in der Region Ucayali eine Razzia im Amt der Regionaldirektion für Landwirtschaft (DRAU) durch. Dabei wurden der Chef der Direktion, Isaac Huamán Pérez, sowie ein weiterer führender Mitarbeiter festgenommen. Ihnen wird die Fälschung von Dokumenten und illegaler Landhandel vorgeworfen. Sie sollen illegal Land, das indigenen Einwohnern und dem Staat gehört, übernommen und weiterveräußert haben. Weitere Anschuldigungen gegen die Verhafteten sind die Verstrickung in eine kriminelle Gruppe und der Verstoß gegen die öffentliche Verwaltung.
Mehrere Mitarbeiter der Behörde seien in die Fälschung der Eigentumsdokumente involviert, so der Vorwurf, die Leiter des Amtes sollen davon gewusst haben. Auch sie sollen sogenannte Wirtschaftswälder sowie nicht-landwirtschaftliche Flächen und Schutzgebiete an Palmöl- und Kakaounternehmen verkauft haben. Auch Beamte, Politiker, Geschäftsleute und Richter sollen an dem großflächigen Betrug mit den Eigentumsrechten mitgewirkt haben. 1) MONGABAY: Land trafficking in Peru: officials arrested for falsifying documents; Artikel vom 21.12.2018
Hinter vielen der Plantage steckt der tschechisch-US-amerikanische Investor Dennis Melka. Er besitzt viele Firmen, die unter verschiedenen Namen die Anbauflächen betreiben. Der Investor hat bereits in Malaysia mit Palmölplantagen viel Geld verdient und besitzt in Peru 25 Firmen, die auf unterschiedliche Art in den Betrugs- und Korruptionsskandal verwickelt sein sollen, aufgebaut. Die „Melka-Group” hat eine schwer durchschaubare Strategie entwickelt, bei der die Firmen ständig ihre Namen ändern, sich auflösen oder sich aufteilen. So konnte sie viele Hektar Regenwald erwerben und zur Plantage umfunktionieren.
„Es gibt eine Verbindung zwischen Abholzung, illegalem Landhandel und der Korruption von Funktionären”, sagt Magaly Avila, die das Programm für Klimapolitik bei Proética führt. Sie hat mit ihrer Organisation über die Vergabe von Landrechten recherchiert und kam dabei zu dem Ergebnis, dass die Firmen durch Bestechung die Ländereien für Palmöl- und Kakaoplantagen erworben haben. In dem Bericht schildert das Unternehmen den starken Anstieg bei der Ausstellung von Landbesitz-Dokumenten an Privatpersonen in der Regionalbehörde von 2011 bis 2014. Zudem eröffnet der Bericht Einblicke in das Maß an Korruption in der peruanischen Politik, denn Unternehmen sollen Politiker bestochen haben, damit sie Landrechte an Privatpersonen übergeben. Dann verkaufen diese Privatpersonen das Land weiter, bis die Firmen es bekommen. Weitere dubiose Mittel sollen dabei die Aberkennung von den Landrechten über Nacht bzw. die Ausübung von Druck auf die Bauern gewesen sein, damit diese ihr Land veräußern.
„Wenn ich das Land nicht verkaufe, sagten sie mir, würde der Staat es mir wegnehmen“, erzählt der Bauer Walter Muñoz Quiroz. „Zur Begründung sagten sie, ich würde nicht das gesamte Land ordentlich bewirtschaften, das sie mir gegeben hatten. Ich war ahnungslos und hatte Angst.” So verkaufte er das Land zu einem niedrigen Preis. Als der Betrug nun aufflog, konnte er sein Land trotzdem nicht wieder zurückzuholen. 2) DW: Macht Korruption gigantische Palmöl-Plantagen in Peru erst möglich?; Artikel vom 31.05.2018
Bisher hat die Palmölproduktion in Peru ein relativ geringes Ausmaß, dennoch ist das derzeit schnelle Wachstum in dem südamerikanischen Land bemerkbar. So fand die Herstellung der begehrten Ware im Jahr 2000 lediglich auf insgesamt 15.000 Hektar statt und war 2013 bereits auf 60.000 Hektar stark angestiegen. Laut Prognosen könnte die Fläche bis 2021 bereits 250.000 Hektar erreicht haben. Insgesamt seien 1,4 Millionen Hektar Land in Peru für die Palmölproduktion geeignet. 3) fdcl: Palmöl in LateinamerikaExpansion und Konflikte; Stand vom 06.02.2018 In den östlichen Landesteilen sind 13.000 Hektar Land in Plantagen für Ölpalmen- und Kakaopflanzen umgewandelt worden. 4) DW: Macht Korruption gigantische Palmöl-Plantagen in Peru erst möglich?; Artikel vom 31.05.2018
Die Regierung des südamerikanischen Staates hatte im Jahr 2000 den Anbau von Ölpalmen zum „nationalen Interesse“ erklärt. Die Palmölplantagen sollen bei der Drogenbekämpfung helfen, indem sie den Bauern als Alternative zu Coca-Pflanzen angeboten werden. Die Coca-Pflanze wird neben Peru auch in Kolumbien und Bolivien kultiviert. Ein zweiter Grund ist das Gesetz, das 2005 eingeführt wurde. Es erlaubt eine Beimischungsquote von 5 Prozent des Pflanzenöls zu Dieselkraftstoffen.
Die indigene Gemeinde Santa Clara de Uchunya gehört zu den Regionen, die durch diese Entwicklung betroffen sind. Auf der anderen Flussseite liegen nun die Palmölfelder der Melka-Group, die die indigene Bevölkerung nicht mehr betreten darf, obwohl sie dort früher gejagt hat.
Die Bewohner haben die Regionalregierung aufgefordert, ihnen 20.000 Hektar Wald zu übergeben, denn sie sehen den Wald als „Ahnenwald“, als einen unersetzlichen Teil ihrer Kultur und Tradition. Hilfe erhalten sie von Proética und der Föderation indigener Gemeinden, FECONAU. Aufgrund des Landkonflikts wurden die Bevölkerung in Santa Clara und deren Unterstützer bereits bedroht. Die Menschen in Santa Clara berichten zudem von Überfallen und sogar von Mord. Im Dezember 2017 wurden in der Region 6 Bauern tot auf ihren Äckern aufgefunden. Sie waren erschossen worden. Ob der Mord mit dem Landkonflikt zu tun hat, ist offiziell nicht bestätigt. 5) DW: Macht Korruption gigantische Palmöl-Plantagen in Peru erst möglich?; Artikel vom 31.05.2018
Die Einwohner von Santa Clara de Uchunya wehren sich gegen die Einschüchterungsversuche und wollen weiter Widerstand leisten, bis sie ihre Landrechte zurückerhalten und der Dschungel nicht mehr gerodet wird. Allerdings kann es lange dauern und trotz Aufdeckung der gesetzwidrigen Machenschaften gibt es kaum eine Verbesserung der Lage in Peru. Die Nachfrage nach Palmöl auf dem Weltmarkt steigt weiter und ist somit für die südamerikanische Regierung weiter attraktiv. Die Gemeinde Santa Clara de Uchunya fürchtet den Verlust von weiterer Regenwaldfläche und eine zunehmende Verschlechterung der Lebenssituation der Bevölkerung in der Region. Der Dorf-Oberste Carlos Hoyos fasst zusammen: „Eine indigene Gemeinde ohne ihr Land ist gar nichts.” 6) DW: Macht Korruption gigantische Palmöl-Plantagen in Peru erst möglich?; Artikel vom 31.05.2018
Fußnoten und Quellen:
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