Uganda: Gewaltsame Vertreibung Ansässiger für Kaffeeplantage
Ein extremer Fall von Landgrabbing: In Uganda wurden 2001 die Bewohner ganzer Dörfer von Soldaten vertrieben. Der Grund dafür war die Errichtung einer Kaffeeplantage der Hamburger Neumann Kaffee Gruppe, die zehn Prozent des weltweiten Rohkaffees produziert und damit führender Rohkaffeeanbieter ist. Neumann besitzt 47 Tochterunternehmen in 28 Ländern, darunter Kaweri, welche die Kaffeefarm in Uganda betreibt und 2012 einen Umsatz von 3,1 Milliarden US-Dollar erzielte. 1) Zeit Online: Unsere Farm in Afrika; Kaffeehandel; Artikel vom 28.08.2014
Kaweri kaufte nicht direkt das Land in Uganda auf, sondern vereinbarte einen Pachtvertrag mit der ugandischen Regierung auf 99 Jahre. 2) Neumann Kaffee Gruppe: Chronologie der Ereignisse um die Kaweri Coffee Plantation; aufgerufen am 17.01.2017 Für den Vertrag stellte die Neumann Kaffee Gruppe Bedingungen: Zum Einen sollte das Grundstück bei der Übergabe unbewohnt sein, die ansässige Bevölkerung entschädigt und umgesiedelt werden, zum anderen sollte das Gebiet frei vom Anspruch weiterer Personen sein. Das Grundstück, um das es sich handelt, wird Block 99 genannt. Das Problem dabei war der unklare Grenzverlauf zwischen Block 99 und dem benachbarten Block 103. So wohnten einige Personen laut Grundbucheintrag auf Block 103, anderen Einträgen zufolge, auf die sich die Neumann Gruppe beruft, handelt es sich um den Block 99. Die Bewohner von Block 103 sahen sich somit nicht in der Pflicht, vom Grundstück wegzuziehen. 3) FIAN: Coffee to go; Die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen; 10.07.2019 Die Personen, welche laut Kaweri auf Block 99 wohnten, wurden daraufhin „[…] durch das ugandische Militär gezwungen […], das Land zu verlassen“. 4) Neumann Kaffee Gruppe: Chronologie der Ereignisse um die Kaweri Coffee Plantation; aufgerufen am 17.01.2017 Da mehrere Versuche, den Grenzverlauf eindeutig zu ermitteln, durch den ugandischen Resident District Commissioner unterlassen wurden, äußert FIAN Germany, eine Menschenrechtsorganisation, Zweifel, ob das Land korrekt zugeteilt wurde. Die ugandische Regierung verhandelte den Vertrag und es lag in ihrem Interesse, das Grundstück an die Neumann Kaffee Gruppe zu verpachten. 5) FIAN: Coffee to go; Die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen; 10.07.2019
Die Entschädigungen, die Neumann Kaffee verlangte, wurden zwar bezahlt, die Bewohner mussten diese an einem bestimmten Tag abholen und eine Quittung über die erhaltenen 50 000 Ugandische Schilling (ungefähr 32 US-Dollar) unterschreiben. Durch das einschüchternde Beisein bewaffneter Soldaten, „unterschrieben die Betroffenen, obwohl sie die 50 000 Schilling nicht erhielten.“ 6) FIAN: Coffee to go; Die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen; 10.07.2019 Neumann Kaffee wies die Anschuldigung zurück, da „Kaweri als Vorbedingung Belege für die erfolgten Kompensationen [erbrachte]“. 7) Neumann Kaffee Gruppe: Chronologie der Ereignisse um die Kaweri Coffee Plantation; aufgerufen am 17.01.2017 FIAN beschreibt die bestätigte Umsiedelung der Einheimischen: Das ugandische Militär ging gewaltsam gegen die lokal ansässige Bevölkerung vor: Sie schossen auf die Tiere, vertrieben die Menschen und zündeten die Hütten sowie Felder an. Die Bewohner mussten alles zurücklassen und viele starben auf der Flucht vor der Gewalt, auch Kinder. In der darauffolgenden Zeit mussten viele Menschen unter Bäumen schlafen. Insgesamt verloren in der Zeit über 2 000 Personen ihr zu Hause. Früher konnten sie sich selbst versorgen. Sie hatten ein Haus und Vieh, heute haben sie nichts mehr. 8) Zeit Online: Unsere Farm in Afrika; Zehntausende Kleinbauern leben vom Kaffee; Artikel vom 28.08.2014 Die Neumann Kaffee Gruppe über diese Anschuldigung: „Die Behauptung, 2 000 Menschen seien im Zuge des Landverkaufs von Block 99 vertrieben worden, entbehrt jeglicher Grundlage und ist geradezu absurd.“ 9) Neumann Kaffee Gruppe: Chronologie der Ereignisse um die Kaweri Coffee Plantation; aufgerufen am 17.01.2017
Die Zeit berichtete: Die Neumann Kaffee Gruppe habe zwar nichts von der Vertreibung direkt gewusst, sei sich aber durchaus im Bewusstsein gewesen, dass solche Vorgangsweisen in Uganda von Seiten der Regierung vorkämen. „Der [Kaffee] wächst nun mal nicht in Mecklenburg-Vorpommern.“, so der Chef der Neumann Gruppe. Er rechtfertigt die Vorwürfe damit, dass es in Deutschland nicht möglich sei, ein Unternehmen profitorientiert zu führen und gleichzeitig ethisch und nachhaltig zu agieren. Die Neumann Gruppe sieht sich nicht verantwortlich für die Vertreibung, da sie den Vertrag in dem Wissen unterschrieben hatte, dass Ansässige ordnungsgemäß umgesiedelt und entschädigt werden. 10) Zeit Online: Unsere Farm in Afrika; Es geht um Vertreibung, Landraub und Gewalt; Artikel vom 28.08.2014
Eine junge Frau erzählte FIAN, dass sie keine Besitztümer mitnehmen konnte, als ihr Haus gestürmt wurde. Der Vater wurde verletzt und starb wenige Tage später und auch die Mutter kam nach einigen Monaten ums Leben. Daraufhin hinterblieben sechs Waisenkinder. Sie bekamen Essen, allerdings nicht immer, woraufhin die jüngsten zwei Geschwister starben. Ein ugandischer Anwalt hat daraufhin für über tausend Betroffene die Anklage gegen Kaweri eingeleitet. Erst im Jahr 2013 sprach das Gericht das erste Urteil: Den Vertriebenen sollte eine Entschädigung von elf Millionenen Euro zustehen, dagegen wehrte sich das Unternehmen wiederum, weswegen das Verfahren immer noch läuft. 11) FIAN: Uganda; Kaffee mit dem Geschmack der Vertreibung; aufgerufen am 17.01.2017
Den Umgesiedelten wurde von der Neumann Kaffee Gruppe eine kostenlose Trinkwasserversorgung, eine Verbesserung der Infrastruktur, der medizinischen Versorgung sowie der Schulbildung versichert. Somit sieht die Neumann Gruppe das Projekt als Verbesserung der Lebensumstände in diesem Gebiet. 12) Neumann Kaffee Gruppe: Das Projekt: Kaweri und die Pacht von „clean title“ – Land in Uganda; nicht mehr verfügbar
Laut FIAN wurde kaum etwas davon umgesetzt, es gibt keine Wasserbrunnen und die zugeteilten Flächen seien deutlich kleiner als die früheren. 13) FIAN: Coffee to go; Die Vertreibung zugunsten der Kaweri Coffee Plantation in Mubende/Uganda und ihre Folgen; Artikel vom Dezember 2013 Außerdem stellte die Menschenrechtsorganisation fest, dass das Wasser im Umkreis der Kaffeeplantage durch einen viel zu hohen Eisenwert nicht trinkbar sei. 14) FIAN: Pressemitteilung; 15 Jahre Vertreibung zugunsten Neumann Kaffeeplantage in Uganda; nicht mehr verfügbar Der Streit zwischen FIAN und der Neumann Kaffee Gruppe ist heute noch immer nicht beendet.
Fußnoten und Quellen:
Anna
Veröffentlicht um 12:01h, 08 DezemberAber natürlich wirbt die Firma auf ihrer Homepage mit sozialem Engagement und Nachhaltigkeit. Greenwashing vom Feinsten!
Eberhard Pil
Veröffentlicht um 21:56h, 07 MaiHier hört die Freiheit des Unternehmertums auf. Warum zeigt niemand das Gesicht, das seiner Familie, das seiner Manager und das seiner politischen Vertreter? Man muss den Menschen zeigen wer persönlich hinter diesen Machenschaften steckt, wo dessen Kinder in die Schule gehen und in welchen Gesellschaften sich ihre Familien bewegen. Nur die ständige persönliche Konfrontation und das berühren der eigenen Scham zwingt diese nur auf ihren Profit starrenden Typen zumindest ansatzweise zu reagieren!!!