Weltbank: Vertreibung und Mord – Wie Fördergelder der Weltbank Staaten bei Menschenrechtsverletzungen unterstützen
Weltweit laufen NGO’s und Regierungen gegen den neuen, dritten Entwurf des Umwelt- und Sozial-Rahmenwerks der Weltbank an. Dieser enthält entgegen der Versprechungen der Institution keine strengeren Regeln für von der Weltbank finanzierte Projekte, sondern gar Aufweichungen dieser.1)Entwicklungspolitik Online: Weltbank: Kekeritz warnt vor Aushöhlung sozialer und ökologischer Standards; Artikel vom 04.08.2016 So finden sich statt fester Voraussetzungen für Fördergelder schwammige Formulierungen wie „angemessen“ oder „wo es technisch und finanziell möglich ist“. Diesen Änderungen hat – entgegen beispielsweise der US-amerikanischen – die deutsche Bundesregierung zugestimmt. Dabei wurde die Änderung des Regelwerks von einer im letzten Jahr angefertigten Studie angestoßen, die über 6.000 Dokumente der Institution untersuchte und dabei Erschreckendes feststellte: Innerhalb des letzten Jahrzehnts wurden über 3,4 Millionen Menschen in Zusammenhang mit 900 Weltbank-Förderprojekten vertrieben. Besonders betroffen von dieser Entwicklung seien indigene Volksgruppen. Doch entgegen aller formulierter Reue und den Versprechen einer Verbesserung der Regelungen bewegt die Weltbank sich in eine andere Richtung.2)Süddeutsche Zeitung: Wie Weltbankprojekte den Ärmsten schaden; Artikel vom 16.04.2015
Besonders stark wird in afrikanischen Staaten gegen die vermeintlichen Standards der Weltbank verstoßen. Speziell Zwangsumsiedlung und die Zerstörung von Slums kommen hier immer wieder vor.3)Die Zeit: Weltbank verletzt Menschenrechte weltweit; Artikel vom 16.04.2015 Im Rahmen des SAGCOT Großprojektes, das in Zusammenarbeit mit internationalen Konzernen wie Nestle und Bayer im fruchtbarsten Teil Tansanias die Landwirtschaft fördern soll, wurden nach Studien von Misereor und der IWGIA 5.000 Ureinwohner vertrieben. Dabei sei es zu Todesfällen und Vergewaltigungen gekommen, an denen mutmaßlich auch Regierungstruppen beteiligt waren.4)Umweltdialog: Weltbank setzt Schutz von Ureinwohnern in Afrika aus; Artikel vom 30.06.2016
Konträr zu solchen Auswüchsen wurde die Weltbank bereits 1944 im Rahmen des Bretton Woods Abkommens eigentlich gegründet, um Armut durch die Unterstützung mit Krediten weltweit zu bekämpfen. Sie ist mit einem Kreditvolumen von 60 Mrd. US-Dollar jährlich die größte Entwicklungsinstitution weltweit. Die Bankstatuten besagen eindeutig „do no harm“, richte keinen Schaden an. Dieses Prinzip scheint die Weltbank im letzten Jahrzehnt in hunderten von Fällen zumindest durch mangelnde Kontrollen und Wegschauen gebrochen zu haben.5)Süddeutsche Zeitung: Wie Weltbankprojekte den Ärmsten schaden; Artikel vom 16.04.2015
Dass dies eigentlich nicht passiert, dafür sollen die sogenannten ‚Safeguards‘ sorgen. Dies sind die oben beschriebenen Regeln für Kreditempfänger, die nun weiter aufgeweicht wurden. „Das scheint ein Weg zu werden, wie man zwar auf dem Papier diese Standards beibehält, aber sie immer, wenn es opportun erscheint, einfach außer Kraft setzt, sobald sich irgendein Staat gegen die Anwendung wehrt.“, kommentierte der Urgewald-Weltbankexperte Knud Vöcking gegenüber NDR, WDR und SZ.6)Umweltdialog: Weltbank setzt Schutz von Ureinwohnern in Afrika aus; Artikel vom 30.06.2016 So wolle die Weltbank Kredite vergeben, ohne zu überprüfen, ob Menschenrechtsstandards und international anerkannte Umweltabkommen eingehalten werden. Skandalös ist auch, dass Projekte in Naturschutzgebieten ermöglicht werden sollten.7)Entwicklungspolitik Online: Weltbank: Kekeritz warnt vor Aushöhlung sozialer und ökologischer Standards; Artikel vom 04.08.2016
Auch die Bundesregierung hat dieser Verwässerung von Regeln unverständlicherweise zugestimmt. In einem Kommentar entgegnete Entwicklungsminister Müller, seinem Ministerium lägen keine Informationen zu Vertreibungen vor. Dabei unterstellt sogar die US-Regierung der Weltbank, mit den neuen leichteren Regulierungen einen „bedauerlichen Präzedenzfall“ zu schaffen.8)Umweltdialog: Weltbank setzt Schutz von Ureinwohnern in Afrika aus; Artikel vom 30.06.2016
Die Entwicklungen in der Weltbank sind extrem besorgniserregend. Besonders für die in den weltweit geförderten Regionen lebenden indigenen Völker dürften diese neuen Regeln, wenn sie sich durchsetzen, nichts Gutes bedeuten. Dabei könnte Deutschland etwas tun, um an den Tausenden von Vertriebenen jährlich etwas zu ändern. Nach Großbritannien, den USA und Japan ist die Bundesrepublik der größte Geldgeber der Weltbank. Darüber hinaus verfügt sie über eine von 25 Stimmen im entscheidenden Gremium. Deutschland könnte wahrscheinlich nicht alle desaströsen Projekte verhindern, doch könnte es mit der Unterstützung schärferer Regeln und Kontrollen die Grundlage dafür schaffen, dass im kommenden Jahrzehnt keine 3,4 Millionen Menschen unter Finanzierung der Weltbank ihre Heimat verlieren.
Fußnoten und Quellen:
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