Fluchtverhinderung statt Hilfe für Geflüchtete
Seit Januar 2016 zwangern erneut Militärangriffe 138.000 Menschen aus der Provinz Nord-Darfur in die Flucht – Kriegsverbrechen wie die gezielte Bombardierung der Zivilbevölkerung sind im Sudan trauriger Alltag. Trotzdem hält die EU an der Kooperation mit dem ostafrikanischen Land zur Begrenzung der Flüchtlingszahlen fest. Somit werden diejenigen, die maßgeblich mit verantwortlich sind für hohe Zahlen von Geflüchteten und Vertriebenen, zu Komplizen der EU. 1) Pro Asyl: Pakt mit Despoten -Fluchtverhinderung um jeden Preis? – Stand 12.04.2016
Die neuerlichen Bestrebungen der EU sind ganz im Geiste der Khartoum-Erklärung, die im November 2014 von Vertretern der EU und Afrikas verabschiedet wurde. Diese hat die Absicht, die Kooperation zwischen der EU und Herkunfts- und Transitländern von Flüchtlingen zu intensivieren. Das deklarierte Ziel ist die Bekämpfung der irregulären Migration: Durch fehlende, legale Ausreisemöglichkeiten werden also faktisch Schutzsuchende davon abgehalten, die Überfahrt nach Europa anzutreten. Mit beteiligt waren dabei auch Vertreter aus Eritrea – aus der Militärdiktatur fliehen tausende Menschen und suchen Asyl in Deutschland. Wegen massiver Menschenrechtsverletzungen und politischer Repression liegt deren Anerkennungsquote bei 99 Prozent – wenn sie denn hier ankommen. 2) Pro Asyl: „Khartoum Erklärung“: Wie Europa Flüchtlinge aus Afrika abwehren möchte – Stand 12.04.2016 Der Sudan ist auch ein wichtiges Transitland für Flüchtlinge aus Eritrea, Somalia und dem Südsudan. 3) DW: Kampf gegen Schleuser im Sudan – nicht mehr verfügbar
Europa lagert so einfach seine Verantwortlichkeit aus: Migranten und Flüchtlinge sollen bereits vor den Grenzen Europas abgewehrt werden. Das bedeutet: Weniger empörende Bilder von verzweifelten Flüchtlingen in Europa. Mit den EU-Geldern werden die Behörden und Grenzen der Staaten aufgerüstet, um die Bevölkerung daran zu hindern, anderswo Schutz zu suchen. Somit wird zwar die Flucht an sich verhindert. Nachträglich wird aber das Leid der Unterdrückten verstärkt und die Situation verschärft sich weiter. Die Fluchtursachen, die der Flucht zugrunde liegen, werden nicht angegangen. 4) epo: 138.000 Menschen fliehen vor Bürgerkrieg in Darfur – Stand 12.04.2016
Das Regime im Sudan hält sich durch brutale Repression an der Macht. Umar al-Bashir ist der einzige amtierende Präsident der Welt, gegen den ein Haftbefehl des Internationalen Gerichtshofs wegen Völkermordes vorliegt. 5) Analyse und Kritik: Sudan soll das neue Libyen sein – nicht mehr verfügbar
Seit 2003 kämpfen in Darfur arabische Milizen mit Unterstützung des sudanesischen Militärs gegen örtliche Rebellen, die sich gegen ihre Unterdrückung und Vernachlässigung durch die Regierung in Khartoum wehren. Das Kernproblem in Darfur ist eine zunehmende Ressourcenknappheit – dabei macht sich auch die Erderwärmung bemerkbar. Der Sudan hat besonders in Dürrezeiten mit fehlenden Reserven und einem minimierten Agrarpotenzial zu kämpfen. Es entstehen Kämpfe um das wertvolle Trinkwasser und um Landrechte. Tausende Dörfer werden geplündert und verbrannt, zehntausende Menschen wurden bereits vertrieben. Die Folge sind anhaltende Hungersnöte, dramatische Menschenrechtsverletzungen und der Tod von Zivilisten. Der Darfur-Konflikt kann dabei zu den größten humanitären Katastrophen der letzten Jahrzehnte gezählt werden: Seit 2003 starben über 300.000 Menschen, etwa 2,5 Millionen mussten fliehen. 6) Doku Channel: Darfur, Autopsie einer Tragödie – Stand 12.04.2016
Viele der Vertriebenen leben seither in Camps. Der Regierung wird vorgeworfen, Verbrechen, Unsicherheit und Hunger in diesen Lagern gezielt zu organisieren. „Die Beweise zeigen eine von den sudanesischen Behörden ganz offiziell organisierte Kampagne, die das Ziel verfolgt, komplette Gemeinden in Darfur systematisch zu zerstören. In den Lagern werden Männer getötet und Frauen vergewaltigt“, so der Chefankläger des Internationalen Strafgerichtshofs Moreno-Ocampo, der im Jahr 2008 Haftbefehl gegen den sudanesischen Präsident Umar Al-Baschir beantragt hat. Seitdem wird Al-Baschir wegen Völkermords, Verbrechen gegen die Menschlichkeit und Kriegsverbrechen in Darfur vom Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag per Haftbefehl gesucht. 7) Welt: Der stille Völkermord des Omar Al-Baschir – Stand 12.04.2016
„Für Afrikas Despoten scheint sich die Zusammenarbeit mit Europa in der Flüchtlingskrise immer mehr zu lohnen“, so der Afrikareferent der Gesellschaft für bedrohte Völker. Anfangs war die Rolle des Sudans in der Flüchtlingsproblematik hauptsächlich eine Möglichkeit, sich aus der politischen Isolation zu befreien. Durch neuerliche Bündnisse profitieren sie aber auch finanziell: Die EU sagt immer höhere Summen für ein besseres Migrations-Management und die Bekämpfung von Instabilität zu. 8) epo: 138.000 Menschen fliehen vor Bürgerkrieg in Darfur – Stand 12.04.2016
Wegen der problematischen Menschenrechtssituation hat Deutschland seit den neunziger Jahren seine bilaterale Entwicklungszusammenarbeit mit Sudan eingestellt und fördert dort nur nichtstaatliche Projekte. Mit Ausbildungsinitiativen soll die Situation der Geflüchteten im Land verbessert werden und Perspektiven geschaffen werden. 9) Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung: Ausbildungsinitiative für Flüchtlinge im Sudan – Stand 12.04.2016 Die neuen Absichten, den Sudan zu hofieren, um die Zahl der Flüchtlinge einzugrenzen, stehen nicht im Geiste dieser Bestrebungen.
„Flüchtlingspolitik darf nicht erst an den Grenzen Deutschlands beginnen“, so der Bundesinnenminister de Maizière. 10) DW: Flüchtlinge: Wider die Notmaßnahmen – Stand 12.04.2016 Solange die Flüchtlingspolitik, die Deutschland und die EU in Herkunfts- und Transitländern betreibt, allerdings hauptsächlich aus Abschottung und der Kooperation mit Diktatoren besteht, wird die Zahl der Schutzsuchenden eher steigen – auch wenn sie nicht hier ankommen. Um nachhaltig für einen Rückgang des Leids der Menschen, die ihre Heimat verlassen müssen, zu sorgen, sollte Flüchtlingspolitik die Bekämpfung von Fluchtursachen statt die Bekämpfung der Flüchtlingszahlen in Europa im Fokus haben.
Fußnoten und Quellen:
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