Eine Handvoll Konzerne beherrschen die Lebensmittelbranche
Von den über sieben Milliarden Menschen, die auf der Erde leben, muss einer von neun jeden Abend hungrig schlafen gehen. Mehr als 820 Millionen Menschen auf der Welt haben nicht genug zu essen. Hunger macht das größte Gesundheitsrisiko weltweit aus. Mehr Menschen sterben jährlich an Hunger als an AIDS, Malaria und Tuberkulose zusammen. Viele Menschen entschließen sich zur Flucht, um zu überleben. 1) WFP: UN-Bericht: Die Zahl der Hungernden weltweit steigt zum dritten Jahr in Folge – Beitrag vom 15.07.2019
In den meisten Ländern Europas und Nordamerikas werden bis zu 50 Prozent aller Nahrungsmittel zwischen Teller und Acker vergeudet. Jeden Tag werden Unmengen an Obst und Gemüse entsorgt, da sie optischen Standards nicht genügen. Durch die Verschwendung von Lebensmitteln weltweit werden landwirtschaftlich nutzbare Flächen, die begrenzt zu Verfügung stehen, aufgebraucht und unnötig besetzt. Würden überschüssige Nahrungsmittel anders verwendet werden, anstatt sie wegzuwerfen, so stünden dem Weltmarkt entsprechend mehr Nahrungsmittel zur Verfügung. In den USA und den meisten europäischen Ländern liegt der Nahrungsmittelüberschuss bei 100 Prozent.
Die Gesamtheit aller Nahrungsmittel, die in Europa von den Verbrauchern und der herstellenden Industrie vergeudet werden, würde nach Schätzungen bis zu siebenmal ausreichen, um alle Hungernden dieser Welt mit dem Nötigsten zu versorgen. 2) Aufessen statt Wegwerfen, Tristram Stuart aus: Cola, Reis & Heuschrecken, Welternährung im 21. Jahrhundert. Edition Le Monde diplomatique.
Weltweit gibt es viele offizielle Ankündigungen den Welthunger bekämpfen zu wollen. Einer der größten Saatguthersteller der Welt, setzt auf grüne Gentechnik. Die Versorgung der Weltbevölkerung solle durch umweltfreundliche gentechnisch veränderte Nahrung sichergestellt werden. 3) Zeit.de: Bösewicht will Welt retten – Stand 14.03.2016 Viele Stimmen zweifeln aber an der guten Absicht des Saatgutherstellers, Hunger und Armut beenden zu wollen. Im Vordergrund stünde lediglich die Profitmaximierung unter anderem durch den Verkauf von patentiertem Saatgut und Pestiziden. Auch die Schaffung von Abhängigkeiten, unfairen Arbeitsbedingungen und Preisen, wie auch die Verschuldung und Verdrängung von Kleinbauern seien die Bestrebungen. 4) Missubuntu.wordpress.com: Falsche Lösungen für Hunger und Armut – nicht mehr verfügbar Andere Ansätze zur Lösung des Welthungers sind der Erhalt von kleinbäuerlicher Landwirtschaft nach dem Prinzip der Ernährungssouveränität. Ziel ist es, kulturell angemessene, nährstoffreiche Nahrungsmittel für die eigenen Bedürfnisse als Priorität zu erzeugen. Die internationale Kleinbauernorganisation La Via Campesina, die 200 Millionen Bauern in 70 Ländern repräsentiert, vertritt diese Grundsätze. Besonders wichtig sei es, die Kontrolle über die Produktion und Verteilung der Nahrungsmittel nicht einem Oligopol von Nahrungsmittelkonzernen zu überlassen, sondern die lokal ansässigen Menschen als Entscheidungsträger anzuerkennen. 5) Wikipedia.org: La Via Campesina – Stand 14.03.2016
Der Trend verläuft aber in die andere Richtung. Wenige Konzerne beherrschen die weltweite Lebensmittelproduktion und bauen diese Vormachtstellung aus. Im Zuge von unzähligen Fusionen und Übernahmen auf dem kommerziellen Saatgutmarkt besitzen eine Handvoll Unternehmen die Hoheit über die globale Produktion von Nahrungsmitteln. In Europa besitzen fünf große Firmen die Hälfte der Patente auf Pflanzen. Die drei größten Saatgutproduzenten besitzen 90 Prozent der Marktanteile bei Zuckerrüben, 57 Prozent bei Mais, 55 Prozent bei Sojabohnen. Auch spielen diese drei Konzerne eine führende Rolle auf dem Pestizide-Markt. Es ist davon auszugehen, dass zum Anbau des Saatguts die Verwendung von Pestiziden von diesen Konzernen nahegelegt wird. 6) Netzfrauen.org: Kampf der Giganten – Wenige Konzerne beherrschen die weltweite Lebensmittelproduktion – Stand 14.03.2016
Mit 274.000 Unternehmen, einem Jahresumsatz von mehr als 950 Milliarden Euro und mehr als vier Millionen Beschäftigten ist die Lebensmittelbranche eine der größten Branchen in Europa. Da die Gesetzgebung in der Lebensmittelbranche schon seit Jahrzehnten in Brüssel verabschiedet wird, gilt der Sektor als besonders gut vernetzt. Einhergehend mit der hohen wirtschaftlichen Kraft, die von Großkonzernen ausgeht, kann politische Macht ausgeübt werden. Laut Schätzungen treffen in den EU-Institutionen in Brüssel rund 20 Lobbyisten aus beliebigen Branchen auf einen EU-Abgeordneten. Meinungen gehen von rund 15.000 Interessenvertretern in der Stadt aus. Als weiteres Problem wird der fliegende Wechsel zwischen den Ämtern der Industrie und der EU-Institutionen angesehen. Derzeit sollen rund 7000 Beamte nur auf Zeit eingestellt sein, von denen viele nach Ablauf ihres Arbeitsvertrags von der Industrie umworben werden. Unternehmen sollen hohe Gehälter für Leute zahlen, die Kontakte zu EU-Beamten haben und wissen, welche Wege Gesetze durchlaufen und wer konkret daran beteiligt ist. 7) Spiegel.de: Lobbyismus in Brüssel: Im Spinnennetz – Stand 14.03.2016
Fußnoten und Quellen:
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