Humanitärer Weltgipfel – Feigenblatt oder substantielle Verbesserungen?
In Istanbul kamen gestern Staats-und Regierungschefs aus vielen Ländern sowie Vertreter aus Politik, Wirtschaft, von Hilfsorganisationen und aus der Zivilgesellschaft zum ersten Humanitären Weltgipfel zusammen.
Schon bevor es überhaupt losging, gab es Kritik an dem Treffen: Die Organisation Ärzte ohne Grenzen nannte den Gipfel ein „Feigenblatt“ für internationales Versagen und sagte ihre Teilnahme daran ab. Vickie Hawkins, Direktorin von Ärzte ohne Grenzen in Großbritannien, teilte mit, es sei nicht wahrscheinlich, dass die Staaten, die sich momentan ihrer Verantwortung für Flüchtlinge entziehen, nun ein neues Kapitel aufschlagen würden – „es gibt viele gute Absichten, aber auch leere Rhetorik.“
Die Vereinten Nationen, allen voran deren Generalsekretär Ban Ki-moon, wollen mit dem internationalen Treffen den Versuch starten, das System der humanitären Hilfe zu reformieren. Angesichts der 125 Millionen Menschen, die auf humanitäre Unterstützung angewiesen sind sowie chronisch unterfinanzierter Hilfsorganisationen ist das auch bitter nötig.
Die Kernanliegen sind dabei unter anderem, lokale Gruppen besser zu finanzieren, Flüchtlinge auf mehr Staaten zu verteilen sowie eine bessere Planung von Hilfen in Katastrophensituationen und für vom Klimawandel stark betroffene Regionen. 1) theguardian.com: World humanitarian summit starts amid hope, hype and fear of empty words – Artikel vom 23.05.2016
Ein Blick nach Äthiopien zeigt, dass gerade auch der letztgenannte Punkt ein besonders wichtiger ist: Seit einem Jahr hat es in dem ostafrikanischen Land kaum geregnet. Es kam vor, dass das Saatgut auf den Feldern verdorrte, bevor es überhaupt keimen konnte. Viel Vieh ist verendet. Die Dürre trifft Äthiopien besonders hart, denn das Land ist eigentlich auf einem guten Weg: Die wirtschaftliche Wachstumsrate war in den letzten Jahren zweistellig. 2) zeit.de: Äthiopien: Menschen verdursten, Ziegen verhungern, Saatgut verdorrt – Artikel vom 16. Mai 2016
Die momentane Trockenperiode ist auf das Wetterphänomen El Niño zurückzuführen. Es ereignet sich immer zur Weihnachtszeit im Pazifik und hat monatelange Auswirkungen. Zu El-Niño-Zeiten verändern sich die Luft- sowie Wasserströme. Das führt dazu, dass es in manchen Regionen der Welt zu heftigen Regenfällen und Überschwemmungen kommt – in anderen Gegenden dagegen herrscht Trockenzeit.
In diesem Jahr ist das Phänomen besonders heftig ausgefallen. Über die Gründe dafür haben Klimaforscher keine gesicherten Erkenntnisse, denn El Niño ist ein hochgradig unberechenbares Phänomen. Sicher ist jedoch, dass die extremen Wetterereignisse zunehmen werden. Das hängt nicht nur mit El Niño zusammen, sondern vor allem mit dem vom Menschen verursachten Klimawandel.
Prognosen der Vereinten Nationen zufolge könnte sich Afrika besonders schnell erwärmen, um drei bis sechs Grad. Dies hätte verheerende Auswirkungen auf die zukünftigen Ernten. 3) dw.com: El Niño ist nur der Anfang – Artikel vom 18.02.2016 Die Folge: Viele Menschen müssen ihre Heimatregionen verlassen, weil die Äcker dort sie nicht mehr ernähren können. Der Klimawandel wird zum Fluchtgrund.
Entwicklungsländer brauchen bei der Bekämpfung der Folgen des Klimawandels Unterstützung. Auf der Pariser Klimakonferenz im vergangenen Dezember wurde ihnen Geld für den Ausbau erneuerbarer Energien zugesagt, um die Erderwärmung zu begrenzen.
Die Hilfsorganisation CARE hat heute eine positive Zwischenbilanz des Gipfels gezogen und lobte die Zusagen vieler Staaten für mehr und bessere humanitäre Hilfe. 4) epo.de: Weltgipfel für humanitäre Hilfe – CARE zieht zum Auftakt positive Bilanz – Artikel vom 24.05.2016 Doch es bleibt abzuwarten, ob die finalen Ergebnisse des Treffens ähnlich gut zu bewerten sind – oder ob die Kritiker doch Recht behalten.
Fußnoten und Quellen:
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