Albanien, Kosovo: Armut zwingt Menschen zur Flucht
Flüchtlinge aus den Westbalkanstaaten werden oft abwertend als Wirtschaftsflüchtlinge bezeichnet – hier wird in der öffentlichen Meinung das Bild eines Schmarotzers gezeichnet, der nach Deutschland kommt, um sich zu bereichern. Mehr als die Hälfte aller von Januar bis September 2015 gestellten Erstanträge entfällt auf Länder wie den Kosovo oder Albanien. 1) Das Erste: Woher kommen die Flüchtlinge in Deutschland – nicht mehr verfügbar Aber welche Gründe treiben die Menschen aus diesen Ländern eigentlich dazu, ihre Heimat zu verlassen? Vor allem für junge Leute ist die Perspektivlosigkeit in den Ländern unerträglich. Oft erscheint die Flucht als die einzige Option, sich ein menschenwürdiges Leben aufzubauen.
In Albanien leben viele junge Menschen – das Durchschnittsalter liegt bei nur 30 Jahren. Doch die Perspektivlosigkeit in der Jugend ist immens: Die Jugendarbeitslosigkeit liegt bei mehr als 50 Prozent, obwohl viele Menschen durchaus eine gute Ausbildung vorzuweisen haben. 2) BR: Armut als Fluchtgrund – Seite nicht mehr verfügbar Die triste Hoffnungslosigkeit treibt viele junge Menschen in die Kriminalität – und verschlechtert somit den allgemeinen Lebensstandard im Land. 3) Deutschlandfunk: Albanien: Gelähmt zwischen Anarchie, Korruption und Kriminalität – Stand 09.03.2016 Auch für diejenigen, die weiterhin voller Motivation nach einer Arbeitsmöglichkeit suchen, ist die Situation ernüchternd und deprimierend: Eine Familie zu ernähren, erscheint aussichtslos. Vor allem für junge Menschen, die der Traum nach einem Leben mit Perspektive treibt, in dem sie sich ein Stück weit selbst verwirklichen können, erscheint die Flucht in ein europäisches Land als einzige Option. 4) BR: Armut als Fluchtgrund – Seite nicht mehr verfügbar Albanien nimmt somit den zweiten Platz in der Liste der Herkunftsländer von Flüchtlingen ein – ein Anteil von 16,2 Prozent an der Gesamtzahl an Flüchtlingen in Deutschland. 5) Das Erste: Woher kommen die Flüchtlinge in Deutschland – nicht mehr verfügbar
Auch im Kosovo gibt es tausende junge, gut ausgebildete Leute: Jährlich bemühen sich 50.000 Schul- und Hochschulabsolventen, eine Beschäftigungsmöglichkeit auf dem Arbeitsmarkt zu finden. Dieser ist jedoch kaum vorhanden. Die Wirtschaft stagniert, der selbsternannte unabhängige Staat Kosovo ist von Hilfszuwendungen internationaler Organisationen abhängig. Das Resultat: Auch hier liegt die Jugendarbeitslosigkeit bei 70 Prozent. Für die Kosovaren, die nach Europa einreisen wollen, herrscht Visumspflicht. Das Visum ist aber teuer für Menschen, die kaum auf finanzielle Grundlagen zurückgreifen können. Auch deshalb versuchen es viele auf dem illegalen Weg. 6) Das Erste: Woher kommen die Flüchtlinge in Deutschland – nicht mehr verfügbar
„Alles geht um Geld und Arbeit, deswegen möchten die Leute aus Albanien weggehen. Deutschland ist das Traumland! Albanische Menschen arbeiten sehr hart und in verschiedenen Berufen – und ich denke, dass sie in Deutschland eine sichere Arbeit finden und einen guten Platz, um Kinder zu erziehen.“ Diese hoffnungsvolle Einschätzung einer jungen Rathausangestellten in Tirana scheint sich nur selten zu erfüllen. Die Lage im restlichen Europa ist allerdings oft nicht unbedingt besser. Als Wanderarbeiter werden Migranten aus den Westbalkanstaaten oft in der Landwirtschaft, aber auch im Baugewerbe, in Schlachthöfen und Textilfabriken, bei Paketdiensten und als Reinigungskräfte massiv ausgebeutet. Der Lohn ist gering und bleibt oft ganz aus, das Arbeitspensum ist immens. Vielen Arbeitern bleibt gar keine Wahl, als weiterzumachen – für eine Heim- oder Weiterreise reicht der Lohn nicht. 7) Frankfurter Allgemeine Zeitung: Unsere neuen Hungerlöhner – Stand 09.03.2016 Vor allem für diejenigen, die es auf dem illegalen Weg versuchen, ergibt sich hier eine gefährliche Abhängigkeit: Sie wollen und müssen arbeiten, um sich irgendwie über Wasser zu halten. Viele träumen von einem besseren Leben danach. Aus Angst, aufzufliegen und abgeschoben zu werden, können sie nicht über Arbeitsbedingungen verhandeln oder Ansprüche erheben. 8) Frankfurter Rundschau: Schuften wie Sklaven – Stand 09.03.2016
Ab wann ist man illegal? Ab wann ist es eine Notwendigkeit, seine Heimat zu verlassen?
Dazu meint ein junger Kosovare aus Pristina: „Illegale Immigration ist sinnlos. Ich glaube aber, dass unsere Regierung gemeinsam mit den EU-Mitgliedsländern Möglichkeiten für legale Migration schaffen sollte, zum Studieren oder Arbeiten. Es ist Unrecht, wir junge Kosovaren sind als einzige isoliert. Wir können uns nicht frei bewegen. Wenn wir es könnten, würden alle profitieren.“ 9) Das Erste: Woher kommen die Flüchtlinge in Deutschland – nicht mehr verfügbar
Fußnoten und Quellen:
Lauressa Morina
Veröffentlicht um 09:03h, 16 AprilWie war das Leben während dem Krieg?