Al-Shabaab führt weiter Angriffe aus – Wie hat die Gruppe sich radikalisiert?
Die Al Shabaab-Milizen, die weite Teile Somalias beherrschen, überziehen das Land mit Terror. Obwohl sie international als Terrororganisation gesehen und in militärischen Auseinandersetzungen aufgerieben werden, stellen sie eine militärische Macht dar, an der kein Vorbeikommen ist. In den letzten Tagen und Wochen zeigte die islamistische Miliz wieder erhöhte Aktivität. Die Terroristen haben im halb-autonomen Puntland eine Militärbasis angegriffen. Bei dem Angriff sollen 50 Menschen ums Leben gekommen sein. Sie griffen das Camp Af-Urur an, welches in einer relativ sicheren Region Somalias liegt, schon zum zweiten Mal in diesem Jahr, nachdem sie im Januar schon bei einem Angriff gescheitert waren. Die Attacke auf die Basis folgt strategischen Gründen. Die Al-Shabaab-Miliz steht in enger Verbindung mit Al-Qaida, das im Jemen operiert. Durch das Zurückdrängen der Truppen erhoffen sich die Terroristen eine bessere Verbindung über den Golf von Aden hinweg. Af-Urur liegt bei den schwer zu überquerenden Galgala-Bergen. Ein Angriff erfolgte auch ein paar Tage vorher im Südwesten des Landes, unweit der Region Bakool, nahe Huddur. Bei dieser Attacke der Miliz waren fünf Menschen getötet worden und 12 weitere verletzt. Die Terrormiliz ist seit ungefähr 2006 in Somalia aktiv. Sie ist die tödlichste Vereinigung dieser Art in Afrika und hat damit die vor allem in Nigeria aktive Boko Haram überholt. Somalia wird wiederholt von Dürren und Hungerkatastrophen heimgesucht, die viele Menschen dazu zwingen, aus ihrer Heimat zu fliehen. Die Miliz hat vor allem ländliche Teile des Landes unter ihrer Kontrolle und erschwert Hilfslieferungen und –maßnahmen in diesen Gebieten. 1) Voice of America: Somalia: 5 Killed, 12 Hurt in al-Shabab Attack on Somali Military Base; kostenpflichtig 2) Voice of America: Somalia: Heavy Losses Reported as Puntland Forces Repel Al-Shabaab Attack; kostenpflichtig 3) BBC: Who are Somalia’s al-Shabab?; Artikel vom 09.12.16
Somalia ist ein Lehrbuchbeispiel für das, was man allgemein einen failed state nennt. Die Macht der Regierung in der Hauptstadt Mogadischu reicht nur bis an die äußeren Grenzen der Stadt. Außerhalb davon regiert Al-Shabaab mit seiner radikalen Rechtsauslegung. Übersetzt heißt der Name „Die Jugend“. Sie wollen in Somalia die Scharia als gültiges Recht ausrufen und in den von ihnen beherrschten Gebieten wird dies auch praktiziert. Das Land am Golf von Aden ist vom Chaos gezeichnet. Die Bevölkerung muss nicht nur Hunger und Krankheit fürchten, sondern auch den Terror der Radikalen. Die vorherrschenden Probleme in Somalia sind seit langer Zeit bekannt. Die Menschen leiden unter Mangelernährung, eine Dürre erschwert das Leben und die Hilfslieferungen werden von den Islamisten abgefangen und dann unter den loyalen Anhängern und Bevölkerungsgruppen aufgeteilt. 4) Konrad Adenauer Stiftung: DIE SOMALISCHEN SHABAAB-MILIZEN UND IHRE JIHADISTISCHEN NETZWERKE IM WESTEN; nicht mehr verfügbar
Al-Shabaab entstand im Chaos. Die Union islamischer Gerichte – Ittihad al-Mahakim al-Islamiya – ist die Hauptgruppe, aus denen die Miliz letztendlich hervorging. Es gibt zwei Gründe, die immer wieder aufgeführt werden, die zur Entstehung der Milizen beigetragen haben. Der jahrelang anhaltende Bürgerkrieg des Landes veranlasste die Union dazu, die Milizen als ihren militärischen Arm zu gründen, der Ordnung in das Land bringen würde. Sie sollten die von den USA unterstützten Warlords bekämpfen. In der Union sind 400 oder 500 Kämpfer von Al Qaida ausgebildet worden. 5.000 weitere junge Söldner sollen eher aus nationalen Interessen gekämpft haben und nicht aus dschihadistischen Motiven. Der zweite Grund soll ein US-Bombenangriff gewesen sein. Dieser Einsatz der Amerikaner sollte die Drahtzieher der Attentate auf die US-Botschaften in Kenia und Tansania im Jahr 1998 ausschalten. Die Erkenntnisse aus der Zeit legten nahe, dass die beiden verantwortlichen Männer unter dem Schutz der Miliz standen. Doch der Angriff blieb ohne den erwünschten Erfolg und wurde zu einem Grund für die Gruppe, sich zu radikalisieren und zu militarisieren. 5) Konrad Adenauer Stiftung: DIE SOMALISCHEN SHABAAB-MILIZEN UND IHRE JIHADISTISCHEN NETZWERKE IM WESTEN; nicht mehr verfügbar 6) Der Standard: Somalia: Zwischen Islamisten und Hungertod; Artikel vom 13.06.17
Die Schuld an dem Desaster ist in Somalia nicht einfach zu verorten. Das Land war über Jahrzehnte in den Fängen des Kalten Kriegs gefangen und abhängig von wechselnden Allianzen mit der Sowjet-Union und den USA. Keines dieser Bündnisse konnte die Hindernisse überwinden, die der Staat mit den Clans hatte. Zuletzt versuchten die USA das Land in eine Demokratie umzuwandeln, aber nichts war von Erfolg gekrönt. Am Ende profitierten die Terroristen von den Waffenlieferungen der Vereinigten Staaten nach Somalia. In den 80er Jahren war Somalia das Land mit der weltweit höchsten Waffendichte. Im andauernden Durcheinander des Bürgerkriegs war nicht mehr sicher zu stellen, wer die gefährlichen Waren in die Hände bekommt. Auf diese Weise konnten die Shabaab-Milizen aufrüsten und ihren Feldzug, der bis heute eine knappe Million Somalis in die Flucht getrieben hat, fortsetzen. 7) UNHCR: Horn of Africa; nicht mehr verfügbar 8) Scribd: Die Piraterie in Somalia samt einer kurzen Geschichted des Landes und seiner Ökonomie; Stand vom 21.06.17
Fußnoten und Quellen:
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