Demokratische Wahlen in Kongo: neue Hoffnung für das Land?
Letzten Donnerstag sorgte das Wahlergebnis in der Demokratischen Republik Kongo für eine große Überraschung. Der Oppositionskandidat Félix Tshisekedis gewinnt die Präsidentenwahlen. Von insgesamt 18 Millionen abgegebenen Stimmen fielen 7 Millionen auf ihm, mehr als 6 Millionen auf Martin Fayulu, den zweiten Oppositionskandidaten und lediglich 4 Millionen auf Emmanuel Ramazani, den Kandidaten der Regierungspartei. 18 Jahre lang hatte Joseph Kabila das Land mit eiserner Kraft regiert. Er übernahm nach der Ermordung seines Vaters Laurant-Désiré Kabila im Jahre 2001, mit nur 29 Jahren, die Herrschaft über die Demokratische Republik Kongo. Bereits am 18. Januar soll der neue Präsident vereidigt werden. Dies wäre der erste friedliche Machtwechsel im Land seit etwa 50 Jahren. Doch Martin Fayulu zweifelt das vorläufige Wahlergebnis an. Hinzu kommt, dass wegen Unruhen und einer Ebola-Epidemie in einigen Regionen die Wahl nicht stattfand und die dortigen 1,25 Millionen Stimmberechtigten ihr Votum nicht abgeben konnten. Diese sollen aber im März die Möglichkeit dazu bekommen. Darüber hinaus ist Fayulu nicht der Einzige, der das Endergebnis anzweifelt. Die katholische Kirche hatte ihn zum Sieger erklärt, auf der Grundlage ihrer Wahlbeobachter die laut gesammelten Daten der Umfragen zu diesem Schluss gekommen waren. Ebenfalls skeptisch über den Wahlsieg ist die diplomatische Gemeinschaft von Kinshasa und der französische Außenminister Jean-Yves Le Drian. Nun muss das Ergebnis vom Verfassungsgericht bestätigt werden. 1)Ntv: Ende der Ära Kabila: Oppositioneller gewinnt überraschend Wahlen in Kongo; 19.01.2019 2)Le Monde: République démocratique du Congo, l’aternance en suspens; 11.01.2019
Ob nun der Oppositionskandidat Félix Tshiseked oder Martin Fayulu die Wahl gewonnen hat, dieser Machtwechsel in der Demokratischen Republik Kongo stellt eine Premiere dar, denn es ist das erste Mal, dass der Führungswechsel durch die Wahlurne bestimmt wird. Dass dies überhaupt möglich war, liegt daran, dass in den letzen zwei Jahren die Kongolesen, die katholische Kirche und die Nachbarstaaten wie Südafrika, trotz Repressionen und Unterdrückung, den Präsidenten Joseph Kabila endgültig dazu gebracht haben, die Macht über die Verfassung hinaus aufzugeben. Im August 2018 erklärte er, nicht erneut als Kandidat bei den Wahlen anzutreten. Zum ersten Mal in der Geschichte des Landes verzichtet ein scheidender Präsident darauf wiedergewählt zu werden. 3)Le Monde: République démocratique du Congo, l’aternance en suspens; 11.01.2019
Der Oppositionskandidat, Félix Tshisekedis, ist der Sohn des 2017 verstorbenen kongolesischen Oppositionsführers und früheren Ministerpräsidenten Étienne Tshisekedis. Als Wahlversprechen warb Félix mit der Bekämpfung von Korruption und Armut wie auch mit der Befriedung des von Konflikten erschütterten Landes. Ob das dann wirklich so leicht umgesetzt werden kann, in einem Land, das seit seiner Unabhängigkeit 1960, von Diktatur und Korruption beherrscht wird, ist fragwürdig. 4)Ntv: Ende der Ära Kabila: Oppositioneller gewinnt überraschend Wahlen in Kongo; 19.01.2019
Aber was, wenn die Behauptungen der Kirche und von Fayulu der Wahrheit entsprechen? Die unabhängige nationale Wahlkommission, auch Ceni genannt, hat letzten Donnerstag die vorläufigen Wahlergebnisse bekannt gegeben und Tshisekedi mit 38,57 Prozent, der Stimmen zum Gewinner erklärt, hinter ihm Martin Fayulu mit 34,8 Prozent und Emmanuel Ramazani Shadary mit 23,8 Prozent. Am Freitag verkündet jedoch sein Kampagnenteam ein ganz anderes Wahlergebnis. Demnachhat Fayulu mit 61,5 Prozent die Wahl eindeutig gewonnen. Tshisekedi kommt nur auf 18,86 Prozent, gefolgt von Shadary mit nur 18,49 Prozent. Diese Zahlen unterscheiden sich, sollten sie stimmen, enorm von denen, die Wahlkommission angegeben hatte. Martin Fayulu hat am Freitag Berufung beim Verfassungsgericht eingelegt, welches acht Tage hat, um das zu prüfen. Das Problem hierbei ist, dass das Verfassungsgericht Kabila nahe steht. Er hat die Richter ernannt, fraglich also, ob Fayulu dann recht gegeben wird. Dazu kommt nämlich, dass kurz vor der Bekanntgabe des Wahlsiegers, sich Kabila und Tshisekedis laut mehrerer Medienberichte nähergekommen seien. Es wird dem vorläufigen Sieger sogar eine Übereinkunft mit Joseph Kabila angelastet. Falls die Behauptungen stimmen und nicht nur die Wahlergebnisse gefälscht wurden, sondern Tshisekedis mit Kabila eine Abmachung traf, würde Kaliba dadurch nicht strafrechtlich verfolgt werden und für seine Verbrechen nicht bezahlen müssen, er würde davon kommen. Und was würde das gefälschte Wahlergebnis und die Absprache für den Kongo bedeuten? 5)France Info: L’article à lire pour comprendre les tensions autour de l’élection historique en République démocratique du Congo; 13.01.2019 6)Deutsche Welle: Angebliches Geheimabkommen: Angst vor Gewalt im Kongo; 11.01.2019 7)Süddeutsche Zeitung: Für Kabilas Clique ist er das kleinere Übel; 11.01.2019 8)L’Echo: Didier Reynders pousse pour un recomptage de voix RDC; kostenpflichtig
Angenommen aber ihm wird zu Unrecht ein Bündnis mit Kabila vorgeworfen, was würde dieser Sieg für Demokratische Republik bedeuten?
Zum einen wäre das zum ersten Mal der Sieg der Opposition, eine echte demokratische Alternative, die vom Volk gewählt worden ist und das Ende des Kabila Regimes nach 21 Jahren, da sein Vater sich 1997 selbst zum Präsidenten ernannte. Zum anderen könnte er das Umsetzen, was er versprochen hat. Obwohl das Land reich an Rohstoffen wie Kobalt, Kupfer, Öl, Gold und Diamanten ist, gehört es zu den ärmsten Ländern der Welt. Das liegt an den Plünderungen der korrupten politischen Elite, laut SZ „(…) mit freundlicher Unterstützung internationaler Konzerne“. 9)Süddeutsche Zeitung: Für Kabilas Clique ist er das kleinere Übel; 11.01.2019 Durch die Gier nach den Vorkommen entstehen Konflikte und Gewalt. Aktuell sind 4, 4 Millionen Menschen auf der Flucht. Das könnte sich mit dem neuen Präsidenten ändern. Wenn aber an den Beschuldigungen etwas Wahres dran ist und Félix Tshisekedi wird trotzdem der neue Präsident, dann wird sich im Kongo nicht sehr viel verbessern. Tshisekedi würde nur ein Protokollpräsident sein und die Wahlversprechen würden nicht umgesetzt werden. Kabila hätte vermutlich weiterhin Zugriff auf strategische Posten wie Verteidigung, Finanzen und ihm wurde bereits versichert, Senator auf Lebenszeit zu werden. Er wurde somit im aktuellen Präsidentenpalast bleiben und plant für die nächste Präsidentenwahl 2023 als Kandidat anzutreten. Der Handlungsspielraum Félix Tshisekedis sähe daher sehr klein aus. Die Amtseinführung wird erst nach endgültiger Bekanntgabe der Ergebnisse stattfinden. 10)Süddeutsche Zeitung: Für Kabilas Clique ist er das kleinere Übel; 11.01.2019 11)Ntv: Ende der Ära Kabila: Oppositioneller gewinnt überraschend Wahlen in Kongo; 19.01.2019 12)Le Journal du Dimanche: République démocratique du Congo: Joseph Kabila va-t-il continuer à tirer les ficelles?; 13.01.201913)Le Monde: Présidentielle en RDC: les États d’Afrique australe mettent la pression en demandant un recomptage; 14.01.2019
Fußnoten und Quellen:
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