Afrika: Ist das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wirklich eine Entwicklungschance?
Der „freie“ Markt könne die Entwicklung afrikanischer Staaten besser fördern, so Bundeskanzlerin Merkel. Von den offenen Märkten würden alle profitieren. Gegen den Widerstand der Länder wurden nun die Wirtschaftspartnerschaftsabkommen, die sogenannten EPA’s, durchgesetzt. Öffentlich werden sie als Projekte zur Bekämpfung von Fluchtursachen dargestellt. Allerdings werden durch die rücksichtslose Interessenpolitik der privaten Investoren oft Märkte und Lebensgrundlagen zerstört. Wo Überredungskunst nicht mehr ausreichte, wurde den Staaten gedroht und mit Erpressung gearbeitet. Die EU-Handelspolitik ist eine der zentralen Fluchtursachen. 1) Frankfurter Rundschau: Die wahren Fluchtursachen; Artikel vom 13.10.16
Doch was steckt eigentlich hinter dem bereits in Kraft getretenem Wirtschaftsabkommen mit den Ländern des südlichen Afrikas? Es soll sich hierbei um ein entwicklungsorientiertes Abkommen mit fünf Ländern handeln, darunter Botsuana, Lesotho, Namibia, Südafrika und Swasiland. Mosambik ist dabei, das Abkommen zu ratifizieren und wird bald möglichst beitreten. Angola hat ebenfalls Beobachter-Status. Sechs der 15 Mitglieder der Entwicklungsgemeinschaft des Südlichen Afrikas (SADC) gehören nun also der EPA-Gruppe an. Die EU ist deren größter Handelspartner. Der Wert der gehandelten Waren beläuft sich auf 63 Millarden Euro (2015). Mit Unterzeichnung der Vereinbarung verpflichten sich alle Parteien dazu, im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu handeln. Das schließt auch die Einhaltung sozialer und ökologischer Standards ein. Auch engere Wirtschaftsbeziehungen innerhalb der Länder sollen gefördert werden. 2) European Comission: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Ländern des Südlichen Afrikas tritt in Kraft; Artikel vom 10.10.16
Es sei konzipiert worden, um in den kommenden Jahren vielen Menschen aus der Armut zu helfen. Der Kommissar für internationale Zusammenarbeit und Entwicklung, Neven Mimica, erklärt, das Abkommen könne auch zu Arbeitsplätzen und nachhaltiger Entwicklung beitragen. Es könne zur „regionalen wirtschaftlichen Integration, zur Schaffung günstigerer Rahmenbedingungen für Unternehmen und zur Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit der Region“ beitragen. 3) juris: Wirtschaftspartnerschaftsabkommen mit Ländern des Südlichen Afrika tritt in Kraft; Artikel vom 10.10.16
Andrew Mold, UN-Wirtschaftsexperte für Ostafrika, sieht die afrikanische Wirtschaft allerdings langfristig bedroht. „Die afrikanischen Länder können mit einer Wirtschaft wie der deutschen nicht konkurrieren. Das führt dazu, dass durch den Freihandel und die EU-Importe bestehende Industrien gefährdet werden und zukünftige Industrien gar nicht erst entstehen, weil sie dem Wettbewerb mit der EU ausgesetzt sind.“
Deshalb sträubten sich die Staaten zu Anfang gegen das Abkommen, worauf die EU im Oktober 2014 Einfuhrzölle auf mehrere Produkte aus Afrika verhängte. Das soll sogar zu Entlassungen geführt haben, wie etwa in Kenia. 4) swr: Wie die EU ihre wirtschaftlichen Interessen gegenüber Afrika durchsetzt; nicht mehr verfügbar Afrikanische Länder wurden also vor die Wahl gestellt: Entweder sie öffnen ihre Märkte für Produkte aus Europa und beseitigen ihre Zölle für etwa 86 Prozent der Importe oder sie verlieren den bevorzugten Zugang zu Europas Märkten. Das führt nun nicht nur zum Verlust der Zolleinnahmen, die EPA’s bringen vor allem den wirtschaftlich Stärkeren – also den europäischen Konzernen – Vorteile.
Die einheimischen Produktionen der schwächeren Industriezweige sind dadurch existentiell bedroht, genau wie die Landwirtschaft. Es ist also nicht fair, von Entwicklungschancen zu sprechen, wenn diese nur den europäischen Investoren zu Gute kommen. Viel mehr zerstört die EU-Handelspolitik die Lebensgrundlage vieler Menschen. Viele Menschen mussten deshalb ihre Heimat verlassen und das müssen womöglich auch in Zukunft umso mehr. 5) Frankfurter Rundschau: Die wahren Fluchtursachen; Artikel vom 13.10.16
Fußnoten und Quellen:
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