Europa: unnötige Gaspipeline opfert Menschenrechte
Eigentlich plant die Europäische Union ihren Treibhausgasausstoß bis 2050 um bis zu 95 Prozent zu reduzieren. Trotzdem setzt sie aber weiter auf den Ausbau der Gasinfrastruktur und legt sich mit dem neuesten Projekt, dem „Southern Gas Corridor (SGC)“ für Jahrzehnte auf Fossile Brennstoffe fest. Denn der Bau der 3500 km langen Pipeline soll mindestens 45 Milliarden US-Dollar kosten. 1) tap-ag: Southern Gas Corridor; veröffentlicht im 12.2016
Übergeordnetes Ziel der Pipeline ist es, sich unabhängiger von russischen Gas-Importen zu machen. Derzeit bezieht die EU noch über ein Drittel ihrer Gasimporte aus Russland. Da die Beziehungen jedoch stark angespannt sind, soll nun eine weitere Alternative geschaffen werden. 2) statista: Verteilung der Gasimporte der EU nach Herkunft; aktualisiert in 2016
Das große Problem dabei ist jedoch, dass Gas und Konflikte eng miteinander zusammenhängen. Europa ist auf Energieträger wie Gas angewiesen und unterstützt dabei auch Regimes, die für schwere Menschenrechtsverletzungen verantwortlich sind. Dies geschieht nicht nur auf politischer Ebene sondern vor allem mit immensen Geldsummen. Pro Jahr gibt die EU etwa 400 Milliarden Euro für den Import fossiler Energieträger aus. Dieses Geld fördert dann zum Beispiel das berüchtigte Alijew-Regime in Aserbaidschan, das für brutale Unterdrückung und Inhaftierung von Regimegegnern steht. Seine Macht speist es aus den Gasquellen, die mit dem neuen Projekt nun auch die EU versorgen sollen. 3) epo: Europa opfert Menschenrechte für neue Gasquellen; veröffentlicht am 09.12.2016
Das Land stand in den letzten Jahren international im Licht von Großereignissen wie den Europaspielen oder dem Eurovision Song Contest. Dafür wurden Milliarden in große Infrastrukturprojekte und modere Architektur in der Hauptstadt Baku investiert. Im Schatten stehen jedoch die ländlichen Gebiete – sechsspurige Boulevards werden hier zu Schotterpisten. Die Regierung wird deshalb von vielen Seiten stark kritisiert. Kritiker werden jedoch bedroht und inhaftiert oder gezwungen, das Land zu verlassen. Menschenrechtsorganisationen wird die Einreise verwehrt und die Pressefreiheit ist stark eingeschränkt. Zudem gibt es zahlreiche Korruptionsvorwürfe und keine der letzten Wahlen wurde als frei und fair beschrieben. 4) globalmotion: „Walking the Line“; veröffentlicht im 12.2016
Diese Situation fördert die EU also für nur 2,5 Prozent des gegenwärtigen Gas-Verbrauchs. Aber nicht nur unter den Regimes leiden Menschen. Die Pipeline, die durch insgesamt sieben Länder laufen wird, wird Ackerland und Wälder und zum Teil sogar ganze Dörfer zerstören. Weitere Umweltrisiken wie zum Beispiel Erdbebenrisiken werden nicht ausreichend untersucht. Viele Menschen könnten also ihre Lebensgrundlagen verlieren und werden über diese Gefahr noch nicht einmal informiert. 5) urgewald: PM: Gas gegen Menschenrechte – Studie über EU-Pipeline-Projekt „Southern Gas Corridor“; nicht mehr verfügbar
Dies alles geschieht, obwohl der Gas-Verbrauch in den letzten Jahren deutlich zurückging. 2014 war er bereits 23 Prozent niedriger als noch 2010. Da die großen Energiekonzerne wie zum Beispiel BP jedoch auf unser Energiesystem aus fossilen Energieträgern bauen und dieses kontrollieren, betreiben sie seit 2011 mit Millioneninvestitionen erfolgreich Lobbyarbeit in der EU. So wollen sie das gegenwärtige Energiesystem erhalten. Sie verhindern damit jedoch, dass erneuerbare Energien gefördert werden und unterstützen indirekt den Klimawandel, der bereits jetzt viele Menschen zur Flucht zwingt. 6) urgewald: PM: Gas gegen Menschenrechte – Studie über EU-Pipeline-Projekt „Southern Gas Corridor“; nicht mehr verfügbar
Durch den Bau der Pipeline werden also verschiedene Fluchtursachen verschärft. Einerseits nationale Konflikte, andererseits Umweltzerstörungen, die den Menschen die Lebensgrundlage nehmen. Die EU verschließt vor diesen Problemen jedoch die Augen, weil sie von großen Konzernen unter Druck gesetzt wird.
Fußnoten und Quellen:
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