AfD-Reiseberichte beschönigen Bürgerkrieg in Syrien als Fluchtursache
Wie Anfang letzter Woche aus den Medien zu erfahren war, haben sich mehrere AfD-Abgeordnete in einer äußerst zynischen Aktion auf eine Reise nach Syrien begeben, um sich, laut eigener Aussage, über die Lage in dem Bürgerkriegsland zu informieren. 1) Süddeutsche Zeitung: AfD-Abgeordnete treffen Assad-Getreue in Damaskus; Artikel vom 06.03.2018
Zynisch ist das Unterfangen vor allem deshalb, weil die AfD-Politiker scheinbar das Ziel verfolgen, die weitere Aufnahme von Flüchtlingen, genauer den geregelten Nachzug von Familienangehörigen nach Deutschland, unterminieren zu wollen. Durch Veröffentlichungen in den Sozialen Medien wird versucht, den Eindruck zu erwecken, dass die aktuelle Lage in Syrien keine Argumente für eine fortgesetzte Aufnahme von Geflüchteten liefere. Im Gegenteil, bei einem Treffen mit dem regimetreuen Großmufti Ahmed Badreddin Hassun soll dieser die geflohenen Syrer zur Rückkehr aufgerufen haben. Ähnliches wurde auch von Regierungsvertretern verlautbart – es würden Arbeitskräfte zum Wiederaufbau benötigt. 2) Zeit Online: AfD-Abgeordnete treffen Assad-Unterstützer in Damaskus; Artikel vom 06.03.2018
Gezielt werden von der Reisegruppe ausschließlich friedliche Szenen aus Damaskus verbreitet. Zudem wird bewusst ignoriert, dass das syrische Militär mit Vorwürfen konfrontiert ist, zahlreiche Kriegsverbrechen begangen zu haben. Zu den jüngsten dieser Vorwürfe zählt der wiederholte Einsatz von Giftgas in von Zivilisten bewohnten Gebieten. Erst heute berichtete die Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte über eine mögliche Giftgasattacke in Ost-Ghouta. Das syrische Regime allerdings nutzt wiederum die Anwesenheit der deutschen Politiker, um sich versöhnlich und in positivem Licht darzustellen. Bemerkenswert ist, dass die Gruppe bislang keinerlei Kontakt zu Vertretern der Opposition gesucht hat und wenigstens den Versuch unternimmt, den Eindruck platter Einseitigkeit zu zerstreuen. 3) Zeit Online: Weißhelme melden Giftgasangriff; Artikel vom 05.02.2018 4) Deutschlandfunk: Wieder Verdacht auf Giftgas in Syrien – Aktivisten melden Fälle von Atemnot nach Luftangriffen; nicht mehr verfügbar
Unterdessen straft die Realität das AfD-Unterfangen Lügen: Ein Hilfskonvoi der Vereinten Nationen kann seine Güter nicht in die belagerte Region Ost-Ghouta bringen, da die Helfer auf dem Weg unter Beschuss gerieten. UN-Generalsekretär António Guterres hat alle Konfliktparteien dazu aufgerufen, sich an die Waffenruhe zu halten, damit der eingeschlossenen Zivilbevölkerung geholfen werden kann.
In Deutschland hat die Reise der AfD-Politiker heftige Proteste quer durch alle Parteien ausgelöst. Auch die Bundesregierung drückte ihre Missbilligung aus. 5) UN News: Victims of Syrian conflict ‘denied any meaningful justice,’ says UN-mandated panel; Artikel vom 06.03.2018 6) Zeit Online: Union und SPD empören sich über AfD-Reise nach Syrien; Artikel vom 07.03.2018 7) Zeit Online: „Wer dieses Regime hofiert, der disqualifiziert sich selbst“; Artikel vom 07.03.2018
Problematisch am Verhalten der als „Privatpersonen“ reisenden AfD-Abgeordneten ist vor allem, dass die deutschen Politiker in den staatlich gelenkten Medien Syriens als Delegation des Bundestages dargestellt werden. Auf diesem Wege wird dem Assad-Regime eine Form von Legitimität verliehen, die auch durch die Meldungen der Reisegruppe in den Sozialen Netzwerken weiter befördert wird. Die Politiker stellen den Zustand des öffentlichen Lebens in den von Regierungstruppen kontrollierten Gebieten als durchweg positiv und unbedenklich dar. Eine kritische Bewertung des Konfliktes und seiner Kriegsparteien erfolgt nicht.
Fußnoten und Quellen:
Keine Kommentare