Die EU greift im Kampf gegen die blutigen Importwaren aus der DRK nicht durch
Justin Nkunzi ist als Priester in der Stadt Buvaku im Osten der Demokratischen Republik Kongo (DRK) tätig. Mit einer katholischen Entwicklungsorganisation reist er oft in reiche Industriestaaten wie Deutschland, um über die Schicksalsschläge seiner Landsleute zu informieren. So erzählt er beispielsweise von einer Frau, die auf ihn zukam und ihm mit flacher Hand ins Gesicht schlug. „Sie war monatelang von Männern entführt, in einer Mine versklavt und vergewaltigt worden“, sagt Nkunzi leise. „Als sie mich sah, dachte sie, ich sei einer von ihnen.“ Die Rede ist von Rebellen, Soldaten, Schmugglern und Zwischenhändlern, die die Bevölkerung zum Abbau der Rohstoffe zwingen und aus den Einnahmen ihren Kampf gegen den Staat finanzieren. Aber auch Manager von Weltkonzernen wie Apple, Amazon oder Google schlagen aus dem Geschäft Profit und sind in die Deals mit lokalen Guerilla-Gruppen verwickelt. 1) zeit.de: Das Kongo-Dilemma – Artikel vom 12. Juni 2014
20 US-Dollar kostet im östlichen Teil des Landes ein gegrilltes Huhn. Alle Lebensmittel sind teuer, weil nichts mehr angebaut wird. Die lukrativere Ernte lockt unter der Erde: Die DRK ist reich an Coltan, Zinn und Gold. 80 Prozent der Bevölkerung sind im Bürgerkriegsgebiet in Minen tätig. Dabei bilden vor allem entlegene Minen in weiten Waldgebieten ein Eldorado für bewaffnete Gruppen, die von den Schürfern Zwangsabgaben erpressen und so unter anderem ihre Waffen finanzieren. 2) welt.de: Mit deutscher Hilfe weg vom „Bluthandy“ – Artikel vom 17. Februar 2016 Um die Rohstoffe dennoch legal erscheinen zu lassen, wählen die Rebellen einen Dorfbewohner aus, der die Ware nach Uganda schmuggelt und schließlich über Mittelsmänner an die großen westlichen Unternehmen verkauft. Weder die Minenarbeiter noch die Schmuggler erhalten etwas vom Erlös. Mithilfe von persönlichen Kontakten im Ministerium und Schmiergeld werden die entsprechenden Unterschriften für die Zertifizierung besorgt, so dass die Waren verschifft werden können. Der Konsument in Europa, der sich im Schnitt jedes Jahr ein neues Smartphone kauft, bekommt davon meist wenig mit. 3) dw.com: Geschäft mit Konfliktrohstoffen: „Es geht um Millionen“ –Artikel vom 17. Dezember 2014
Mit dem Dodd-Frank-Act, der im Jahr 2010 durch die Regierung Obamas beschlossen wurde und eigentlich zur Bewältigung der Finanzkrise diente, mussten 6.000 amerikanische Unternehmen erstmals Berichte erstellen, aus denen hervorgeht, ob sie Rohstoffe aus dem Bürgerkriegsland beziehen. Infolge des Gesetzes beschäftigten sich die Unternehmen intensiv mit ihrer Wertschöpfungskette und versprachen, weitere Maßnahmen zu unternehmen, um ihre Zulieferer unter Druck zu setzen und bessere Daten über die Herkunft der Metalle zu liefern. 4) zeit.de: Das Kongo-Dilemma – Artikel vom 12. Juni 2014
Auch die EU möchte den Rebellen mit mehr Transparenz die finanzielle Basis nehmen und verschärft nun die Regeln für Mineralienimporte aus Konfliktregionen. Im Juni reichte die EU-Kommission einen ersten Entwurf ein, der eine Offenlegung über die Herkunft der nach Europa importierten Rohstoffe beinhaltet und damit den sogenannten „Upstream“-Teil der Produktion abdeckt. Der „Downstream“-Bereich, der auch die nachgelagerte Produktion beinhalten würde, findet im Entwurf hingegen überhaupt keine Erwähnung. Viele Unternehmen wären damit gar nicht betroffen, da sie Vorprodukte beziehen oder Maschinen nutzen, in denen Konfliktrohstoffe verbaut sind. „Nur ein Bruchteil der Unternehmen, die in der EU Konfliktrohstoffe nutzen und verarbeiten, muss wirklich prüfen, inwieweit sie zur Finanzierung von Konflikten und massiven Menschenrechtsverletzungen beitragen“, kritisiert Pirmin Spiegel vom katholischen Hilfswerk Miseor. Damit sei die Mehrheit der europäischen Unternehmen – etwa aus der Automobil- und Elektroindustrie – völlig aus der Verantwortung entlassen. 5) dw.com: EU: Neue Regeln für Konfliktrohstoffe – Artikel vom 21. Juni 2016
Unterdessen kämpft Nkunzi weiter gegen die Folgen des Minengeschäfts an und baut Traumazentren, die Fluchtorte für die Opfer des Bürgerkriegs darstellen. Denn seit mehr als einem Jahrzehnt versetzen die Rebellen ganze Teile des Landes in Angst und Schrecken. Sie foltern Männer, traumatisieren Kinder und vergewaltigen Frauen. Für ihn bleiben die Minen daher vor allem eines: die Quelle des Krieges. 6) zeit.de: Das Kongo-Dilemma – Artikel vom 12. Juni 2014
Fußnoten und Quellen:
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