Kenia will Flüchtlingslager schließen – Hunderttausende sind bedroht
In Kenia haben mehr als 600.000 Menschen aus Kriegsgebieten Zuflucht gefunden. Ihre Zukunft ist jedoch ungewiss: Vergangenen Freitag hat die kenianische Regierung erklärt, sie wolle die beiden größten Flüchtlingscamps im Land – Dadaab und Kakuma – schließen. Diese Ankündigung hat sie bereits letztes Jahr gemacht, allerdings aufgrund internationaler Proteste nicht in die Tat umgesetzt. Diesmal aber wurde auch publik gemacht, dass die staatliche Flüchtlingsbehörde aufgelöst werden soll, damit die Schließung so schnell wie möglich kommen könne. 1) washingtonpost.com: Kenya says it will close all refugee camps, displacing 600,000 people – Artikel vom 09.05.2016
In ihrer Mitteilung beschreibt die kenianische Regierung die Aufnahme der Flüchtlinge als große wirtschaftliche und sicherheitspolitische Last, die das Land für die internationale Gemeinschaft getragen habe. Besonders schwer wiegt die Angst vor dem Terror in Kenia: Im April 2015 griffen Islamisten die Universität von Garissa im Osten des Landes an und töteten mehr als 150 Menschen. Die Regierung Kenias argwöhnt, dass sich Terroristen der somalischen Terror-Gruppe Al-Shabaab als Flüchtlinge ausgeben und über die Lager ins Land kommen.
Etwa drei Viertel der Flüchtlinge in Kenia stammen aus Somalia. Das Camp Dadaab besteht bereits seit 25 Jahren, vieler seiner Bewohner wurden dort geboren. In Kakuma dagegen leben überwiegend Menschen aus dem Südsudan, die vor dem Bürgerkrieg in ihrer Heimat geflohen sind. 2) dw.com: Kenia will weltgrößtes Flüchtlingslager schließen – Artikel vom 07.05.2016
Geht es nach dem Willen der Regierung, soll damit nun Schluss sein. Wann genau die Lager geschlossen werden sollen, ist indes noch unklar 3) independent.co.uk: Kenya to close all refugee camps and displace 600,000 people – Artikel vom 08.05.2016 – ebenso wie die Frage, wohin all die Menschen gehen sollen, wenn Kenia ihnen keine Zuflucht mehr gewährt. In ihren Heimatländern sind sie extremen Gefahren ausgesetzt. Ihr Leben ist dort bedroht. Bisher haben laut UNHCR nur etwas mehr als 4000 somalische Flüchtlinge aus Dadaab die Rückkehr in die Heimat gewagt.
Eine Alternative wären sogenannte Resettlement-Maßnahmen, wobei Flüchtlinge in sichere Drittstaaten umgesiedelt werden. Doch Regelungen dieser Art kommen kaum voran. Menschenrechtsorganisationen rufen die kenianische Regierung deshalb eindringlich dazu auf, die Camps nicht zu schließen – oder aber dafür zu sorgen, dass die Flüchtlinge vollständig und dauerhaft in die kenianische Gesellschaft integriert werden. Erzwungene Rückkehr in Staaten, in welchen Flüchtlinge verfolgt werden sowie Gewalt und Kämpfe zum Alltag gehören, dürfe keine Option darstellen. 4) washingtonpost.com: Kenya says it will close all refugee camps, displacing 600,000 people – Artikel vom 09.05.2016
Damit es soweit nicht kommt, muss sich auch die internationale Gemeinschaft stärker und vor allem verlässlicher engagieren. Auf Geberkonferenzen versprechen reiche Staaten häufig große Summen, um Menschen in Kenia und in aller Welt humanitär zu unterstützen. Doch die Versprechen werden oft nicht eingehalten. Deshalb müssen häufig Essensrationen gekürzt werden. Für internationale Hilfsorganisationen wird es immer schwieriger, ihre Hilfsprogramme zu planen, da sie nie wissen können, wie viel Geld ihnen zur Versorgung der Flüchtlinge tatsächlich zur Verfügung steht. Auf große Geberkonferenzen verlassen sie sich deshalb nicht mehr, eher auf konkrete Zusagen einzelner Regierungen. 5) deutschlandradiokultur.de: Wie Geberländer ihre Versprechen brechen – Artikel vom 14.12.2015
Kenia kann unmöglich alleine für seine Flüchtlingscamps aufkommen. Die enge Kooperation mit dem UNHCR ist deshalb besonders wichtig. Das UNHCR und viele andere Organisationen, wie etwa das Welternährungsprogramm, haben aber mit chronischem Geldmangel zu kämpfen – und warnen vor Konflikten, die in unterfinanzierten Lagern entstehen können. 6) wfp.org: Refugees in Kenya´s Dadaab Camp Find Life a Daily Struggle – nicht mehr verfügbar Sollte es in Kenia vermehrt zu Auseinandersetzungen innerhalb der Camps kommen, könnte dies der Regierung einen weiteren Grund liefern, sie zu schließen. Die Zukunft Hunderttausender wäre bedroht.
Fußnoten und Quellen:
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