Hungerkatastrophe im Südsudan könnte sich wieder verschärfen
Das Hilfswerk Malteser International warnt vor einer Verschlimmerung der Hungerkriese im Südsudan. „Wenn die Weltgemeinschaft nicht Nothilfe leistet, wird es zu einer noch größeren Hungerkatastrophe kommen. Schätzungen des Frühwarnsystems für Hunger im Südsudan zufolge werden davon sechs Millionen Menschen betroffen sein. Das ist jeder zweite Südsudanese“, sagt Roland Hansen, Leiter der Afrikaabteilung von Malteser International. 1) Malteser: 2018 wird jeder zweite Südsudanese hungern; Artikel vom 06.12.2017
Im Südsudan herrscht seit dem Jahr 2013 Bürgerkrieg. Nach einem jahrzehntelangen Konflikt zwischen dem Nord- und Südteil des Sudans wurde der Südsudan am 9. Juli 2011 unabhängig und ist damit der jüngste Staat der internationalen Gemeinschaft. 2) Bundeszentrale für politische Bildung: Südsudan; Veröffentlicht am 31.05.2016 Doch bereits kurz nach der Unabhängigkeit flammten unter den einstigen Rebellen und neuen Staatsmännern Kämpfe um politische Macht und die Verteilung von Ressourcen auf. Diese führten letztendlich zu einem grausamen Bürgerkrieg. Den Kriegsparteien werden Menschenrechtsverletzungen wie Massaker oder Vertreibung vorgeworfen. Seit dem Beginn des blutigen Konflikts kamen mindestens 50 000 Zivilisten ums Leben. Rund vier der zwölf Millionen Südsudanesen mussten bisher ihr Zuhause aufgrund der herrschenden Gewalt verlassen. 3) Deutsche Welle: Südsudan – nicht endende Gewalt; Veröffentlicht am 10.08.2017 Allein im Jahr 2016 flüchteten 1,4 Millionen Menschen aus dem Südsudan. Damit liegt das Land nach Syrien und Afghanistan auf Platz drei der Herkunftsländer mit den meisten Flüchtlingen. 4) Süddeutsche Zeitung: UN melden so viele Vertriebene und Flüchtlinge wie noch nie; Veröffentlicht am 19.06.2017
Die humanitäre Lage im Land ist entsetzlich. Der Bürgerkrieg legt sämtliche öffentliche und soziale Infrastrukturen lahm. Die Versorgung der Bevölkerung wird zum Großteil von Hilfsorganisationen der internationalen Gemeinschaft übernommen. Im Februar dieses Jahres hatten die Vereinten Nationen eine Hungersnot im Südsudan ausgerufen. Von einer Hungersnot spricht die Organisation, wenn bereits viele Menschen aufgrund des Nahrungsmangels ums Leben gekommen sind. Im Juni hatten mindestens sechs Millionen Menschen nicht genug zu essen. Zwar wurde die Hungersnot mittlerweile für beendet erklärt und nunmehr als „Notsituation“ bezeichnet, doch vermutlich werden in den nächsten Wochen die Zahlen der hungernden Menschen wieder ansteigen, schätzt die UN. So sollen bis Ende des Jahres circa 1,25 Millionen Südsudanesen akut vom Hungertod bedroht sein. Knapp die Hälfte der Bevölkerung werde nicht genug Nahrungsmittel haben. 5) Deutsche Welle: UN über Südsudan: Hungersnot beendet, aber Hunger bleibt; Veröffentlicht am 21.06.2017 6) Deutsche Welle: Einer Million Sudanesen droht der Hungertod; Veröffentlicht am 06.11.2017 „Es gibt viele Gründe dafür, warum sich die Situation weiter verschlechtert hat. Zum einen sind rund vier Millionen Menschen auf der Flucht. Das ist ein Drittel der Bevölkerung. Somit können viele Felder nicht bestellt werden. Und dort, wo noch etwas angebaut wird, plündern bewaffnete Kämpfer immer wieder die Felder“, erklärt Roland Hansen von Malteser International. Aufgrund der hohen Inflationsrate könnten sich viele Menschen außerdem selbst Grundnahrungsmittel wie Reis oder Mehl nicht mehr leisten. 7) Malteser: 2018 wird jeder zweite Südsudanese hungern; Artikel vom 06.12.2017
Der Bürgerkrieg nahm seinen Anfang als Präsident Salva Kiir seinen Stellvertreter Riek Machar aus dem Amt entließ, unter dem Vorwurf, dieser habe einen Putsch geplant. Seither kämpfen Regierungstruppen gegen die Rebellen, welche von Machar geführt werden. Doch mittlerweile hat sich der Krieg zu einem undurchschaubaren Gewirr verschiedener Konfliktparteien mit unterschiedlichen Motiven und Interessen entwickelt. „Vor etwa einem Jahr kam es zu einem völligen Zerfall von Staat und Gesellschaft. Gängige Konfliktmodelle sind auf Südsudan nicht mehr anwendbar, wir haben es hier mit einer Entwicklung über sehr lange Zeit zu tun. Es handelt sich um einen Konflikt mit vielen Dimensionen, bei dem sich unterschiedliche Einflüsse und Interessen überlagern“, sagt Peter Schumann, ehemaliger Koordinator der UN-Mission UNMISS im Interview mit der FAZ. (7) Aber auch ausländische Akteure spielen eine wichtige Rolle in diesem Bürgerkrieg meint Schumann. Viele Waffen kämen aus der Ukraine, Ägypten und Israel. Bisher haben die Vereinten Nationen kein Waffenembargo gegen den Südsudan erlassen. Doch laut Schumann hätte der Konflikt ohne die Versorgung mit Waffen aus dem Ausland nicht derartige Ausmaße angenommen. Der ehemalige UN-Koordinator weist auch auf die Verantwortung Deutschlands: „Durch Nicht-Handeln macht sich die Bundesregierung mitschuldig an der Eskalation des Konfliktes.“ Die internationale Gemeinschaft müsse alle Beteiligten zur Rechenschaft ziehen, samt den ausländischen Akteuren. 8) FAZ: „Die Waffenlieferungen müssen gestoppt werden“; Veröffentlicht am 09.07.2017
Auch Waffenlieferungen aus der Vergangenheit werden der Bevölkerung im Südsudan zum Verhängnis. So stattete die BRD in den sechziger Jahren das prowestliche Militärregime im Sudan mit tausenden Sturmgewehren und Maschinenpistolen aus. Im Zuge des Kalten Krieges wollte die Bundesrepublik damals die DDR in Afrika schwächen. Der Sudan wurde hochgerüstet und militarisiert, was nur noch mehr Öl ins Feuer der Konflikte um Macht und Ressourcen goss. Noch heute wird mit einigen dieser deutschen Waffen gekämpft. 9) Greenpeace Magazin: Der Export des Krieges; nicht mehr verfügbar Im Kampf um die Unabhängigkeit des Südens von der Republik Sudan unterstützten die westlichen Industrienationen, allen voran die USA, die südsudanesischen Rebellen. Das junge Land bekam auch nach seiner Unabhängigkeit Hilfsgelder in Milliardenhöhe von den USA. Grund dafür ist vermutlich unter anderem das hohe Erdölvorkommen in dieser Region. Die Vereinigten Staaten können sich durch eine Partnerschaft mit der südsudanesischen Regierung wichtige Erdölquellen in Afrika sichern. 10) AG Friedensforschung: Sudan/Südsudan: Die tödlichen Folgen des Kolonialismus; Veröffentlicht am 05.02.2014 Das Interesse der internationalen Gemeinschaft an den Ölreserven im Südsudan könnte auch ein Grund dafür sein, dass bisher nicht massiver gegen die schweren Menschenrechtsverletzungen der Regierungstruppen von Präsident Kiir im Bürgerkrieg vorgegangen wurde – zum Leid der dort lebenden Bevölkerung.
Der anhaltende Bürgerkrieg löste im Südsudan eine humanitäre Katastrophe aus, die kein Ende zu nehmen scheint. Eines ist sicher, wenn die Staatengemeinschaft nicht bald Maßnahmen zur Lösung des Konflikts entwickelt und umsetzt, werden noch sehr viel mehr Menschen gewaltsam zu Tode kommen oder verhungern. Peter Schumann fordert: „Um die Opferzahl drastisch zu senken, müssen vor allem aber umgehend die Waffenlieferungen gestoppt werden.“ 11) FAZ: „Die Waffenlieferungen müssen gestoppt werden“; Veröffentlicht am 09.07.2017
Fußnoten und Quellen:
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