Libyen: EU will Küstenwache trainieren – diese gefährdet jedoch Flüchtlinge und Helfer
Bewaffnete Grenzschützer gehen an Libyens Küsten teilweise aggressiv gegen Flüchtlings- und Helferboote vor. Nun kam es sogar zu Todesfällen. Bis zu 30 Menschen sind ertrunken, berichtete ein Sea-Watch-Sprecher. Die Hilfsorganisation hat bereits Strafanzeige erstattet, denn die Küstenwache hatte die Rettungsaktionen massiv behindert. Im August wurde dann sogar ein Schiff der Ärzte ohne Grenzen beschossen. Auch hier soll es sich um ein Versehen gehandelt haben. Und trotzdem möchte die EU die Zusammenarbeit mit der libyschen Marine stärken. Die Küstenwache soll Flüchtlingszahlen reduzieren. 1) Süddeutsche Zeitung: Küstenwache gefährdet Flüchtlinge und Helfer; Artikel vom 16.11.16 , 2) Süddeutsche Zeitung: Schiff der Ärzte ohne Grenzen beschossen; Artikel vom 16.11.16
Auf dem Schlauchboot brach Panik aus. Um 3.25 Uhr morgens seinen die ersten Menschen ins Wasser gesprungen. Die Sea-Watch wurde bei ihrer Rettungsaktion aber ausgerechnet von den Uniformierten behindert. Dieser Vorfall an der Küste Libyens am 21. Oktober bezeichnet die deutsche Hilfsorganisation als „Überfall der libyschen Küstenwache“. Er markiert den bisherigen Höhepunkt des Konflikts zwischen europäischen Rettungsschiffen und bewaffneten Booten aus Libyen, die in letzter Zeit immer häufiger aneinander geraten. Zivile Seenotretter wurden mit Waffen bedroht, eines ihrer Schiffe beschossen und eines beschlagnahmt. 3) Süddeutsche Zeitung: Küstenwache gefährdet Flüchtlinge und Helfer; Artikel vom 16.11.16
Als im August ein Schiff der Ärzte ohne Grenzen von einem Schnellboot aus beschossen wurde, soll es sich um ein Versehen gehandelt haben. Im Protokoll der Ärzte ohne Grenzen heißt es allerdings, sie hätten das Schiff systematisch durchsucht und Einschusslöcher gefunden. Die libysche Marine sprach von „Warnschüssen“ und „nichtbeabsichtigten Treffern“. Sie kündigte an, den Fall zu untersuchen, allerdings heißt es aus dem Auswärtigen Amt, es „liegen keine weiteren Informationen vor“. Auch wegen eines weiteren Vorgehen verhandelt die Bundesregierung mit der Einheitsregierung in Tripolis: ein Speedboot der Regensburger Organisation Sea Eye mitsamt zwei Freiwilligen wurde verschleppt. Die deutsche Besatzung setzte sich für die Freilassung der Aktivisten ein, aber das Boot blieb in Libyen. 4) Süddeutsche Zeitung: Schiff der Ärzte ohne Grenzen beschossen; Artikel vom 16.11.16
Die Suche nach Flüchtlingen auf dem Mittelmeer hat sich professionalisiert. Freiwillige Helfer und angestellte Rettungsschwimmer stimmen ihre Einsätze aufeinander ab. In Libyen ist die Situation dagegen unübersichtlicher: das Land ist gespalten und mehrere Regierungen konkurrieren um die Herrschaft. Unterschiedliche politische Gruppen kontrollieren die See-, Luft- und Landesgrenzen. Die Einheitsregierung in Tripolis sicherte im Sommer lediglich Teile der Seegrenzen im Raum Tripolis. Aber trotz dieser unüberschaubaren Lage hat die EU Ende Oktober begonnen, 78 Angehörige dieser Küstenwache auf Marineschiffen zu schulen. Sie sollen die europäische Soldaten dabei unterstützen, „Menschenhandel und Schleusernetzwerke zu stören“ und außerdem auf dem Mittelmeer „Leben [zu] retten“. 5) Süddeutsche Zeitung: Küstenwache gefährdet Flüchtlinge und Helfer; Artikel vom 16.11.16
Die neu ausgebildete Küstenwache soll die Zahl der Flüchtlinge, die über die sogenannte „zentrale Mittelmeer-Route“ nach Europa fliehen wollen, reduzieren. Bis zum Frühjahr 2017 soll die Ausbildung weitgehend beendet sei. 6) tagesschau: Ausbildung libyscher Küstenwache; Die EU bittet zum Training; Artikel vom 25.10.26
Der Linken-Abgeordnete Andrej Hunko kritisiert die Zusammenarbeit scharf. Es sei nicht hinnehmbar, „wenn diese brutalen libyschen Einheiten jetzt auf EU-Kriegsschiffen ausgebildet und unterstützt werden“, sagt er. Deren Aufgabe würde es schließlich sein, Flüchtlinge auf dem Weg in die Europäische Union abzufangen und in libyschen Lagern festzuhalten. Lybien bleibt ein zerrissenes Land, in dem es auch an Flüchtlingen und Migranten zu Menschenrechtsverletzungen kommt. 7) Süddeutsche Zeitung: Schiff der Ärzte ohne Grenzen beschossen; Artikel vom 16.11.16
Fußnoten und Quellen:
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