Jumma – Bangladeschs vergessene Minderheit
Im Juni vergangenen Jahres griffen bengalische Siedler Jumma an und steckten Jumma-Häuser in Brand. Eine alte Frau starb, als sie versuchte, ihr Haus zu verlassen und verbrannte. Die Polizei schaute zu und mischte sich nicht ins Geschehen ein. Der Angriff begann, als ein bengalischer Siedler tot aufgefunden wurde. Die Bengalen warfen der indigenen Bevölkerung vor, für den Tod des Mannes verantwortlich zu sein. Die Jumma sind zur Flucht aus ihren Dörfern gezwungen. Die bengalischen Siedler wurden bislang nicht zur Rechenschaft gezogen. Trotz einer Klage der indigenen Bevölkerung wurde der Vorfall bisher von den Behörden ignoriert. 1) Survival: Bangladesch: Hunderte Jumma-Häuser angezündet, Polizei schaut zu; nicht mehr verfügbar
Das Volk der Jumma besteht aus insgesamt 13 indigenen Stämmen in der Provinz Chittagong Hill Tracts und umfasst circa 700.000 Indigene. Die beiden größten Stämme bilden die Chakma und die Marma mit ca. 400.000 Mitgliedern. Sie sind Angehörige der buddhistischen Religion. Die restlichen Stämme bestehen aus Christen, Hindus oder Anhänger anderer Religionen. 2) Wikipedia: Chittagong Hill Tracts; Stand vom 26.10.2018 3) Gfbv: Bangladesch: Indigene Völker der Chittagong Hill Tracts hoffen auf Umsetzung des Friedensabkommens; Artikel vom 20.11.2009 Die Region Chittagong Hill Tracts ist durch eine sehr steile und zerklüftete Landschaft geprägt, weshalb die Jumma traditionell Wanderwirtschaft betreiben, um kleine Teil des Landes für Nahrungsanbau zu nutzen. Nach der Ernte ziehen sie in das nächste Gebiet weiter und der genutzte Boden erholt sich wieder. Diese Art der Landwirtschaft wird als „Jhum“ bezeichnet, daher tragen die Stämme den Namen „Jumma“. 4) Wikipedia: Jumma; Stand vom 26.10.2018
Unter dem britischen Kolonialregime war die Provinz Chittagong Hill Tracts ein selbständiges Land, in dem nur Jumma lebten. Nach dem Ende der britischen Kolonialherrschaft wurde CHT Teil von Ostpakistan. Die damalige pakistanische Regierung begann schließlich, die indigene Bevölkerung zu unterdrücken und vertreiben, um Bengalen in CHT anzusiedeln. In den 1960er Jahren wurden 100.000 Jumma gezwungen, aus ihrer Heimat zu fliehen, als der Kaptai-Staudamm 40 Prozent des Ackerlands in CHT überflutete. Ungefähr 60.000 von Ihnen flohen nach Indien und Myanmar. So wurden die Jumma in CHT zu einer Minderheit. Selbst die Unabhängigkeit von Bangladesch 1971 änderte das Vorgehen gegen die indigene Bevölkerung nicht, denn sie wurde von der bengalischen Regierung ignoriert. Diese sieht CHT weiterhin als ungenutztes Land, auf dem sich Bengalen ansiedeln sollen. Die Forderung der Jumma nach Autonomie und dem Ende der Ansiedlung der nicht-Einheimischen wurde von der Regierung in Dacca abgelehnt. Seitdem wurden die Anhänger der Jumma brutal vertrieben, vergewaltigt und gefoltert. Das enteignete Land wird für Militärstützpunkte, Siedlungen für Bengalen, Land- und Forstwirtschaft genutzt. In den 1980er und 1990er Jahren verloren ungefähr 200.000 Menschen durch schlimme Konflikt das Leben und 100.000 Jumma sind zur Flucht gezwungen. Historiker sehen die Kriegsverbrechen des bangladeschischen Militärs in CHT als Genozid, auch die bengalischen Siedler sind am blutigen Konflikten beteiligt. Als Folge gründete die indigene Bevölkerung eine politische Partei und griff zu den Waffen. Das brutale Vorgehen gegen die indigene Bevölkerung in Bangladesch wurde im Westen wenig beachtet und gehört zu den vergessenen Konflikten in Südasien. 5) Wikipedia: Chittagong Hill Tracts; Stand vom 26.10.2018 6) Gfbv: Bangladesch: Indigene Völker der Chittagong Hill Tracts hoffen auf Umsetzung des Friedensabkommens; Artikel vom 20.11.2009 7) Wikipedia: Jumma; Stand vom 26.10.2018 8) Netz Bangladesch: Geflüchtete im eigenen Land; nicht mehr verfügbar 9) DW: Bangladeschs vergessener Genozid an den Jumma; Artikel vom 15.10.2017
1997 wurde ein Friedensvertrag der Jumma mit der Regierung unterzeichnet. Der Vertrag soll die Rechte der indigenen Bevölkerung anerkennen und indigenen Gruppen erlauben, ins Heimatland zurückzukehren. Allerdings wurde der Vertrag kaum umgesetzt und es gibt kaum Besserung für die betroffenen Menschen. Die Menschenrechtsverletzungen wie Vergewaltigung an Frauen und Einschüchterung von Aktivisten bleiben immer noch problematisch. Die Militärcamps, die eigentlich laut Friedenvertrag aus CHT abgezogen werden sollten, existieren in den Bergen immer noch. Der Landraub setzte sich weiter fort und die indigene Bevölkerung wurde von der Armee vertrieben. 2005 wurden 12.000 Jumma-Angehörige aus ihrem Land vertrieben, um neue Militärquartiere zu bauen. Die Klage gegen die Räumung blieb erfolglos und friedliche Demonstration wurden von den Behörden gewaltsam beendet. 10) Gfbv: Bangladesch: Indigene Völker der Chittagong Hill Tracts hoffen auf Umsetzung des Friedensabkommens; Artikel vom 20.11.2009 11) Netz Bangladesch: Geflüchtete im eigenen Land; nicht mehr verfügbar
Die Konflikte zwischen der einheimischen Bevölkerung und bengalischen Siedlern sind immer noch ungelöst, denn die Siedler wollen in CHT bleiben und weigern sich, das Land an die ursprüngliche Bevölkerung zurückzugeben. Die vertriebene Jumma würden gerne in ihr Heimatland zurückkehren. Die Siedler versuchen unter Gewaltanwendung die Jumma zu vertreiben, um ihre eigene Position zu verdeutlichen. 12) Gfbv: Bangladesch: Indigene Völker der Chittagong Hill Tracts hoffen auf Umsetzung des Friedensabkommens; Artikel vom 20.11.2009 Dies wiederum schürt Gegengewalt und führt zu Racheangriffen in anderen Gebieten. 13) Survival: Bangladesch: Hunderte Jumma-Häuser angezündet, Polizei schaut zu; Artikel vom 08.06.2017
Neben den Jumma fordern auch andere indigene Völker im Flachland Bangladeschs die Anerkennung ihrer Rechte, denn sie ereilen in Bangladesch ähnliche Schicksale wie die Jumma. Aber die Situation findet in der Weltöffentlichkeit kaum Beachtung. Deshalb wäre es wichtig, wenn die Weltgemeinschaft die Situation in CHT mitverfolgen und kritisch betrachten würde. Es gäbe Hoffnung für indigene Völker und Minderheiten, wenn die Öffentlichkeit mithilft, die Konflikte in Bangladesch zu beenden.
Fußnoten und Quellen:
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