Kleine Insel vs. Weltkonzern – Marinduque verklagt Barrick Gold
Der Bergbau auf Marinduque verwandelte die kleine Insel in eine toxische Müllhalde. Große Bergbaukonzerne fördern dort Rohstoffe, die in unserem Alltag nicht mehr wegzudenken sind: Kupfer für unsere Handys, seltene Erden für unsere Computer und Metalle, die wir für Autos und Flugzeuge benötigen. Darunter leiden aber Mensch und Natur, wie eine neue Reportage der Süddeutschen Zeitung berichtet.
Was auf Marinduque passiert, wo die Bewohner schon zuvor mit Naturkatastrophen zu kämpfen hatten, nennen Wissenschaftler „externe Effekte“; Umweltschutz ist teuer, Umweltverschmutzung kostet die Unternehmen allerdings nichts, solange der Staat nicht eingreift. So versprechen die Firmen Arbeitsplätze und Wirtschaftswachstum und den Preis zahlen Mensch und Natur, es kommt zu Ernteausfällen und Krankheiten. Die ärmsten Regionen des Landes sind die mit den reichsten Rohstoff-Vorkommen. Wo die Konzerne überall Erde abtragen haben, um die Rohstoffe fördern zu können, zeigen die vielen Narben der Insel. Bei der Förderung werden giftige Stoffe freigesetzt und gelangen in Flüsse, Seen und ins Grundwasser.
Ein Konzern ist dafür maßgeblich verantwortlich: Marcopper, dessen ehemalige Minen momentan im Besitz von Barrick Gold sind. Viele sehen schon im Namen einen Zusammenhang mit dem ehemaligen Diktator der Philippinen Ferdinand Marcus. Nach dessen Sturz wurde veröffentlicht, dass er sogar die Hälfte der Anteile der Firma besaß. Der Konzern entstand aus einem Deal zwischen dem kanadischen Placer Development, das später zu Placer Dome wurde, und dem Diktator. Marcopper entsorgte den giftigen Schlamm in der Calcan-Bucht, vertrieb damit die Fische und erstickte die Korallen. Die Minenabfälle formten mit der Zeit sogar eine eigene Landzunge. Wenn der Wind vom Meer weht, bringt er giftige Partikel an Land, die Bewohner nennen das „Schnee aus Kanada“.
1986 veranlasste die Regierung, dass die giftigen Abfälle nicht mehr in der Bucht entsorgt werden dürfen, also nutzte Marcopper alte Tagebauten zur Entsorgung. Dort bildete sich aus den Abfällen in Verbindung mit Regenwasser ein giftiges Gemisch und die nächste Katastrophe bahnte sich an. 1) Süddeutsche Zeitung: Schmutzige Geschäfte; Die vergiftete Insel – Seite 1; Artikel vom 30.1.17 1993 brach der Damm, der die giftigen Gewässer in den Bergen hielt. Die giftige Flutwelle überschwemmte die Dörfer und zerstörte die Häuser. Marcopper schob die Verantwortung auf einen Taifun. Auch als der Betonstöpsel eines Auffangbeckens sich löste und das giftige Wasser in den größten Fluss der Insel überschwappte, erklärte Marcopper, ein Erdbeben wäre schuld gewesen. Der Boac-Fluss, in den das giftige Wasser gelangte und der für die Bewohner überlebenswichtig ist, wurde daraufhin für biologisch tot erklärt. Die Bewohner wurden nie entschädigt.
Marcopper machte aber weiterhin hohe Gewinne und verbuchte sein Geld über eine Tochterfirma im Steuerparadies der Cayman-Inseln. Den Menschen fehlt immer noch das Geld, um die Schäden zu beseitigen. Als die Anschuldigungen lauter wurden, verkaufte Placer Dome die Anteile an Marcopper, welches – zumindest auf dem Papier – weiterexistiert. Die offizielle Firmenanschrift ist in Manila, doch dort ist niemand zu finden, der Fragen beantworten könnte. Die Kanadier verließen die Insel, für die Beseitigung der Umweltschäden fühlten auch sie sich nicht verantwortlich. 2) Süddeutsche Zeitung: Schmutzige Geschäfte; Der Dammbruch – Seite 2; Artikel vom 30.1.17
Viele Bewohner leiden an einer rasselnden Lunge und haben Hautirritationen und Hautkrankheiten. Die Krebsfälle häufen sich. Seit 1997 wurde über der Calcan-Bucht der Notstand ausgerufen. Der Arzt Dr. Edzel Muhis spricht von einer stillen Epidemie auf Marinduque. Besonders die Quecksilbervergiftungen bei schwangeren Frauen sind problematisch. Auf der Insel werden immer mehr Kinder mit Mikrozephalie geboren, ihre Köpfe sind kleiner und ihre Fähigkeiten stark eingeschränkt. 3) Süddeutsche Zeitung: Schmutzige Geschäfte; Die stille Epidemie – Seite 3; Artikel vom 30.1.17
Deshalb möchte die Insel nun die Verantwortlichen vor Gericht sehen und klagt Barrick Gold, den größten Goldriesen der Welt, an. Diese haben die Minen von Placer Dome aufgekauft. Der SZ teilen sie mit, mit der Situation in Marinduque nichts zu tun zu haben. Die Inselbewohner fordern allerdings über eine Milliarde US-Dollar Entschädigung. Die Fischer der Calcan-Bucht, die Menschen aus den Dörfern, in denen Flutwellen die Häuser zerstörten und all die, die ihre Lebensgrundlage verloren haben. Die Provinzregierung in Marinduque möchte die Umweltschäden geltend machen. Die Minenbetreiber wehren sich allerdings und weisen ihre Verantwortung zurück. Auch Barrick Gold will die Anklage “energisch“ abwehren. Bisher gab es keine Erfolge. Die Kläger leben gefährlich; die NGO Global Witness lastet der Bergbauindustrie Tötungen an 11 Umweltaktivisten an.
Die Hälfte der aktuell noch betriebenen 40 Minen im ganzen Land verstoßen immer noch gegen Umweltauflagen. Weitere Dammbrüche sind gewiss, jedoch wurden noch keine Reparaturen getätigt. Auch der neue Besitzer fühlt sich nicht verantwortlich, der Provinzregierung fehlt das Geld. Nach den Umweltkatastrophen verhängten Marinduque und andere Provinzen Moratorien, die Bergbau für 25 Jahre verbieten. Diese Zeit läuft bald ab. Es gab schon einen neuen Antrag für die Förderung von Kupfer – von Marcopper.4) Süddeutsche Zeitung: Schmutzige Geschäfte; Kleine Insel gegen Weltkonzern – Seite 4; Artikel vom 30.1.17
Fußnoten und Quellen:
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