Kampf um Mossul: Koalition aus irakischer Armee und USA muss auf Zivilbevölkerung Acht geben
Amnesty International und Human Rights Watch (HRW) richten einen dringenden Appell an die Koalition aus US- und irakischen Streitkräften, die daran beteiligt ist, Mossul vom „Islamischen Staat“ zu befreien. Die Militärs müssten dazu angehalten werden, bei den Kämpfen so wenig wie möglich die Zivilbevölkerung zu schädigen. Sie sollten demnach davon absehen, Waffen mit einer großen Flächenwirkung im Stadtgebiet einzusetzen. Der Aufruf kommt zu einer Zeit, während eine Offensive der Koalition stattfindet. Die Truppen rücken demnach unaufhörlich in das von ISIS besetzte Gebiet vor. Die Kämpfe dauern über 100 Tage an und Geflüchtete aus dem betroffenen Gebiet berichten von schlimmen Zuständen in der Stadt. Die restlichen Bewohner sind auf Regenwasser angewiesen, weil keine andere Versorgung mit Trinkwasser gewährleistet werden kann. 1)Amnesty International: Iraq/US-Led Coalition: Weapons Choice Endangers Mosul Civilians; Artikel vom 08.06.17
Es sollen unter anderem Luftangriffe vermieden werden, da der IS keine Skrupel dabei kennt, Zivilisten als menschliche Schilde einzusetzen, um den Druck auf seine Gegner zu erhöhen. Seit einiger Zeit nun verschanzt sich die Terrormiliz in der dichtbevölkerten Altstadt von Mossul. Die irakische Armee ist bemüht, die Terroristen aus der Stadt zu vertreiben, aber der Häuserkampf ist blutig und wird von ISIS erbittert und ohne Rücksicht geführt. Seit Beginn der Kämpfe um Mossul im Oktober letzten Jahres sollen 750.000 Menschen aus der einstigen Millionenstadt geflohen sein. Die Verbliebenen benutzt ISIS gegen ihren Willen für ihre Zwecke. Die Terroristen haben ein großes Interesse daran, die Zivilisten in den von ihnen besetzten Gebieten zu halten. Anfang Juni habe der ISIS 163 Männer, Frauen und Kinder beim Versuch aus dem umkämpften Gebiet zu fliehen getötet, sagt der UN-Hochkommissar für Menschenrechte Said Raad al-Hussein. Die Leichen der Opfer sollen offen auf der Straße liegen. Die Zahl der Toten könnte auch höher sein. Denn viele Menschen im Westen von Mossul gelten als vermisst. Mossul gilt als die letzte Hochburg des „Islamischen Staats“ im Irak. Die Stadt gilt in großen Teilen als zerstört. 2) Süddeutsche Zeitung: IS tötet 163 Zivilisten bei Flucht aus Mossul; Artikel vom 06.06.17
Zurzeit schätzt Amnesty International, sollen rund 200.000 Menschen im umkämpften Teil der Altstadt leben – ein zwei Quadratkilometer großes Gebiet im Westen der Stadt. Die anhaltenden Luftkämpfe in der Vergangenheit haben schon viele Tote gefordert. Nach einem Angriff der US-Luftwaffe ist in der Altstadt Mossuls ein Gebäude eingestürzt und soll viele Zivilisten unter sich begraben haben. Dabei sollen etwa 100 Menschen gestorben sein. Laut eines Untersuchungsausschusses des Pentagon war das der größte Verlust an Zivilisten, die bei einem einzelnen Vorfall ums Leben gekommen sind. Die tatsächliche Zahl könnte noch höher werden, da noch 36 Personen als vermisst gelten. Nach dem Bericht sollen die Terroristen das Gebäude mit Sprengfallen versehen haben, die durch die Luftangriffe ausgelöst werden und den Bau zum Einsturz brachten. Wenn dies zutrifft, ist das ein Beleg für die Rücksichtslosigkeit, mit der der ISIS vorgeht. 3) Tagesschau: Mehr als 100 tote Zivilisten in Mossul; Artikel nicht mehr verfügbar 4) Human Rights Watch: Iraq/US-Led Coalition: Weapons Choice Endangers Mosul Civilians; Artikel vom 08.06.17
Im Vorhinein zu den letzten Angriffen hatte die Koalition Flugblätter über den betroffenen Gebieten der Altstadt abgeworfen, um die Zivilisten zu warnen und zur Flucht zu bewegen. Doch die Terroristen hielten sie fest. Nach einem Bericht von HRW sind die Zivilisten eingepfercht, in denselben Gebäuden wie die ISIS-Kämpfer, um als Schutz zu dienen. Die Menschenrechtsorganisation drängt die US-Koalition deswegen darauf, bei der Wahl ihrer Waffen und Vorgehensweise diesen Umstand mit einzubeziehen. Zwischen dem 8. März und dem 26. April hatten irakische Streitkräfte Munition verwendet, die in dichtbesiedeltem Gebiet ein hohes Risiko birgt. Zu einer Zeit, in der sie offiziell das betroffene Areal unter ihrer Kontrolle hatten. Die Situation in Mossul ist verheerend. Auch wenn große Teile der Stadt nicht mehr unter Kontrolle von Terroristen stehen, werden nach den Kämpfen die noch lebenden Menschen keine Bleibe und keine Perspektive mehr in ihrer Heimat haben. Weitere Luftangriffe, die eventuell Munition mit großer Flächenwirkung beinhalten, werden mehr zivile Opfer fordern und Familien auseinanderreißen. Auf diese Weise entstehen Binnenflüchtlinge, die im vom Krieg geschüttelten Irak weiter für Instabilität sorgen könnten. 5) Human Rights Watch: Iraq: Civilian Casualties Mount in West Mosul; Artikel vom 06.06.17 6)Amnesty International: Iraq/US-Led Coalition: Weapons Choice Endangers Mosul Civilians; Artikel vom 08.06.17
Fußnoten und Quellen:
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