Ab heute leben wir auf Kredit: Die Konsequenzen tragen Menschen im globalen Süden
Heute schon geduscht und im beheizten Auto zur Arbeit gefahren? Heute, am 29. April, ist der deutsche Erdüberlastungstag. Die deutsche Bevölkerung hat bis heute rechnerisch bereits den gesamten Anteil an natürlichen Ressourcen verbraucht, der ihr an Biokapazität in diesem Jahr zusteht. Das heißt: Ab jetzt leben wir für das restliche Jahr auf Pump. Das ist eine dringliche Erinnerung, unsere Produktions- und Handelspraktiken nachhaltiger zu gestalten und das persönliche Konsumverhalten zu überdenken. 1) epo: Deutscher Erdüberlastungstag-Natürliche Ressourcen für dieses Jahr komplett aufgebraucht – Artikel vom 28.04.2016 Heute bekommen die Folgen dieses Lebensstils hauptsächlich Menschen im globalen Süden zu spüren: Fluchtursachen werden dadurch geschaffen und verstärkt.
Vor allem durch die hohen CO2-Emissionen in der Industrie, der industriellen Landwirtschaft und im Verkehr sowie dem hohen Aufwand von Energie für die Produktion belasten wir die Erde mit unserem Lebensstil. Die Folgen sind der Rückgang der Artenvielfalt und damit eine empfindliche Störung des Ökosystems. Dies geschieht beispielsweise durch die Überfischung von Meeren, den Rückgang von Wäldern, einer weltweiten Landübernutzung und damit der fortschreitenden Desertifikation. Aus diesen menschlichen Eingriffen resultiert zuletzt der Klimawandel. 2) German Watch: Deutscher Erdüberlastungstag – Pressemitteilung vom 28.04.2016
Die Folgen der Ressourcenüberlastung bekommen aber meist nicht die Verursacher, die Menschen in den Industrienationen, sondern diejenigen im globalen Süden zu spüren. Durch den Fokus auf wirtschaftliches Wachstum in den Industrienationen werden immer mehr endliche Rohstoffe und andere Ressourcen wie Wasser, Land und Energie benötigt. 3) Inkota: Die Welt der Ressourcen – nicht mehr verfügbar Da Deutschland allein diesen enormen Bedarf an Rohstoffen nicht decken kann, wird die Nachfrage von anderen, rohstoffreichen Ländern bedient: zum Beispiel vom afrikanischen Kontinent. Dabei ergibt sich in paradoxer Weise eine Ungleichheit: Im rohstoffreichen Entwicklungsland leidet die Bevölkerung unter extremer Armut. Oft führt die Ausbeutung der Rohstoffe dort zu einem Teufelskreis aus Armut, Gewalt und Konflikt. Beispielsweise ist die Demokratische Republik Kongo eine der rohstoffreichsten Regionen weltweit. Trotzdem leben etwa 70 Prozent der Bevölkerung unterhalb der Armutsgrenze. 4) Bundeszentrale für politische Bildung: Fallstudie Demokratische Republik Kongo – Artikel von Januar 2012 Der Handel mit Mineralien wie Kobalt finanziert dort auch den seit zwei Jahrzehnten andauernden Bürgerkrieg. 5) Neue Osnabrücker Zeitung: Rohstoffe im Kongo: Der Krieg und unsere Handys – Artikel vom 14.02.2014 Währenddessen sind hier im Konsumentenland wenige Rohstoffe vorhanden. Dennoch herrscht enormer Wohlstand.
Auch von der anhaltenden Erderwärmung sind besonders Länder im globalen Süden betroffen. Während die Industrienationen historisch und gegenwärtig gesehen die Hauptverursacher des Klimawandels sind, ist die Gesamtheit der Entwicklungsländer nur für etwa 21 Prozent der Treibhausgasemissionen verantwortlich. 6) German Watch: Globaler Klimawandel – Auflage von 2011 Trotzdem bekommen diese die Konsequenzen härter zu spüren: Beispielsweise waren in Äthiopien 2015 rund 7,5 Millionen Menschen im Land von extremem Hunger bedroht und auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Das ist eine Folge der zunehmenden Erderwärmung, den daraus resultierenden Dürren und des Klimaphänomens El Niño. 7) Zeit Online: 7,5 Millionen Menschen in Äthiopien von Hunger bedroht – nicht mehr verfügbar Diese Ernährungsunsicherheit könnte allerdings zu einem großen Teil von fruchtbaren Ackerflächen in Äthiopien aufgefangen werden – wenn auf diesen nicht für den Export produziert werden würde. 8) Der Tagesspiegel: Äthiopien überlässt das Land den Investoren – Stand 29.04.2016 Beispielsweise baut die Münchner Firma Acazis AG in Äthiopien Rizinus und Erdnüsse zur Produktion von Biodiesel an. 9) epo: Protest gegen Landraub durch deutsche Investoren – Artikel vom 06.06.2012
Wenn alle Menschen weltweit so leben und wirtschaften würden, wie die Deutschen, wären 3,1 Planeten notwendig, um den Bedarf an Ressourcen zu decken.10) epo: Deutscher Erdüberlastungstag-Natürliche Ressourcen für dieses Jahr komplett aufgebraucht – Artikel vom 28.04.2016 Das westliche, auf Wachstum ausgerichtete Wirtschaftsmodell hat einen enormen Anteil und damit auch eine Mitverantwortung für die Armut von Millionen Menschen im globalen Süden. 11) Inkota: Die Welt der Ressourcen – nicht mehr verfügbar
Momentan richtet sich der Fokus vor allem auf die anhaltend hohe Zahl an Flüchtlingen, die unser Land erreichen. Viele Menschen erwarten, dass sich die Menschen, die vor Krieg, Hunger und Armut in unser Land fliehen, anpassen und keine Ansprüche stellen – während der westliche Lebensstil in einem erheblichen Maße zu deren Fluchtursachen beiträgt. Es gilt, diese anzugehen: Nur durch die Verbesserung der Lebensumstände von Millionen Menschen kann politische Stabilität eintreten. Das unterstreicht die Dringlichkeit von nachhaltigen Alternativen in den Bereichen Energie, Ernährung und Produktion. Außerdem sollte jeder einzelne bereit sein, sein Konsumverhalten zu überdenken und einzuschränken. Ein verantwortungsvoller Umgang mit den natürlichen Ressourcen bleibt ein Grundstein der Zivilisation – denn ohne eine stabile Umwelt kann diese nicht weiter existieren.
Mehr zum Erdüberlastungstag und dessen Berechnung hier: Global Footprint Network.
Fußnoten und Quellen:
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