Willkürliche Grenzziehung der Briten schürt ethnischen Konflikt im Südsudan
Im Zuge des anhaltenden Bürgerkrieges im Südsudan haben sich die Konfliktparteien auf ein Friedensabkommen geeinigt. Nach diesem soll es zu einer Teilung der Macht zischen dem derzeitigen Präsidenten Salva Kiir und dem ehemaligem 1. Vizepräsidenten und derzeit im Exil lebenden Rebellenführer Riek Machar kommen. In den nächsten drei Monaten soll in dem ostafrikanischen Land eine Übergangsregierung gebildet werden, die für die kommenden drei Jahre das südsudanesische Volk repräsentieren soll. 1) Süddeutsche Zeitung: Konfliktparteien unterzeichnen Friedensabkommen; Artikel vom 06.08.2018 International werden jedoch Zweifel laut, ob das Abkommen tatsächlich zu einer Friedensbildung im Südsudan beitragen kann. 2) Süddeutsche Zeitung: Konfliktparteien unterzeichnen Friedensabkommen; Artikel vom 06.08.2018 3) GfbV: Südsudan: Konfliktparteien einigen sich auf Machtteilung; Artikel vom 06.08.2018
Zum Verständnis für diese Zweifel hilft der Blick auf die Vergangenheit des südsudanesischen Bürgerkrieges. Der Südsudan ist das jüngste Land der Welt und entstand 2011 mit der Unabhängigkeit vom ehemaligen Sudan. Der Entstehung des souveränen Staates Südsudan ging ein langer Bürger- und Unabhängigkeitskrieg voraus. Die Grenzen des ehemaligen Sudans gehen auf die Kolonialzeit zurück. Im Jahr 1884 kamen die Vertreter der damals 13 europäischen Staaten, der USA und des Osmanischen Reiches in Berlin zusammen. Am Ende der sogenannten Kongokonferenz entstand die Kongoakte und damit der Grundstein für die Kolonialisierung des afrikanischen Kontinents. 4) Deutsche Welle: Als in Berlin Afrikas Schicksal beschlossen wurde; Artikel vom: 26.02.2015 Der Sudan unterlag fortan britischer Kolonialherrschaft. Die Briten verfolgten eine de-facto Zwei-Staaten-Politik und unterteilten den Sudan in Nord und Süd. Im Norden lebten vornehmlich arabische Muslime, während der Süden größtenteils von Christen und Anhängern anderer traditioneller Religionen besiedelt war. Mit dieser de-facto Zwei-Staaten-Politik ging jedoch auch eine strukturelle Ungleichbehandlung von Nord und Süd einher – zu Lasten des südlichen Sudans. Im Süden wurde die Entstehung von regionalen staatlichen Institutionen, Bildungseinrichtungen und wirtschaftlicher Entwicklung unterdrückt, um den „ursprünglichen afrikanischen Lebensstil der südlichen Bevölkerung zu bewahren“. 5) Foreign Policy in Focus: South Sudan: Colonialism’s Dead Hand; Artikel vom 05.02.2014
Nach der Kolonialherrschaft beherrschte der Norden den Süden, doch es wurden sogleich Spannungen zwischen den beiden Regionen deutlich, die schnell gewaltsam ausgetragen wurden. Nach einem langanhaltenden Bürgerkrieg kam es 2005 zu einem Friedensabkommen, dass ein Referendum über die Unabhängigkeit des Südsudans vom Sudan beschloss. In der Wahl entschieden sich 99 Prozent der Südsudanesen für eine Unabhängigkeit und mit der Entstehung des Südsudans 2011 kam es zu einem Präzedenzfall in Afrika- erstmals wurden die kolonialen Grenzen aufgebrochen und neu gezogen. 6) VOX: South Sudan may be heading towards genocide; Video vom 29.12.2016
Der Frieden nach der Unabhängigkeit hielt für den Südsudan jedoch nicht lange: 2013 brach der südsudanesische Bürgerkrieg aus. Auch dieser Konflikt lässt sich wieder auf eine ethnische Problematik zurückführen. Der Unabhängigkeitskampf der Südsudanesen vereinte die verschiedenen Völker der Region. Mit der erreichten Unabhängigkeit leben nun jedoch 60 verschiedene ethnische Gruppen im Südsudan, deren Einigkeit mehr und mehr zerbricht. Der derzeitige Konflikt entsprang zwischen den beiden größten ethnischen Gruppen. 7) New York Times: War Consumes South Sudan, a Young Nation Cracking Apart; Artikel vom 04.03.2017 Dem Dinka-Volk, zu denen auch Präsident Salva Kiir gehört, und dem Nuer-Volk, mit dem sich der ehemalige Vizepräsident Riek Machar identifiziert. Im Verlauf des Krieges sind jedoch auch weitere ethnische Gruppen in den Konflikt involviert worden. 8) VOX: South Sudan may be heading towards genocide; Video vom 29.12.2016 Von der ehemaligen Einheit der Südsudanesen ist nicht viel übrig geblieben und auch dieser Konflikt muss folglich teilweise mit der radikalen Grenzziehung der Kolonialherren, die keine Rücksicht auf bestehende Volksgruppen nahm, in Verbindung gebracht werden.
Eine baldige Lösung für den Konflikt drängt, da sich die Lage im Südsudan immer weiter verschärft. In großen Teilen des Landes kommt es zu extremen Hungersnöten, die insbesondere die Zivilbevölkerung betreffen, zwei Millionen Menschen wurden intern vertrieben und die Situation wird international teilweise als sich anbahnender Genozid eingestuft. 9) New York Times: War Consumes South Sudan, a Young Nation Cracking Apart; Artikel vom 04.03.2017 10) VOX: South Sudan may be heading towards genocide; Video vom 29.12.2016 In erster Linie ist es wichtig, dass internationalen Hilfskräften wieder die Möglichkeit zur Versorgung der Zivilbevölkerung gegeben wird. In der Vergangenheit wurden Nahrungsmittellieferungen blockiert, um so Konfliktparteien zu schwächen. Ein erster Schritt gegen eine weitere Verschärfung des Konfliktes ist also die Beendigung solcher Blockaden.
Aufgrund der tief liegenenden, ethnischen Konflikte innerhalb des Südsudans, die seit der Unabhängigkeit immer deutlicher werden, ist ein baldiges Ende des Konfliktes allerdings wenig aussichtsreich. Mit dem neuesten Friedensabkommen haben sich die zwei Erzfeinde vereint – es ist mehr als fraglich, ob eine solche Regierung bestehen und Frieden bringen kann. Aufgrund der Multiethnizität des Südsudans kann ein derartiges Regime nicht alle Bevölkerungsgruppen repräsentieren. Ob eine Ungleichbehandlung, wie historisch im Sudan, vermieden werden kann, ist zweifelhaft.
Fußnoten und Quellen:
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