Waffen für Krisengebiete – Teil des Tagesgeschäfts bei Rüstungskonzernen
„Rheinmetall bietet mit seinen Produkten Schutz und Sicherheit für Menschen und Länder. Sicherheit ist die Grundvoraussetzung für Freiheit und Wohlstand.“ – so die Auffassung des ehemaligen Chefs des deutschen Rüstungskonzerns Rheinmetall. 1) RP Online: „Eine Welt ohne Waffen ist reine Utopie“ – Artikel vom 27.10.2012 Ob Waffenlieferungen in Krisengebiete diese Sicherheit für die Zivilbevölkerung gewähren, ist allerdings höchst zweifelhaft. Rheinmetall, der größte deutsche Rüstungskonzern, verfolgt eine fragwürdige Geschäftsstrategie: Die Produktion wird zunehmend in Länder mit niedrigeren Sicherheitsstandards verlagert – dort werden Waffenlieferungen weniger reguliert – und landen von dort auch in Krisengebieten. Damit werden regionale Konflikte verschärft und führen zu Flucht und Vertreibung. 2) Deutschlandfunk: Viel Kritik am Rüstungskonzern – Artikel vom 12.05.2015
Rheinmetall macht fast 70 Prozent seines Umsatzes mit Kunden außerhalb Europas. Der Fokus liegt dort auf dem Mittleren Osten, der Türkei, Nordafrika und Südostasien. „Damit trägt Rheinmetall zur Aufrüstung von Spannungs- und Konfliktgebieten bei und liefert seine Militärgüter auch an Regime, die Menschenrechte mit Füßen treten und in Kriege verstrickt sind“, kritisiert Barbara Happe, Expertin für Rüstungsfinanzierung bei der NRO urgewald. Das zeigt, dass die Geschäftsstrategie rein wachstumsorientiert ist: Länder wie Saudi-Arabien sind für ihre Menschenrechtsverletzungen bekannt. 3) urgewald: Rede bei der Hauptversammlung der Commerzbank AG – Rede am 20.04.2016
Die Lieferungen müssen vorerst von der Bundesregierung genehmigt werden. Besonders Rüstungsexporte in Staaten außerhalb der EU sollen nur in Ausnahmefällen eine Genehmigung erhalten. Diese Exportgenehmigung der Bundesregierung für Waffenlieferungen umgehen Rüstungskonzerne wie Rheinmetall aber geschickt: Über Tochterfirmen und Joint Ventures macht der Großkonzern auch mit Kunden aus Ländern Gewinne, die für Menschenrechtsverletzungen im eigenen Land verantwortlich sind oder außerhalb des eigenen Landes Kriege führen. 4) epo: Kritiker werfen Rheinmetall „problematische Geschäftsstrategie“ vor – Artikel vom 09.05.2016
Zum Beispiel werden so in Saudi-Arabien Waffen produziert – wo diese letztendlich landen, wird immer intransparenter. Dort wurden Waffen mit deutscher Expertise hergestellt und landeten in Somalia, in dem seit über 20 Jahren Bürgerkrieg herrscht und verschiedene Milizen die Zivilbevölkerung terrorisieren. Die Rüstungsindustrie profitiert – die Menschen vor Ort nicht. 5) Vice: Verursachen deutsche Waffenexporte Fluchtbewegungen? – Artikel vom 28.10.2015
Über eine Mehrheitsbeteiligung betreibt Rheinmetall aktuell ein Joint Venture in Saudi-Arabien, in dem Munition für Artillerie, Mörser und Flugzeugbomben hergestellt werden. 6) n-tv: Rheinmetall baut Munition in Saudi-Arabien – Artikel vom 15.04.2016 Seit 2015 führt Saudi-Arabien mit einer Militärallianz im Jemen Krieg – dabei starben bereits etwa 6.000 Zivilisten, etwa zwei Drittel durch die Kriegskoalition. 2,4 der 24 Millionen Jemeniten sind auf der Flucht, mindestens die Hälfte der Bevölkerung ist von Hunger bedroht. 7) urgewald: Rede bei der Hauptversammlung der Commerzbank AG – Rede am 20.04.2016 Dabei sind auch deutsche Waffen beteiligt. 8) epo: Kritiker werfen Rheinmetall „problematische Geschäftsstrategie“ vor – Artikel vom 09.05.2016 Saudi-Arabien ist für deutsche Rüstungsunternehmen ein wichtiger Kunde: Auch Heckler& Koch liefert dorthin Sturmgewehre. 9) Spiegel Online: Rüstungsexporte nach Saudi-Arabien: Handel mit den Henkern – Artikel vom 06.01.2016
Die Waffen können aus den von deutschen Rüstungskonzernen unterstützten Fabriken leicht in Drittstatten gelangen – der weitere Verlauf bleibt undurchsichtig. Beispielsweise werden in Syrien Rebellen von Saudi-Arabien ausgestattet. In den chaotischen Zuständen des Bürgerkriegs sorgt eine weitere Zulieferung von Waffen letztendlich für eine Befeuerung des Konflikts. 10) Spiegel Online: Krieg in Syrien: Panzerfäuste aus Saudi-Arabien gingen offenbar an Radikale – Artikel vom 10.03.2014 Auch die Terrororganisation ISIS kämpft laut Augenzeugenberichten mit deutschen Waffen. 11) Zeit Online: IS kämpft auch mit deutschen Waffen – Artikel vom 08.12.2015
Nach Algerien lieferte Rheinmetall mit Genehmigung der Bundesregierung 2014 eine ganze Panzerfabrik – in dieser werden Radpanzer im Wert von knapp 28 Millionen Euro gefertigt. Dabei sind auch weitere deutsche Rüstungskonzerne wie Thyssenkrupp beteiligt. 12) Frankfurter Rundschau: Rheinmetall darf Panzerfabrik nach Algerien liefern – Artikel vom 24.08.2014 Die Entscheidung der Bundesregierung erntete massive Kritik: Die Panzer könnten unrechtmäßig gegen die eigene Bevölkerung eingesetzt werden – in Algerien werden Demonstrationen oft blutig niedergeschlagen. Auch der Verbleib der Panzer ist unklar: Bei einem vergleichbaren Deal mit Ägypten wurden diese Panzer in anderen Krisengebieten wie dem Sudan oder dem Kongo eingesetzt. 13) Merkur: Deutschland baut Algerien eine Panzerfabrik – Artikel vom 18.06.2014
Die Toleranz der Bundesregierung gegenüber dem Export von Waffen ist trotz der Möglichkeit, Exporte zu unterbinden, überwältigend: Im Jahre 2011 wurden von 17.856 Anträgen auf Genehmigung des Exports von Waffen nur 105 abgelehnt. Das sind etwa 0,5 Prozent. 14) Roger Willemsen: Das Hohe Haus – Ein Jahr im Parlament – Februar 2016
Natürlich erzeugen nicht die Waffen allein Kriege, es sind Menschen, die mit diesen Waffen Krieg führen. Allerdings trägt die massenhafte Verfügbarkeit von hocheffizienten Waffen zu einer höheren Zahl von zivilen Opfern bei – das löst eine Spirale aus Gewalt aus, die immer mehr Waffen verlangt. Terrorgruppen wie der ISIS erbeuten immer wieder massenhaft Waffen aus Arsenalen von früheren Lieferungen. Meist sind Zivilisten die Leidtragenden. Somit werden auch Fluchtursachen wie Kriege und Vertreibungen verstärkt.
Ein Flüchtling aus dem Irak, der als „Weiser des Lagers“ in Idomeni lebt, sieht einen deutlichen Zusammenhang zwischen Flucht und der Produktion von Waffen: Für ihn gäbe es ohne den Waffenhandel keine Milizen und Kriege. „Wie können wir über den Terror sprechen, und zum Waffenhandel schweigen, den der Terror doch verwendet, um Menschen zu töten? Die Waffen werden frei verkauft und überallhin transportiert, doch ihr Ursprungsort ist Europa.“ 15) Süddeutsche Zeitung: Reportage aus Idomeni: Großer Gott – Artikel vom 05.05.2016
Fußnoten und Quellen:
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