Jordanien: Syrische Flüchtlinge verschärfen die jordanische Wasserkrise weiter – Hilfe des Westens ist nicht in Sicht
Seit fünf Jahren tobt der syrische Bürgerkrieg. Mittlerweile sind über 12 Millionen Menschen vor dem Konflikt geflohen: die Einwohnerzahl Bayerns. Alleine sechs Millionen Menschen befinden sich noch immer in Syrien. Die Hauptlast der humanitären Krise tragen neben Syrien die Nachbarstaaten Türkei, Libanon, Jordanien und der Irak. Alleine Libanon hat eine Millionen Menschen aufgenommen, ebenso viele wie Deutschland und ein Viertel der libanesischen Bevölkerung. Doch am meisten leidet ein Land: Jordanien. Hier reichen die Zahlen von 650.000 bis zu geschätzten einer Millionen Menschen. 1)UNHCR: Persons of Concern; nicht mehr verfügbar Das führt zur Verschärfung eines der drängendsten Probleme des Landes, der mangelnden Wasserversorgung. Das Land ist eines der zehn trockensten der Welt. Eine Person hat im Jahr lediglich 100 Kubikmeter Wasser zur Verfügung, in Europa sind es im Schnitt 2000.
Schon vor dem Bürgerkrieg in Syrien und den hunderttausenden Flüchtlingen befand sich das Land in einer prekären Lage. Der Fluss Jordan, Namensgeber des Landes und Lebensader für die gesamte Region, trocknet immer weiter aus. Dies ist eine Folge der exzessiven Nutzung des Wassers zu landwirtschaftlichen Zwecken durch insbesondere Israel. Der biblische Fluss, im 19. Jahrhundert noch ein reißender Strom, bildet heute ein teilweise lediglich sieben Meter breites Rinnsal, das zudem noch stark verschmutzt ist.2)Neue Züricher Zeitung: Gott hasst die Verschwender; Artikel vom 21.07.2016 Aufgrund dieser Entwicklung trocknet auch das Tote Meer immer weiter aus. Jordanien wird somit zunehmend abhängig von Regenfällen, die jedoch in den letzten Jahren ebenfalls zurückgehen. Zudem verdunstet in dem zu großem Teil aus Wüsten bestehenden Land 94 Prozent des Niederschlags direkt, wodurch lediglich sechs Prozent das knappe Grundwasser erneuern.3)Columbia University: Water Shortages in Jordan; Stand 21.07.2016 Dessen Wasserspiegel sinkt dadurch einen ganzen Meter im Jahr und wird immer schwieriger nutzbar. Wäre dies alles noch nicht genug, verliert das Land auch noch geschätzte 40 Prozent seines genutzten Trinkwassers durch kaputte Leitungen und Wasserdiebstahl.
Es wird versucht Lösungen zu finden, doch das ist schwierig und teuer. Ein kürzlich mit den Jordan-Anrainerstaaten beschlossenes Großprojekt soll eine Pipeline verwirklichen, die das Wasser des Roten Meeres für die Region nutzbar machen soll. Es soll entsalzen und die Salzlake schließlich in das Tote Meer geleitet werden. Ein für das Land vielversprechendes, aber mit neun Milliarden Dollar kaum zu stemmendes Projekt. Darüber hinaus wird im Norden Jordaniens fossiles Wasser abgepumpt. Dieses ist allerdings nur eine begrenzte Zeit von circa 50 Jahren nutzbar. Darüber hinaus wurde eine mögliche Verstrahlung festgestellt, die jedoch von der Regierung verneint wird. Am vielversprechendsten sind vor allem Aufklärungsprogramme über das Sparen von Wasser und Investitionen in die Wasser-Infrastruktur. Doch eine langfristige Lösung für das sich durch die stark wachsende Bevölkerung und die 650.000 Flüchtlinge verschlimmernde Problem, ist keiner der genannten Ansätze.4)Neue Züricher Zeitung: Gott hasst die Verschwender; Artikel vom 21.07.2016
Doch Europa und die USA lassen Jordanien mit diesen existentiellen Problemen alleine. Investitionen gibt es lediglich von privater Seite und diese alleine werden nicht reichen. Doch was ist von einem europäischen Kontinent zu erwarten, der sich alleine aus diffusen Ängsten vor Geflüchteten sowie vor einer Infiltration durch Terroristen und einem wachsenden Rechtspopulismus zur Hilfe hat drängen lassen? Nur 0,4 Prozent der Flüchtlinge leben in Deutschland, über 90 Prozent leben hingegen in Entwicklungsländern. Trotzdem bleibt wirkliche Hilfe aus, politische Fragen und Angst vor Wohlstandsverlust verhindern sie. 5)Entwicklungspolitik Online: Entwicklungsländer tragen Hauptlast; 08.05.2015 Selbst der Türkei, einem NATO-Mitglied, das die die Hauptlast der externen syrischen Flüchtlinge aufgenommen hat und sich verpflichtet diese an der Weiterreise nach Europa zu hindern, wurden lediglich drei Milliarden Euro zur Verfügung gestellt. Jordanien, das über keine ausreichenden strategischen Vorteile für Europa und die USA verfügt, wird kaum mit zusätzlichen Geldern rechnen können, um seine eigene Wasserkrise und somit auch die Situation der syrischen Geflüchteten zu verbessern. Sollte dies aber nicht geschehen, welche Chance haben die Menschen, als ihr Glück auf dem Mittelmeer zu versuchen?
Fußnoten und Quellen:
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