Hat der Westen den syrischen Aufstand eingefädelt?
Ost gegen West – auch heutzutage prägen die ideologischen Unterschiede beider Kulturen die Gesellschaft und Handlungen politischer Akteure. Im Hinblick auf den Krisenherd in Syrien verschärft sich das Bild einer zweigeteilten Welt noch weiter. Auf der einen Seite steht Baschar al-Assad, der mit Russland einen wichtigen Unterstützer gefunden hat, jedoch ansonsten kaum Verbündete vorzuweisen hat. Auf der anderen Seite steht „der Westen“, ein bunter Blumenstrauß von Ländern, die der Glaube an die freiheitliche Demokratie verbindet. Allen voran wird dies durch das Recht auf Selbstbestimmung ausgedrückt, das in der UN-Charta bereits im ersten Artikel festgehalten wird. Doch war die Rebellion in Syrien mit dem jetzigen Resultat eines fragilen, vermutlich auf Jahre hinweg ökonomisch nicht konkurrenzfähigen Staates wirklich selbstbestimmt? Oder gab es eine Allianz, die schon zu Beginn im Hintergrund die Fäden zog und durch ihr konspiratives Eingreifen die Lage noch verschlimmerte?
Die Spurensuche führt zurück ins Jahr 1991. Gemäß dem pensionierten US-General Wesley Clark habe Wolfowitz, der ehemalige Sekretär des Verteidigungsministerium, schon damals im Pentagon erklärt: „Was wir aus dem Golfkrieg gelernt haben, ist, dass wir unser Militär in dieser Region – dem Nahen Osten – einsetzen können, und die Sowjets stoppen uns nicht. Wir haben jetzt etwa fünf oder zehn Jahre, um diese alten Sowjetregime – Syrien, Iran und Irak – wegzuräumen, bevor die nächste große Supermacht kommt und uns herausfordert.“ Auch wenn es sich dabei um ein Zitat handelt, dessen Ursprung sehr weit zurückreicht, ist kaum zu verleugnen, dass diese Sätze durchaus die amerikanische Doktrin der letzen Jahrzehnte umschreiben. 1) zeitenschrift.com: Syrienkonflikt – Spiel mit dem Feuer – Stand: 23.05.2016
Der ehemalige französischen Verteidigungsminister, Roland Dumas, gab zudem im Fernsehen an, dass bereits zwei Jahre vor Beginn der Unruhen in Syrien britische Pläne vorlagen, in Syrien mit aufständischen Truppen einzufallen. Laut Dumas war die Rebellion von britischer Seite „vorbereitet, konzipiert und organisiert“, um die anti-israelische Regierung von Assad abzulösen. 2) mintpressnews.com: The West Created & Perpetuates The Syrian Civil War – nicht mehr verfügbar
Bei näherer Analyse der Ereignisse im Frühjahr 2011 unter Verwendung internationaler Nachrichtendienste fällt auf, dass die Demonstranten schon sehr früh über schwere Waffen verfügten, sodass die Proteste im frühen Stadium eskalierten und auch auf Seiten der Regierung zu hohen Opferzahlen führten. 3) mintpressnews.com: The West Created & Perpetuates The Syrian Civil War – nicht mehr verfügbar
So berichtete die israelische Zeitung „Arutz Sheva“ am 21. März von Ausschreitungen, in denen sieben Polizisten und mindestens vier Demonstranten getötet wurden. Die Meldung weist darauf hin, dass obwohl die Antwort der syrischen Regierung auf die Proteste brutal war, auch die Opposition zu gewaltsamen Aktionen gegenüber der Staatsmacht bereit war und über ein ausreichendes Waffenarsenal verfügte. Der israelische Nachrichtendienst „ Debkafile“ berichtete am 1. August zudem vom harten Widerstand der Rebellen, die über Panzerabwehrsysteme und schweren Maschinengewehren verfügt haben sollen. 4) mintpressnews.com: The West Created & Perpetuates The Syrian Civil War – nicht mehr verfügbar
Die Härte, mit der Assad gegen die bewaffnete Opposition vorging, legitimierte nun auch die militärische Unterstützung der Rebellen durch die westlichen Großmächte. Auffallend sind hier die Parallelen zu Libyen, wo auch erst nach der Eskalation in Bengasi internationale Maßnahmen breite Zustimmung in der Bevölkerung fanden. 5) mintpressnews.com: The West Created & Perpetuates The Syrian Civil War – nicht mehr verfügbar
Mitte August berichtet Debkafile schließlich von konkreten Plänen der NATO, syrische Rebellen mit eben diesen Waffen zu beliefern. Der amerikanische Vize-Präsident Joe Biden sprach, bezogen auf die Versorgung syrischer Rebellen mit Waffen und Kampfflugzeugen, gar von einem offenen Geheimnis. 6) mintpressnews.com: The West Created & Perpetuates The Syrian Civil War – nicht mehr verfügbar
Unter diesem Hintergrund scheint auch die militärische Ausbildung muslimischer Freiwilliger unter türkischer Führung nicht zu abwegig, die laut Debkafile ebenfalls in Kreisen der NATO diskutiert worden sein soll. Sibel Edmonds, eine ehemalige Übersetzerin arabischer Texte beim FBI veröffentlichte weitere Informationen über die geheimen Trainingscamps in der Türkei, die zum Zweck hatten, die militärische Basis in Syrien zu organisieren und zu vergrößern. Dass sich die ausgebildeten und bewaffneten „Freiwilligen“ später allerdings einer radikalen Gruppierung wie dem IS anschließen würden, wurde dabei anscheinend nicht bedacht.
Dass der Westen seinen Beitrag zur Eskalation in Syrien geleistet hat, steht heute außer Frage. Der Gedanke, dass der Krieg durch eine westliche Allianz ausgelöst wurde, um geopolitischen Interessen zu folgen, macht jedoch sprachlos, insbesondere dann, wenn tatsächlich versucht wurde, dies unter dem Deckmantel der Demokratie zu verschleiern. Wie es wirklich zu der verheerenden Situation in Syrien gekommen ist, ist heute durch die Vielzahl unterschiedlicher Darstellungen kaum noch zu rekonstruieren. Fest steht, dass ohne die Bereitstellung von Waffen und die dadurch entstandene Aggressionsspirale, eine friedlichere Lösung möglich gewesen wäre.
Der Krieg in Syrien hat weltweit die meisten Menschen zur Flucht gezwungen, sowohl innerhalb (7,6 Millionen Binnenvertriebene) als auch außerhalb des eigenen Landes (3,88 Millionen Flüchtlinge). Allein in diesem Jahr haben über 116 Tausend Menschen aus Syrien Asyl in Deutschland beantragt (Stand: April). Syrien stellt dabei das Hauptherkunftsland von Asylbewerbern in Deutschland dar. 7) unhcr.de: Weltweit fast 60 Millionen Menschen auf der Flucht – Artikel vom 18. Juni 2015 8) statista.com: Hauptherkunftsländer von Asylbewerbern in Deutschland im Jahr 2016 – Artikel vom 23. Mai 2016
Fußnoten und Quellen:
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